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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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aber der Fremde gekommen war, so ging er wieder. Er setzte Wakiya sacht zur Erde, stellte den Eimer neben ihn und verschwand zwischen den Hügeln in dem schnellen, lautlosen Lauf eines indianischen Kriegers, der verfolgt oder verfolgt wird.
    Wakiya faßte nach dem Henkel und schleppte den Eimer nach Hause. Die Mutter und die kleinen Geschwister freuten sich über das Wasser und darüber, daß Wakiya heil und gesund damit zurückgekommen war. Die Mutter hatte unterdessen eingekauft und war einen noch längeren Weg gelaufen als das Kind. Sie hatte ein Stück Fleisch mitgebracht, seltenes Labsal. Alle rochen den Duft des röstenden Bratens, und alle schmausten. Die Mutter erzählte den Kindern noch das Märchen vom Steinknaben, während es draußen dunkelte und in der Blockhütte schon ganz finster war.
    Wakiya-knaskiya schwieg und hütete wie einen Schatz, was er gesehen und erlebt hatte. Er hatte die verlorenen Augen wiedergefunden. Das blieb sein Geheimnis, und es war ein neues Leben für ihn. Er wollte den Augen wiederbegegnen. Aber wenn er Worte darüber machte, wurden sie vielleicht für immer verscheucht.
    Mutter und Kinder schliefen alle beieinander auf ihrem harten Lager. Das Nachtlager des Vaters blieb leer, seitdem er im Grabe lag.
    Draußen schlugen die beiden Hunde an.
    Sie hatten sich am Abend noch lange um den einzigen Knochen gestritten, dann hatten sie sich müde zusammengerollt. Aber nun waren sie hell wach, kläfften, flohen und kamen zurück.
    In der Hütte öffnete Wakiya als erster die Augen und horchte auf das Gebell. Als er auch Schritte vernahm, weckte er die Mutter. Bruder und Schwester schliefen weiter.
    Die Mutter nahm den Rock über das Hemd, das wohl so gut wie eine Bluse war, und lief barfüßig hinaus.
    Eine Mannsstimme schallte ihr entgegen.
    » Hallo! „
    Wakiya erschrak. Das war eines der Geisterworte.
    Er hörte die Mutter leise und undeutlich antworten, und er vernahm wieder die barsche Stimme des Mannes, der hallo gerufen hatte; der Bub konnte auch Worte unterscheiden, aber er verstand sie nicht.
    Ein Licht blitzte in die Hütte hinein, scharf wie Messer. Die beiden kleinen Geschwister rieben sich die Augen und wälzten sich auf die andere Seite, um diesem Licht, das sie im Schlaf störte, den Rücken zu kehren. Wakiya saß auf dem Bettgestell mit verschränkten Beinen, eine Wolldecke halb über sich gezogen. Die Mutter stand bei der Türöffnung, durch die das Licht hereinschoß. Der blendende Strahl wanderte rings in der Blockhütte umher; über das leere Nachtlager des Vaters, über den eisernen Ofen, auf dem die Mutter auch die Speisen briet, über die Haken an der Wand, über das Jagdgewehr des Vaters, über Wakiya, der unwillkürlich die Augen schloß, um sie dann nur ganz wenig zu öffnen. Er hatte aber den Mann gesehen, der braunhäutig und schwarzhaarig war wie ein Mensch und doch fremde und feindliche Kleider trug. Wakiya hätte nicht genau sagen können, was ihm an diesen Kleidern fremd und was ihm feindlich schien. Der Mann trug aber nicht Niethosen und ein altes Hemd, wie der Vater sie getragen hatte; er hatte einen ledernen Gürtel um, doch der war nicht gestickt. Seine Füße waren nicht nackt, noch steckten sie in Mokassins; er hatte Schuhe aus festem Leder an. In seiner Hand hielt er ein Geheimnis, aus dem das Licht hervorblitzte und die anderen Menschen traf wie Lanzenspitzen.
    Als der Mann alles abgeleuchtet und auch in den leeren Decken auf des Vaters Lager gewühlt hatte, ging er zu dem Jagdgewehr an der Wand, nahm es, stellte fest, daß es nicht geladen war, und schaute die Mutter fragend an.
    »Meines Mannes Mazzawaken.«
    Diese Worte verstand Wakiya-knaskiya, denn sie waren in seiner Mutter Sprache gesprochen worden.
    Der Mann antwortete in der gleichen Sprache.
    »Das hebst du für den auf?« und er wies mit einer Bewegung seines Kopfes auf Wakiya. Wakiya begriff jetzt erst, wie groß und stark dieser Mann mit dem Zauberlicht war; er hatte bis dahin nicht darauf geachtet.
    »Du solltest das Mazzawaken lieber verkaufen und den Kindern von dem Geld zu essen geben.«
    Die Mutter gab keine Antwort.
    Aber Wakiya erkannte in diesem Augenblick an der Türöffnung einen zweiten kleinen, stämmigen Mann, der ebenso braunhäutig und schwarzhaarig und ebenso gekleidet war wie der erste.
    »Du sagst, hier bei euch sei kein fremder Mann gewesen?« fragte der Große die Mutter.
    »Ich sage es.«
    »Er treibt sich aber hier herum.«
    Der große Mann faßte Wakiya ins Auge

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