Das Blut Des Daemons
abrupt. Radu. Der Griff an meinem Arm verschwand, als hätte ich mich schlagartig in irgendetwas Giftiges verwandelt.
Mit einer Geste scheuchte mein Großvater die Vourdranj auf ihre Posten. »Ich kümmere mich darum.« Olek machte einen Schritt zurück. Jetzt packte Radu mich am Arm. »Was glaubst du, was du hier tust?«, fuhr er mich an, während er mich gleichzeitig von dem Portal wegzerren wollte. Ich stemmte mich dagegen. Zu meinem eigenen Erstaunen blieb er schon nach zwei Schritten wieder stehen. Nicht dass irgendetwas an seiner Haltung freundlicher geworden wäre. Doch zumindest ließ er mich los, als ich mich diesmal mit einem Ruck zu befreien suchte. Dass ich mein Gleichgewicht nur durch einen Schritt zurück bewahren konnte, ignorierte er.
»Ich will hinein! – Vlad hat versprochen, ihr würdet jemanden schicken, um mich zu holen …«
»Du warst nicht in deinem Zimmer.« Sein Ton verriet mir, dass darüber ohnehin noch nicht das letzte Wort gesprochen war. »Und hatte ich nicht gesagt, ich will dich nicht mehr in diesen Fetzen sehen?« Sein Unwille war nicht mehr zu überhören.
Störrisch presste ich die Lippen zusammen. »Ich will dabei sein, wenn ihr Julien den Prozess macht.«
Radu stieß ein Schnauben aus. »Das wirst du sicher nicht. Du gehst auf dein Zimmer zurück und …
»Ich denke nicht daran!« Meine Fäuste ballten sich wie von selbst.
»Was war das?« Plötzlich war seine Stimme gefährlich leise.
»Du hast mich verstanden: Ich denke nicht daran!« Auch wenn es nichts gab, was ich lieber tun würde. Die Sonne stieg am Himmel unaufhaltsam weiter empor. Ich musste sie nicht sehen, um es zu wissen.
Seine Augen wurden schmal. »Du wirst hier keine Szene machen.«
»Lass es darauf ankommen.« War ich von allen guten Geistern verlassen? Was tat ich hier? Ich – Julien – wir brauchten Radu auf unserer Seite.
Radus Blick zuckte hinter mich. Beinah in derselben Sekunde drehte eine Hand auf meiner Schulter mich abrupt um. Ich fauchte. Erst dann erkannte ich Vlad. Er schaute mich ebenso ärgerlich an wie sein Bruder. »Wo warst du …?« Mit einem scharfen Luftholen brach er ab. »Legst du es darauf an, jemandem an die Kehle zu gehen? Du musst trinken.« Rasch sah er zur Tür des Ratssaales zurück – offenbar erregten wir tatsächlich schon Aufmerksamkeit –, fluchte leise und nickte zu einer der Nischen hin. »Dort. – Auch wenn es sich in der Öffentlichkeit absolut nicht schickt. Und danach gehst du in dein Zimmer zurück.«
»Nein!« Ich rührte mich nicht. Wenn sie wollten, dass ich mich bewegte – oder irgendetwas anderes tat –, würden sie mich dazu zwingen müssen. Und irgendwie bezweifelte ich, dass sie es hier – inzwischen vor ziemlich vielen Augen – tun würden.
»Nein? – Was soll das? Du musst trinken.«
»Ich werde trinken, aber nur wenn ihr mir erlaubt bei dem Prozess dabei zu sein!« Ich war hierherbeordert worden.Warum wollten Vlad und Radu jetzt verhindern, dass ich dabei war?
Vlad knurrte. »Versuchst du uns zu erpressen, Mädchen?« Ja, genau das tat ich. Es war Wahnsinn und ich war mir nicht sicher, was mich gerade ritt, geschweige denn dass ich auch nur den Hauch einer Hoffnung hegte, damit durchzukommen, aber ich tat es. Und ich hoffte, dass Julien nicht den Preis dafür bezahlen musste. Hart verzog Vlad die Lippen. »Ich fürchte, du verkennst deine Situation. Über kurz oder lang hast du gar keine andere Wahl, als zu trinken.«
Als ob mir das nicht klar wäre. Zwischen ihm und Radu zu stehen machte den Hunger allmählich zur Qual. »Aber nicht zwingend von euch.« Ich schob das Kinn vor.
»Warum lasst Ihr sie nicht dabei sein, Doamne Radu, Doamne Vlad?« Wir drehten uns nahezu gleichzeitig nach der Stimme um. »Wenn sie unbedingt darauf besteht …« Unter dem Portal breitete Gérard d’Orané in einer nachlässigen Bewegung die Hände aus. Hinter ihm standen zwei weitere Fürsten und musterten mich seltsam ... interessiert.
Etwas in meinem Magen zog sich zusammen.
»Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie das unsere Sache sein ließen, Doamne«, knurre Radu dagegen.
»Nun, in gewisser Weise ist sie ja betroffen. Immerhin geht es um ihren Leibwächter .« Es klang eher wie Liebhaber . »Und nachdem sie schon einmal hier ist …« Sein Lächeln sollte wohl gütig sein, auf mich wirkte es – falsch. Bei jeder anderen Gelegenheit wäre seine Freundlichkeit ein Grund gewesen, mein Vorhaben einfach aufzugeben. Diesmal würgte ich das mulmige Gefühl
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