Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
Vom Netzwerk:
durchgemacht hatte oder nicht. Samuel, dieser Narr! Vielleicht war ihr Blut ja dennoch zu irgendetwas zu gebrauchen.
    Auf ein scharfes Klopfen hob er den Kopf. Jérôme hatte die Tür geöffnet, noch ehe er »Herein« gesagt hatte.
    »Wir waren auf der falschen Fährte. Unser junger Freund ist nicht von Marseille Provence geflogen, sondern von Aix-en-Provence«, teilte er ihm grimmig mit. Auf dem kleinen Sportflugplatz von Aix-en-Provence stand sein eigener Jet. Jérôme war noch nicht fertig. »Er ist am selben Tag zurückgeflogen, an dem er in den Calanques war. – Mit einer Gulfstream, die einer Firma gehört, hinter der wiederum ein gewisser Timoteo Riccardo di Uldere steht. Flugziel war ein Flughafen in den Staaten: der Bangor International Airport in Maine.«
    Einen Moment starrte er Jérôme an. Dann fluchte er. Julien! Dieser kleine Mistkerl. Er hatte die Kleine tatsächlich allein gelassen. Eine solche Gelegenheit würde er nie wieder bekommen. Aber warum? – Musste er das tatsächlich fragen? Er war hier gewesen, um das Blut der Ersten aus seinem Versteck zu holen. Bastien musste ihn aufgescheucht haben. – Dann war es also die ganze Zeit in Marseille verborgen gewesen! Oderdraußen in jener Calanque, in der Jérôme und seine Leute seine Spur gefunden hatten. Der kleine Mistkerl hatte es damals bei der Befragung durch den Rat um keinen Preis verraten wollen. Und nachdem sie es nach Sebastiens Tod offenbar schon verloren geglaubt hatten, waren diese Schlappschwänze natürlich vor dem allerletzten Schritt zurückgeschreckt. Er ballte die Fäuste. Seit er wusste, dass ausgerechnet Sebastien und nach ihm Julien der Kideimon gewesen war, hatte er seine Leute immer wieder danach suchen lassen. Die Haut riss noch weiter auf.
    Jérôme holte scharf Luft. »Doamne …!«
    Er beachtete Jérômes besorgten Ausruf gar nicht. Das Blut der Ersten, die Kleine … Raouls Mörder … alles befand sich demnach an einem Ort.
    »Nimm deine Leute und flieg nach Amerika. Bring mir die Kleine und Sebastiens dreimal verfluchte Brut. Egal wie, egal um welchen Preis. Lebend!«
    Sein Gegenüber riss den Blick von seiner Hand los. »Di Uldere ist der Sovrani von Ashland Falls. Er wird nicht begeistert sein …«
    Ja, und er hatte erst vor Kurzem mit ihm telefoniert, weil er gehofft hatte, di Uldere könnte ihm irgendwelche Hinweise darauf liefern, was in jener Nacht geschehen war, in der sein Adoptivsohn spurlos verschwunden war. Di Uldere hatte vorgegeben, nichts davon zu wissen, ja sogar behauptet, Bastien hätte noch nicht einmal den Anstand gehabt, ihm – als Sovrani der Stadt – seine Aufwartung zu machen, wie es die Form gebot. Nachdem er Julien sogar seinen Jet überlassen hatte, konnte das alles nur eine Lüge gewesen sein.
    »Sorg dafür, dass er sich nicht in meine Geschäfte einmischt. Wenn er es nicht im Guten begreift, mach es ihm auf anderem Wege klar. Jeder hat eine Schwachstelle. Ich will den Burschen und das Mädchen hierhaben. Umgehend!«
    Ohne ein weiteres Wort verließ Jérôme nach einem knappen Nicken sein Arbeitszimmer. Einen Moment starrte er noch die Tür an. Der kleine Mistkerl würde ihm sagen, wo das Blut war. ›Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt‹, hieß es in Goethes Erlkönig. Er hoffte, dass Julien ›nicht willig‹ war.

… Verloren
    I ch lag in meinem Bett, als ich wieder zu mir kam. Auf der Seite. Die Beine an den Leib gezogen. Regen prasselte gegen die Scheiben. Julien saß auf dem Boden, mit der Schulter an den Rand meines Bettes gelehnt. Ich musste nicht die Augen öffnen, um das zu wissen. Jedes Mal, wenn ich nach einem Anfall wieder aus einer Bewusstlosigkeit erwacht war, hatte er auf genau dieselbe Art neben meinem Bett gesessen. Ich konnte ihn dort spüren. Manchmal lag die Geige dann in seinem Schoß.
    Er hatte mich bis auf die Unterwäsche ausgezogen. In meinem Magen saß noch immer ein dünner Schmerz. Diesmal war sogar das Gewicht der Wärmflasche unangenehm. Vorsichtig streckte ich die Beine und schob sie von meinem Bauch herunter. Ich fühlte mich zu müde, um die Lider zu heben. Trotzdem tat ich es schließlich doch.
    Julien wandte den Kopf und sah mich direkt an. Die Lampe auf meinem Schreibtisch brannte, das Licht gegen die Wand gedreht. Sorge stand in seinen Quecksilberaugen. Die Erleichterung, die gewöhnlich in diesen Momenten dazukam, blieb diesmal aus. Er sagte nichts, sparte sich jedes › Du bist wieder wach. Wie geht es dir?‹ So schlimm wie dieser war

Weitere Kostenlose Bücher