Das Blut Des Daemons
dann … Nein, nie.«
»Warum?«
»Du hast dich mir nicht an den Hals geworfen.«
Verwirrt runzelte ich die Stirn. In seinem Mundwinkel schien für eine Sekunde ein Zucken zu nisten.
»In der Zeit zwischen dem, was die Menschen ›Pubertät‹ nennen, und ihrem Wechsel sind junge weibliche Lamia sehr … hm … sagen wir«, er räusperte sich, »… sexuell aggressiv.«
»Du meinst …«
»… sie flirten, was das Zeug hält – mindestens. Der Albtraum aller älteren Brüder und Väter. Was ihre Partner angeht … Nun, ein Biologe würde sagen, dass ihre Wahl normalerweise dabei auf das dominanteste Männchen in ihrer Umgebung fällt. Wobei aus diesen Flirts in den meisten Fällen später feste Verbindungen hervorgehen. – Ich habe darauf gesetzt, dass es sich bei einer Halb-Lamia genauso verhält.«
Es fiel mir schwer, das Glucksen unterzuschlucken. »Und nachdem es an der ganzen Schule vermutlich kaum ein ›dominanteres Männchen‹ als dich gab …«
Diesmal war das Zucken nicht zu übersehen. »Du hast es erkannt.«
»… hast du dich ihnen selbst als Köder angeboten und dann … irgendwie herausgefunden, dass sie jeweils nicht diejenigen waren, die du gesucht hast. Wie eigentlich?«
»Ich war der Meinung, dass ich es in ihrem Blut schmecken müsste.«
Das Kichern war einfach da, doch es gelang mir gerade noch, es aus meinem Ton herauszuhalten. »Du hattest eigentlich überhaupt keinen Plan, wie du Adriens Auftrag zu Ende bringen solltest, oder?«
Julien bedachte mich mit einem unwilligen Blick aus dem Augenwinkel und ich war froh, dass ich mich weit genugunter Kontrolle hatte, um keine Miene zu verziehen. Schließlich stieß er einen genervten Seufzer aus.
»Nachdem es in der Vergangenheit nur einmal so etwas wie dich gegeben hat – zumindest soweit man weiß – und da Adrien mir nicht wirklich viel über seinen Auftrag erzählt hat … – Nein, als ich nach Ashland Falls kam, hatte ich keinen echten Plan, wie ich das Ganze durchziehen sollte.«
Ich biss mir innen auf die Wangen, um nicht doch herauszuplatzen. »Und da ich zumindest kein offensichtliches Interesse an dir gezeigt habe, bin ich durch dein Raster gefallen.«
»Richtig.«
Er ließ unsere Finger abermals ineinandergleiten und sah mich an. Nachdenklich. Ernst. Das Schweigen kam zurück. Als er nach einem Moment wieder sprach, vertrieben seine Worte den letzten Rest Heiterkeit in mir.
»Ich liebe dich, Dawn Warden«, sagte er leise. »Ich liebe es, wie du den Kopf hältst, wenn du über etwas nachdenkst, wenn du mich ansiehst; wie du das Kinn vorschiebst und die Lippen kräuselst, wenn dir etwas missfällt oder du dich nicht entscheiden kannst, ob du dich jetzt mit mir streiten willst oder nicht; das Gefühl, wenn du nachts in meinem Arm liegst, dich im Schlaf bewegst, dich fester an mich schmiegst, ohne es selbst zu merken. Ich liebe den Duft deiner Haare, deiner Haut, die kleinen Laute, die du von dir gibst, wenn du dir ein Lachen verbeißen willst. Ich liebe sogar die Art, wie du dich an der Beifahrertür der Vette festklammerst, wenn ich wieder mal zu schnell fahre, und dich trotzdem weigerst mir zu zeigen, wie unwohl dir dabei ist. Ich liebe deine Sturheit; dass du mir vertraust, auch wenn ich dir manchmal alles andere als einen Grund dafür gebe; dass du mich nimmst, wie ich bin, mit all meiner Arroganz, meiner Härte und der Dunkelheit in mir.« Er blickte erneut auf unsere Hände. »Wenn ich an einen Gott glauben würde, wäre ich davonüberzeugt, dass er dich nur für mich geschaffen hat, und ich würde ihm auf den Knien für all das danken, was geschehen ist, einzig aus dem Grund, weil es mich zu dir gebracht hat.« Er beugte sich vor und berührte meine Fingerknöchel ganz leicht mit seinen Lippen, sah mir wieder in die Augen. »Ich liebe dich, Dawn Warden. Mit allem, was ich bin, und mit allem, was ich kann. Wenn mich das schwach macht, dann soll es so sein. Aber du kannst mir eins glauben: Du wirst mich nur wieder los, wenn du mich wegschickst. – Und ich hoffe von ganzem Herzen, dass du das nie tun wirst.«
Ich schüttelte den Kopf, unfähig, auch nur einen vernünftigen Laut an dem Kloß in meinem Hals vorbeizuquetschen, und blinzelte gegen die Tränen, die in meinen Augen brannten. Eine seiner dunklen Brauen hob sich. »Dir ist klar, dass ich dir so etwas nie wieder sagen werde, wenn ich dich damit zum Weinen bringe, ja?«
Hastig nickte ich – und grub meine andere Hand unter der Decke aus, um mir über die
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