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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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dessen oberer linker Ecke das in Gold geprägte Wappen Kardinal Azzolinis prangte.
    Mit feuchten Händen öffnete Melchiorri den Umschlag und las die Nachricht.
    »Euer Ehrwürden wird dringend im Palazzo Riario verlangt.«
    Kein Dankeschön, kein Bitteschön, kein Gruß.
    Typisch für den Stil des Kardinals.
    Seufzend verließ der Großmeister das Badezimmer und rief nach dem Diener, der sich gerade entfernt hatte.
    »Meine Zeremoniengewänder. Legt mir meine Zeremoniengewänder heraus, rasch!«
    Sein Befehl löste hektische Betriebsamkeit bei der Dienerschaft aus, die ihm so schnell wie möglich nachzukommen suchte.
    Nachdem Melchiorri den festlichen Überrock seines Fantasieordens angelegt und ein Diener ihm die gepuderte Perücke aufgesetzt hatte, verließ er eiligst den Pavillon und hastete durch den Teil des Parks, der ihn vom Hauptgebäude trennte, wobei er halblaut die Launen der Mächtigen verfluchte, die ihn seines lang ersehnten Nickerchens beraubten.
    Das zügige Gehen, die gnadenlos sengende Sonne und nicht zuletzt das heiße Bad, das er sich soeben gegönnt hatte, verursachten ihm zu gleichen Teilen heftige Transpiration, sodass er trotz der Eile vorm Eingang des Palazzos kurz haltmachen musste, um sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen.
    Ein Lakai in der auffälligen Livree der Bediensteten der Königin von Schweden wartete, bis er fertig war, und geleitete ihn dann durch die langen, prunkvollen Flure des königlichen Wohnsitzes in ein kleines Arbeitszimmer im ersten Stock, wo ihn der Kardinal erwartete.
    »Da seid Ihr ja endlich.«
    »Ich bitte um Vergebung, Euer Eminenz, ich bin so schnell hierhergeeilt, wie es ging.«
    »Schon gut, schon gut«, sagte der Kardinal mit einer ungehaltenen Handbewegung. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihr mit diesem Maler bekannt seid, wie heißt er doch gleich, Socchi, Secchi…?«
    »Giovanni Battista Sacchi, Eminenz, genannt Il Fulminacci«, korrigierte ihn Melchiorri.
    »Den meine ich. Wäre es Euch möglich, für mich ein Treffen mit ihm zu arrangieren?«
    »Durch einen glücklichen Zufall ist der Maler gerade in meinem Laboratorium zu Gast. Wie Ihr vielleicht wisst, wurde mein Freund in den vergangenen Tagen in einige höchst seltsame Abenteuer verwickelt, weshalb ich es für angeraten hielt, ihm bei mir Zuflucht zu gewähren, damit er in Ruhe abwarten kann, bis die Wogen sich geglättet haben.«
    »Ausgezeichnet. Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
    »Ich werde einen Diener nach ihm schicken.«
    »Er soll schnellstmöglich herkommen.«
    Mit diesen Worten begab sich der Kardinal zu einem Schreibtisch und begann mit konzentrierter Miene einige Papiere zu studieren, als sei er ganz allein im Zimmer.
    Wenige Minuten später trat ein vom Bad noch feuchter und ziemlich aufgelöster Fulminacci ein.
    Da endlich ließ sich Azzolini dazu herab, von seinen Papieren aufzublicken, und bohrte seine dunklen, scharf blickenden Augen in die umschatteten des Malers.
    »Messer Sacchi«, begann er ohne Vorrede, »die heilige römische Kirche bedarf in einer wichtigen Angelegenheit Eurer Dienste.«
    »Jederzeit, Eminenz. Meine Talente als Maler, Kupferstecher, Bildhauer und Architekt stehen Euch zur Verfügung.«
    »In diesem Moment benötigt die Kirche nicht so sehr Eure Kunst als vielmehr einen Gegenstand, der sich in Eurem Besitz befindet. Ein kurioser Gegenstand, der für Euch eine vergleichsweise geringe Bedeutung hat, aber das Mittel zur erfolgreichen Beilegung einer ernsten Staatsangelegenheit sein könnte. Ich wäre Euch überaus dankbar, wenn Ihr mir den fraglichen Gegenstand für einige Tage überlassen würdet. Nach Abschluss der von mir geplanten Operation wird er Euch selbstverständlich zurückerstattet.«
    »Euer Eminenz«, antwortete der Maler, der eine gewisse Verlegenheit nicht verbergen konnte, »ich wäre überglücklich, der heiligen Mutter Kirche all meine Besitztümer zur Verfügung zu stellen, doch, wie soll ich sagen… Wenn ich recht verstanden habe, um welchen Gegenstand es sich handelt… Nun, es ist ein sehr kostbares Stück… Versteht mich nicht falsch, ich habe volles Vertrauen zu Euch, aber wäre es vielleicht möglich… nun ja, eine Art von Entschädigung zu erhalten? Nur für den Fall, dass etwas dazwischenkommt, wisst Ihr…«
    Azzolini seufzte laut.
    »Heilige Jungfrau«, rief er und schlug mit der Faust auf den mit Intarsien verzierten Schreibtisch, »kann man in dieser vermaledeiten Stadt nicht ein einziges Mal etwas aus christlicher

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