Das Blut des Skorpions
Giovanni!«, hielt ihn der Großmeister zurück.
»Warum noch zögern?«, zischte der Maler. »Erledigen wir die Sache lieber gleich.«
»Lass uns wenigstens warten, bis sie den Mist fertig aufgeladen haben«, widersprach Melchiorri. »Oder hast du Lust, Pferdescheiße zu schaufeln?«
Fulminacci kam nicht dazu, weitere Einwände zu erheben, denn plötzlich erlangte der Mönch, den die vier Gefährten ganz vergessen hatten, das Bewusstsein wieder und fing an zu strampeln und leise zu wimmern.
»Bringt ihn zum Schweigen, sonst sind wir verloren!«, flüsterte Melchiorri.
Der Maler beugte sich über den ringenden Mönch, um ihm noch einen Hieb zu verpassen. Als er mit der Faust ausholte, verrutschte das Laken, in das der Dominikaner eingewickelt war, und Melchiorri sah sein Gesicht.
»Heilige Muttergottes!«, rief er. »Wir sind geliefert!«
KAPITEL XLIV
Capitaine de la Fleur bewegte vorsichtig prüfend seinen Arm, der von einem Chirurgen behandelt und fest verbunden worden war.
Das Letzte, woran er sich von der vergangenen Nacht erinnerte, war ihre Ankunft am Flussufer nach der Verfolgung des Skorpions durch den Tunnel; danach nichts mehr.
Bruyère und Renard mussten ihn zu der Kaserne neben der französischen Gesandtschaft getragen und dort der Behandlung eines Arztes anvertraut haben.
Der Capitaine hob mehrmals den Arm, belastete leicht die Schulter und stellte fest, dass der Schmerz erträglich war.
Unterdessen betrat Bischof de Simara das Zimmer, dicht gefolgt von Sergeant Bruyère.
»Wie fühlt Ihr Euch?«, fragte der Bischof.
»Hätte schlimmer ausgehen können, Monsieur«, antwortete de la Fleur. »Ich bin dem Tod quasi von der Schippe gesprungen. Der Skorpion hätte mich auch direkt in die Brust treffen können, aber Gott sei Dank bin ich seinem Hieb gerade noch rechtzeitig ausgewichen.«
»Ihr habt eine große Unvorsichtigkeit begangen. Mit dem Skorpion scherzt man nicht, wenn er eine Waffe in der Hand hat. Ihr habt unnötig Euer Leben aufs Spiel gesetzt.«
»Nicht das ist es, was mich am meisten bedrückt, Monsieur. Was ich mir nicht verzeihen kann, ist, dass ich ihn habe entkommen lassen. Daran sind allein mein Leichtsinn und meine Eitelkeit schuld. Wenn ich ihn nicht allein gestellt hätte, hätten wir ihn jetzt, und Ihr könntet erfahren, was Euch so am Herzen liegt. Ich habe die Arbeit von Monaten zunichtegemacht, nur um meinen Stolz zu befriedigen.« »Da sprecht Ihr leider wahr, Capitaine, aber tröstet Euch, noch ist nicht alles verloren. Ich habe mich gerade mit Azzolini beraten, und wir haben einen neuen Plan ersonnen. Diesmal dürfen wir uns keinen Fehlschlag leisten, es könnte unsere letzte Chance sein. Denkt Ihr, Ihr könnt trotz Eurer Verletzung mit von der Partie sein?«
»Ich stehe Euch voll und ganz zur Verfügung, Monsieur. Um nichts auf der Welt würde ich darauf verzichten. Ich würde sogar in die Hölle hinabsteigen, um meine Revanche zu bekommen!«
Der Bischof setzte sich auf einen Schemel neben dem Bett des Musketiers und forderte Bruyère durch ein Zeichen auf, das Zimmer zu verlassen.
»Wie Ihr vielleicht wisst«, hob der Geistliche an, »findet in zwei Tagen ein großes Fest im Palazzo Riario statt. Königin Christine will den Beginn dieses verspäteten Frühlings feiern. Das Fest hätte eigentlich schon im März über die Bühne gehen sollen, aber wegen des Dauerregens und der anhaltenden Kälte hat sie es immer wieder verschoben. Es wird ein Maskenball werden, an dem ganz Rom teilnimmt – Fürsten, Kardinäle, Gesandte. Dort werden wir ihn erwarten.«
»Ich weiß nicht, was Ihr ersonnen habt, um ihn anzulocken, aber ich fürchte, es wird nicht funktionieren«, erwiderte der verwundete Offizier. »Der Skorpion wird die Falle sofort wittern.«
»Das weiß ich. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass er kommen wird. Der Köder, den wir für ihn ausgelegt haben, ist einfach unwiderstehlich, glaubt mir. Wir haben bereits angefangen, die entsprechenden Gerüchte zu streuen. Rom ist eine klatschsüchtige Stadt; sie werden sich wie ein Lauffeuer verbreiten und innerhalb weniger Stunden dem Skorpion zu Ohren kommen. Ihr solltet Euch derweil ausruhen und Eure Kräfte zurückerlangen. Ich zähle auf Euch.«
»Bei dem Gedanken, meinen Fehler wiedergutmachen zu können, fühle ich mich schon viel besser, Monsieur. Diesmal werde ich nicht versagen, seid gewiss.«
»Ich baue darauf, Capitaine.« »Giovanni, weißt du, wem du da eins übergebraten hast?«, sagte
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