Das Blut des Skorpions
flüchtigen Blick zugeworfen haben, aber diesen Unterschied würden sie bemerken. Nein, mein Lieber, wenn wir hier mit heiler Haut herauskommen wollen, müsst ihr beide unter den Mist.«
Der Maler sah ein, dass er sich der Vernunft beugen musste, auch wenn sein übertriebener Stolz sich vor Empörung aufbäumte.
»Herrgott, was für ein widerlicher Gestank«, lamentierte er. »Wir werden Wochen brauchen, um den wieder loszuwerden! Ich werde mich dauernd waschen müssen!«
»Keine Sorge, Giovanni. In meinem Pavillon gibt es drei Badezimmer mit Marmorwannen, feinsten Seifen, duftenden Badesalzen und allen Spezereien, die ihr braucht, um den Stallgeruch loszuwerden. Aber jetzt sollten wir mal aufbrechen, wir können nicht ewig hier rumstehen und diskutieren.«
Beatrice und der Maler buddelten sich in dem feuchten, schmierigen Pferdemist ein, bedeckten sich fast ganz damit und ließen nur zwei kleine Luftlöcher.
Melchiorri und Zane zogen derweil die Lumpen der Stallknechte an, stiegen auf den Bock und lenkten die beiden Klepper auf das Tor zu.
Verborgen unter dem Mist und halb erstickt von dem Gestank, bekamen Beatrice und Fulminacci nicht viel von dem mit, was um sie herum passierte. Sie hörten das Knarren von Toren und ein paar Fetzen eines kurzen Wortwechsels zwischen den Wachen und Melchiorri, der sich sehr geschickt darin zeigte, die grobe, schleppende Sprechweise der Fuhrknechte nachzuahmen, und schließlich das Rattern der metallbeschlagenen Wagenräder auf dem Straßenpflaster.
Falls sie gedacht hatten, dass der kritischste Moment die Ausfahrt aus den Ställen sei, hatten sie sich verrechnet.
Sobald sie draußen waren, brannte die Sonne auf die Mistladung und heizte sie im Nu auf. Von den Ausscheidungen ging ein unerträglicher Pestilenzgeruch aus, den die beiden notgedrungen einatmen mussten.
Die Fahrt schien ewig zu dauern, und als der Wagen endlich durch die Lieferanteneinfahrt des Palazzo Riario holperte, waren Beatrice und Fulminacci aufgrund der fauligen Ausdünstungen in einen ohnmachtsähnlichen Zustand verfallen.
Zane half ihnen, sich von der übel riechenden Abdeckung zu befreien, und sie stiegen taumelnd von der Ladefläche in den Hof vor dem Pavillon, in dem sich das Laboratorium des Großmeisters befand. Es war ihnen ein kleiner Trost, dass es um den Dominikanermönch noch um einiges schlimmer bestellt zu sein schien. Er hatte unterwegs erneut das Bewusstsein wiedererlangt und heftig ringend versucht, sich von seinen Fesseln und dem Knebel zu befreien. Dabei hatte er die Ausdünstungen tief inhaliert, und nun war er in so übler Verfassung, dass er sich davon nur schwerlich erholen würde.
Beatrice und der Maler atmeten tief die frische Luft ein, um ihre benebelten Köpfe wieder freizubekommen.
»Verzeiht mir, Meister«, sprach ein Bediensteter Melchiorri respektvoll an, »was soll mit dem Wagen geschehen? Die Vorbereitungen für das Fest übermorgen sind in vollem Gange, und ich glaube nicht, dass Ihre Majestät es zu schätzen wüsste…«
»Ach ja, der Mist…«
»Falls Ihr ihn für Eure Experimente braucht«, fuhr der Diener fort, »werde ich ihn an einen abgelegenen Ort fahren lassen, damit er seinen Geruch nicht überall verbreitet.«
»Oh, nein, nein«, antwortete der Großmeister, sichtlich verlegen, »ich habe keine Verwendung dafür.«
»Vergebt, dass ich mir die Freiheit nehme, aber ein Schwager von mir besitzt ein paar Ruten Gartenland hinter dem Gianicolo. Wenn Ihr den Inhalt des Wagens nicht braucht, wird er ihn sicher gern als Dünger verwenden. Wisst Ihr, Meister, mein Schwager Balduccio hat sechs Kinder, und in diesen Zeiten…«
»Ja, ja, nur zu. Nimm den Karren und schenk ihn deinem Schwager. Aber zuerst sorg dafür, dass die Badezimmer vorbereitet und die Wannen mit reichlich heißem Wasser gefüllt werden. Wie du siehst, haben meine Freunde und ich dringend ein Bad nötig.«
»Was machen wir jetzt mit dem da?«, fragte Beatrice und deutete auf den reglosen Körper des Inquisitors.
»Tja, das ist ein anderes hübsches Problemchen«, seufzte Melchiorri. »Herrje, ich habe das Gefühl, auf einem Pulverfass mit brennender Lunte zu sitzen. Fürs Erste schlage ich vor, ihn in den Keller zu sperren. Danach sehen wir weiter.«
»Wenn es nach mir ginge, würden wir ihn abmurksen und in den Tiber werfen«, beharrte die junge Frau.
KAPITEL XLVII
Der Großmeister hatte sich nach seinem Bad noch nicht fertig abgetrocknet, als ein Diener ihm ein Billett brachte, in
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