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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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werden?«
    »Ja, absolut«, antwortete Melchiorri, »anders kann man es nicht verabreichen. Bist du ganz sicher, dass es eine Frau war? Könnte es nicht auch ein verkleideter Mann gewesen sein?«
    »In letzter Zeit bin ich mir über gar nichts mehr sicher, aber eine Frau werde ich wohl noch erkennen. Die Person war weiblich, daran besteht kein Zweifel.« »Sergeant«, wandte sich Melchiorri an den befehlshabenden Musketier, »Ihr wart nur eine Spanne von Pater Wiedenmann entfernt. Ist Euch nichts aufgefallen?«
    Der kräftige Mann schüttelte den Kopf, sichtlich niedergeschlagen, weil er seinen Auftrag nicht erfüllt hatte.
    »Ich erinnere mich, dass einige Damen vorbeigingen, als die Gruppe sich auflöste, aber sie schienen sich nicht besonders für uns zu interessieren.«
    »Habt Ihr nicht bemerkt, dass der Pater einen Kelch zum Mund geführt hat?«
    Die beschämte Miene des Unteroffiziers wurde plötzlich aufgebracht.
    »Pater Wiedenmann«, antwortete er langsam und deutlich, damit er trotz seines französischen Akzents gut zu verstehen war, »hat den ganzen Abend pausenlos einen Kelch nach dem anderen zum Mund geführt, und der andere Pater hat es ihm gleichgetan und ihn manchmal sogar noch übertroffen. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie zwei Männer in so kurzer Zeit so viel trinken sehen!«
    »Schon gut, schon gut, echauffiert Euch nicht«, beschwichtigte ihn der Großmeister. »Auch mir ist aufgefallen, dass die beiden guten Mönche es sich heute Abend an nichts fehlen ließen. Signori, ich glaube, wir haben unseren Gegner unterschätzt. Wir dachten, er würde wie üblich auf eigene Faust handeln, doch stattdessen hat der Skorpion mindestens einen Komplizen dabei. Und während dieser Komplize – oder die Komplizin – die Tat beging…«
    »Der Bernsteinanhänger!«, rief Fulminacci.
    »Genau das befürchte ich, Giovanni. Während wir uns um Pater Wiedenmann gekümmert haben, hat der Skorpion…«
    »Nichts wie hin, schnell!«, unterbrach ihn der Maler. »Vielleicht kommen wir noch rechtzeitig.«

KAPITEL LXIII
     
    Eines der größten Probleme, die bei der Organisation dieses Fests mit über tausend Gästen gelöst werden mussten, war das des Orts für die Verrichtung gewisser körperlicher Bedürfnisse. Denn schließlich war es auf einem von einer Königin ausgerichteten Fest, an dem die Crème des römischen Adels teilnahm, undenkbar, dass die Angelegenheit mit einem Graben im Boden und zwei darübergelegten Brettern erledigt wurde wie bei einem Volksfest. Genauso undenkbar war es, dass jeder der Geladenen von einem Diener begleitet wurde, der ihm seinen persönlichen Nachttopf hinterhertrug.
    Hinzu kam, dass an einem solch langen Abend gewiss alle den Getränken ausgiebig zusprechen würden, was einen diskreten Ort noch dringender erforderlich machte.
    Nach reiflicher Überlegung hatte man beschlossen, das diffizile Problem dem Großmeister Baldassarre Melchiorri anzuvertrauen, einem Mann von Welt, der über Feingefühl und zahlreiche Talente verfügte.
    Der gute Melchiorri hatte sich davon keineswegs herabgewürdigt gefühlt und sich sogleich an eine eingehende Untersuchung der Lokalitäten des Fests gemacht, um die Wege der Gäste abhängig von den Standorten der Tische mit den Erfrischungen und den für den Abend geplanten Vergnügungen im Voraus einschätzen zu können.
    Nach diesen vorbereitenden Überlegungen hatte der Großmeister sich für eine dezentrale Lösung entschieden, die möglichst wenig ins Auge fallen sollte.
    Da ohnehin die Aufstellung mehrerer Zeltpavillons für Speisen und Getränke geplant war, beschloss er, noch ein paar zusätzliche in einer anderen Farbe aufbauen zu lassen, und zwar an günstig gelegenen Stellen an den Rändern der großen Esplanade.
    Jedem dieser Pavillons wurde eine gewisse Zahl von Dienern zugeteilt, welche die benutzten Nachttöpfe ausleeren und frische wieder hinstellen würden, ohne sich dabei dem eigentlichen Ort der Feierlichkeiten zu nähern.
    Das Kommen und Gehen dieser Dienstboten würde den Gästen gar nicht auffallen, und die Einrichtung mehrerer solcher stiller Örtchen hatte außerdem den Vorteil, dass peinliches Schlangestehen vermieden wurde.
    Als Bernardo Muti den Palazzo Riario betreten hatte, war ihm natürlich nicht bewusst gewesen, wie viel geistige und körperliche Arbeit in der Lösung dieses ebenso menschlichen wie unumgänglichen Problems steckte.
    Er musste sich jedoch ganz plötzlich mit der Frage des Aborts befassen, als wenige

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