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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Abend.
    Während einer der seltenen Unterbrechungen ihrer wortreichen Plauderei erkannte Fulminacci schließlich, dass die Dämmerung heraufzog und es spät geworden war.
    Sich nach Sonnenuntergang auf den Heimweg zu machen war nicht ratsam, denn Trupps von Wachen patrouillierten die ganze Nacht durch das Viertel – offiziell, um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, Schlägereien aufzulösen und Übeltäter abzuschrecken. Häufig jedoch hielten die Schergen unter dem Vorwand einer Kontrolle harmlose Unglücksraben an, die ihren Weg kreuzten, und missbrauchten ihre Macht, um sie auszurauben. Mit dem kostbaren Schmuckstück im Beutel wollte Fulminacci dieses Risiko nicht eingehen.
    Hastig verabschiedete er sich von Valocchi, der ihn zur Tür begleitete, ohne seinen Wortschwall zu unterbrechen, und ihn noch überreden wollte, zum Abendessen zu bleiben.
    Es dauerte ein Weilchen, bis Fulminacci ihn so weit hatte, dass er ihn nach Hause gehen ließ. Da er ihm nicht die Wahrheit sagen konnte, erfand er eine komplizierte Geschichte über ein Stelldichein mit einem Dienstmädchen, dessen weibliche Reize er ausführlich beschrieb.
    Als er endlich auf die Straße trat, herrschte schon tiefe Dämmerung.
    Nach diesem weinseligen Nachmittag war er ziemlich beschwipst, wenn auch weniger als Valocchi, und schlug unsicheren Schritts und leicht torkelnd den Nachhauseweg ein, wobei er sich wiederholt umsah, um sicherzugehen, dass sich keine Wachen in der Nähe aufhielten.
    Als er seine Haustür erreichte, war es fast vollständig dunkel, und nur der schwache Schein einer Lampe am Fenster der Erdgeschosswohnung beleuchtete die schmale Gasse.
    Der Maler wollte gerade die Treppe hinaufgehen, da spürte er plötzlich einen Stoß an der Schulter. Instinktiv warf er sich zur Seite und wich so seinem Angreifer aus, doch als er sich umdrehte, sah er das Aufblitzen einer gegen seine Halsschlagader geführten Klinge.
    Indem er seinen schweren Umhang als Schild benutzte, entzog er sich dem Degenstoß und konnte sein Kurzschwert zücken, mit dem er zum Gegenangriff überging. Er traf sein Ziel zwar nicht, doch der Schlag genügte, um sich den Feind vorerst vom Leib zu halten.
    In der dunklen Hausnische, in der er beinahe blind gegen den Unbekannten focht, tauchte plötzlich eine zweite Gestalt auf, die ihn ebenfalls angriff. Zum Glück war der Eingang des alten Hauses sehr eng, sodass Fulminacci nicht von zwei Seiten attackiert werden konnte. Zugleich aber stand auch ihm selbst nur wenig Spielraum zur Verfügung, und er schaffte es nicht, seinen Degen zu ziehen.
    Er benutzte seinen Körper als Rammbock und stürzte hinaus auf die Gasse, wo er endlich seinen Degen zücken konnte und auf die beiden Meuchelmörder losging.
    Als regelmäßiger Besucher von Tavernen, Bordellen und ähnlich verrufenen Orten war der Maler nicht unerfahren im Gebrauch der Waffen, und er verfügte über ansehnliche Körperkräfte.
    Mit dem langen Degen teilte er heftige Hiebe aus und parierte die feindlichen Stöße mit dem Kurzschwert, bis es ihm gelang, einen der Angreifer zu verletzen. Der zog sich fluchend zurück und bediente sich dabei einer Sprache, die Fulminacci nicht verstand. Nun, da es Mann gegen Mann ging, war er sicher, die Oberhand gewinnen zu können, und stürzte sich mit wirbelnden Klingen auf den Fremden, wobei er abwechselnd mit dem Degen und dem Kurzschwert angriff. Sein Gegner war bald im Nachteil und musste vor der Wucht seiner Attacken zurückweichen. Als er mit dem Rücken zur Wand stand, schleuderte er seine Waffe auf Fulminacci, der von dieser unerwarteten Reaktion überrascht wurde und zwei Schritte zurück machte. Das verschaffte dem gedungenen Mörder Zeit, ein Messer aus dem Gürtel zu ziehen und es ebenfalls auf ihn zu werfen. Um nicht getroffen zu werden, musste Fulminacci sich bücken, und das gab den beiden Komplizen Gelegenheit, die Flucht zu ergreifen und in der Gasse zu verschwinden.
    Fulminacci folgte ihnen bis zu der Stelle, wo die kleine Gasse in eine größere Straße mündete, doch dann gab er auf. Er war müde, immer noch ein bisschen betrunken und außerdem leicht verletzt.
    Keuchend lehnte er sich an eine Mauer und blickte den beiden Gestalten nach, die mit der Dunkelheit verschmolzen. Obwohl er nicht viel erkennen konnte, hatte er den Eindruck, dass sie ärmliche Kleidung trugen, geflickte Mäntel und durchgelaufene Schuhe, die ihnen das typische Aussehen der vielen Bettler auf den Straßen und Plätzen Roms

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