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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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sie boten Unterhaltung und eine gute Gelegenheit zum Geschäftemachen für die zahlreichen Straßenhändler, die Essen, Getränke, Amulette, Wundermittel, falsche Reliquien und sonstige Devotionalien verkauften.
    Fulminacci folgte Beatrices Anweisungen und kämpfte sich bis zum Brunnen durch, wo er diesen Giovanni, das Oberhaupt der Bettlerbruderschaft, finden sollte.
    Tatsächlich hatte er keine Schwierigkeiten, den Mann zu erkennen. Er stand aufrecht neben dem dünnen Wasserstrahl und sah sich mit dem aufmerksamen Blick und der Miene eines Admirals um, der vom Deck eines Schiffs aus die Manöver seiner Flotte in einer Seeschlacht verfolgt.
    Fulminacci stellte sich vor und legte ihm sein Problem dar, wobei er mehrfach seine Freundschaft mit Beatrice betonte.
    »Hm, das ist allerdings eine merkwürdige Sache«, sagte Giovanni. »Bist du wirklich sicher, dass es Bettler waren?«
    »Das hat mich Beatrice auch gefragt«, antwortete der Maler, »und, ehrlich gesagt, kann ich es nicht beschwören. Es war dunkel, und sie gingen zu zweit auf mich los. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass es sich um Bettler handelte. Sie sahen zumindest so aus.«
    »Also, wie dir Beatrice vielleicht schon erklärt hat, sind wir Bettler hier in Gilden organisiert. Jede hat ihre eigene Spezialität und vor allem ihr eigenes, abgegrenztes Gebiet. Ist ja wohl klar, dass bei so großen Gemeinschaften nicht jeder machen kann, was er will. Wir zum Beispiel haben schon vor vielen Jahren ein Abkommen mit den Sbirren getroffen, damit wir uns nicht gegenseitig auf die Füße treten. Wer sich nicht daran hält, wird bestraft, sonst kriegen wir die reinste Anarchie, verstehst du? Gewaltanwendung ist verboten. Hier in Rom gibt es vierzehn Bettlergilden, und jede hat Hunderte von Mitgliedern. Wenn auch nur ein paar davon plötzlich herumlaufen und Leute angreifen würden, wäre der Teufel los, das kannst du dir vorstellen. Die Schergen würden im Nu über uns herfallen, und wir würden alle in der Engelsburg landen und dasselbe Ende nehmen wie dieser arme Hund, den sie gleich auf das Schafott führen werden. Man muss immer auf der Hut sein. Wir dürfen es auch mit kleinen Diebstählen und der Beutelschneiderei nicht übertreiben, ganz zu schweigen von brutalen Überfällen. Und die, die dich um die Ecke bringen wollten, hatten sogar Degen, wie du sagst. Du musst bedenken, wer sich als Bettler durchschlägt, macht das, weil er arm und verzweifelt ist, weil er keine andere Wahl hat. Man kann nicht einfach irgendeinem armen Teufel eine Waffe in die Hand drücken. Wie lange hast du üben müssen, um ein guter Fechter zu werden?«
    »Viele Jahre«, antwortete der Maler, »und man hört nie auf zu lernen.«
    »Siehst du, das meine ich. Guck dir mal meine Männer da an – was glaubst du, wie viele von denen in der Lage wären, einen Degen auch nur zu halten? Das ist doch ein schlechter Witz. Andererseits treiben sich in letzter Zeit eine Menge seltsamer Gestalten in Rom herum. Da ist etwas im Busch, ich weiß nur noch nicht, was. Spione, Geheimagenten, vielleicht auch gedungene Mörder, übles Gelichter aus halb Europa. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere von ihnen sich als Bettler verkleidet hat, um unter diesem Deckmantel sein Unwesen treiben zu können. Mein Gott, sieh dich bloß um: Ganz Rom scheint eine Bettlerstadt zu sein!«
    »Eine große Hilfe bist du mir ja nicht.«
    Giovanni grinste und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Im Namen meiner alten Freundschaft mit Beatrice verspreche ich dir, mich umzuhören. Ich werde meine Männer ausschicken, und wenn es etwas zu erfahren gibt, wirst du es erfahren, keine Sorge. Inzwischen solltest du dich nach Sonnenuntergang nicht mehr auf der Straße blicken lassen. Die haben es einmal versucht und werden es wieder versuchen, wer sie auch sind. Und sprich mit niemandem darüber, vor allem nicht mit Bettlern, falls du welche kennst. Nicht alle Gilden haben einen so guten Ruf wie die, die zu leiten ich die Ehre habe. Die von Santa Elisabetta zum Beispiel sind Spitzel der Sbirren. Und sie sind nicht die einzigen.«
    In diesem Moment teilte sich die Menge unter dem Schafott, und ein von zwei Maultieren gezogener Karren, auf dem der Verurteilte stand, rollte auf den Platz.
    »Siehst du den dort?«, fragte Giovanni laut, um den Lärm, der sich erhoben hatte, zu übertönen. »Das ist Zennaro, der Bandit. Sie haben ihn vor ein paar Wochen auf der Straße nach Gaeta geschnappt. Die Schergen mussten eine

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