Das Blut des Skorpions
Bischof zu, der sich als brillanter und geistreicher Gesprächspartner erwies und sie mit dem neuesten Klatsch vom französischen Hof unterhielt.
»Majestät, angesichts des Gewands, das ich trage, steht es mir eigentlich nicht zu, so etwas zu sagen, aber wie es scheint, hat der junge Herrscher sich mit seiner frisch angetrauten spanischen Frau etwas Schönes aufgehalst. Maria Teresa hat offenbar das aufbrausende Temperament ihres erlauchten Vaters, Philipps IV., geerbt, und wie man hört, kann man die Zankereien des königlichen Paars gar nicht mehr zählen, die sogar durch die dicken Mauern des Louvre schallen. Aber auch wenn man Maria Teresa alles andere als sanftmütig nennen mag, muss man doch zugestehen, dass ihr königlicher Gatte es ihr nicht gerade leicht macht. Niemand hat noch einen Überblick über seine Liebschaften, weder über seine mehr oder weniger ständigen Favoritinnen noch über seine Gelegenheitsopfer. Wenn er so weitermacht, wird man in wenigen Jahren ein ganzes Heer aus den Früchten seiner erlauchten Lenden rekrutieren können.«
Die Königin lachte über diese Neuigkeiten, die man in Rom immer erst mit Verspätung zu hören bekam, und forderte den Bischof auf, noch mehr zu erzählen.
Während sie durch das galante Geplauder des Franzosen abgelenkt war, nutzte Azzolini die Gelegenheit, Pater Kircher beiseitezunehmen und nach dem Grund seiner Erschöpfung zu fragen.
»Aber nein, Eminenz«, wich der Pater zunächst aus, »es ist nur ein wenig Müdigkeit. Meine Studien halten mich bis tief in die Nacht wach, und ich bin leider kein junger Mann mehr.«
Azzolini war jedoch sehr geschickt darin, Menschen zum Sprechen zu bringen, und ließ nicht locker, bis er mit seiner glattzüngigen Art des erfahrenen Höflings den schwachen Panzer der Zurückhaltung, hinter dem der alte Mönch sich zu verbergen suchte, durchdrungen hatte.
»Die Wahrheit ist, Eminenz, dass mich diese beiden Morde tief beunruhigen. Sie haben mich in einer Weise erschüttert, die ich nicht für möglich gehalten hätte.«
»Die ganze Stadt ist in Trauer, Pater. Auch ich habe keine Erklärung für diese beiden grausamen Taten, die umso bestürzender sind, als es sich bei den Opfern um zwei fromme Männer handelt, über die nie auch nur ansatzweise ein übles Gerücht kursierte. In diesen Zeiten ist das schon mehr als man von jemandem, der unserer Berufung gefolgt ist, verlangen kann. Zwei Jesuiten noch dazu. Habt Ihr sie denn gekannt, Pater?«
Der Köder war ausgeworfen, und Pater Kircher blieb nichts anderes übrig als anzubeißen.
»So ist es, Eminenz. Man kann sogar sagen, dass beide langjährige Freunde von mir waren, auch wenn wir uns schon einige Zeit nicht mehr gesehen hatten. Sowohl Pater Stoltz als auch Pater Klamm haben dieselbe Novizenschule in Paderborn besucht, in der auch ich als junger Mann studiert habe. Das ist nun fast ein halbes Jahrhundert her, aber es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen.«
Auf diese Mitteilung hin spitzte der scharfsinnige Kardinal die Ohren und hielt es für angezeigt, weiter nachzufragen.
»Ich wusste nicht, dass Ihr in Paderborn studiert habt, Pater. Soweit mir bekannt ist, wurde dieses Novizeninternat unter wenig erfreulichen Umständen geschlossen.«
Kircher schüttelte betrübt den Kopf.
»Ganz recht, Eminenz, unter den unseligsten Umständen! Ich hatte die beiden noch nicht lange gekannt, aber wir waren bereits gute Freunde geworden, verbunden durch unsere gemeinsame Liebe zu Wissenschaft und Erkenntnis. Dann geschah, was geschah, und ich war gezwungen zu fliehen, aber die Erinnerung an jene Jahre wird mich immer begleiten, auch wenn…«
»Auch wenn…?«, hakte der Kardinal nach, der spürte, dass er etwas auf der Spur war, das ein neues Licht auf die düsteren Ereignisse der vergangenen beiden Tage werfen würde.
»Auch wenn die letzten Wochen unseres Aufenthalts im Novizeninternat von traurigen Ereignissen überschattet wurden… Verzeiht, Eminenz, die Erinnerung an jene Zeit bedrückt mich immer noch so sehr, dass ich ihr nicht weiter nachgehen möchte, aus Angst, sonst keinen Frieden mehr zu finden.«
Pater Kircher zog sich wieder in sich selbst zurück, und der Kardinal verstand, dass es sinnlos wäre, weiter auf dem Thema zu beharren.
Was er erfahren hatte, war jedoch möglicherweise von großer Bedeutung. Sobald es ging, würde er eine Reihe von Nachforschungen veranlassen, um mehr über die Ereignisse herauszufinden, die der Jesuitenpater nur angedeutet
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