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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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kannte und der, anders als sein Begleiter, ein Gewand von höchster Eleganz trug.
    Auch Christine bemerkte die Ankunft des schwarz gekleideten Mönches.
    »Seht, Decio, dort ist Pater Kircher. Bittet ihn doch zu uns herüber, ich würde gern ein paar Worte mit ihm wechseln. Wisst Ihr, er hat an der Inszenierung mitgearbeitet. Ich glaube, ich habe Euch schon von der großartigen optischen Apparatur erzählt, die als coup de théâtre im dritten Akt eingesetzt wird. Ich bin gespannt zu erfahren, wie die Vorbereitungen verlaufen sind.«
    Azzolini schickte einen der Diener los, um die Einladung auszurichten, und kurz darauf betrat Pater Kircher zusammen mit dem hohen ausländischen Prälaten die königliche Loge.

KAPITEL XVII
     
    Der Bischof und der Jesuit erwiesen der Königin ihre Reverenz. Christine zeigte sich glücklich, den alten Freund und seinen Begleiter zu empfangen, den sie bereits kannte, auch wenn er ihr noch nie offiziell vorgestellt worden war.
    Das wurde nun von Kardinal Azzolini nachgeholt, der ihr den vollen Namen des Prälaten sowie seine Titel und Pfründe aufzählte, wie es sich gehörte.
    Christine aber schien sich nicht besonders für die Abstammung des Franzosen oder seine Verdienste um die Verteidigung und Verbreitung des Glaubens zu interessieren. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit gleich dem Jesuiten zu, aus dessen Mund sie von neuen technischen Errungenschaften zu hören hoffte.
    »Pater Kircher, wie schön, Euch bei diesem freudigen Anlass zu treffen. Ich befürchtete schon, Eure sprichwörtliche Zurückgezogenheit, die nur von Eurer Bescheidenheit übertroffen wird, könnte Euch von diesem Ereignis ferngehalten haben. Sagt, Pater, was habt Ihr Euch für neue Wunderwerke ausgedacht, um diese Aufführung einzigartig werden zu lassen?«
    In Wahrheit kannte Christine die von Kircher entwickelten Apparate bis ins Detail, da sie deren Anbringung persönlich überwacht hatte, aber ihre Begeisterung war so groß, dass sie nie genug von den Neuerungen hören konnte, die der geniale alte Jesuit erfunden hatte, um das Publikum zu ergötzen und zu verblüffen.
    Kircher jedoch wirkte müde, sorgenvoll und lustlos und schien in düstere Grübeleien verstrickt, die ihn davon abhielten, den Abend zu genießen.
    »Ich habe einen akustischen Apparat installiert«, antwortete der Mönch nach einigem Zögern, »durch den die Stimme des Deus ex Machina klar und deutlich zu hören sein wird, obwohl sie zugleich hohl und fern klingt, wie es die Bühnenanweisung vorsieht, wenn es im dritten Akt zu der Wiedererkennungsszene zwischen Ione und ihrer Mutter kommt. Wie Ihr wisst, hören sich Stimmen, die abseits der Bühne erklingen, meistens schwach bis unverständlich an, was daher kommt, dass die Theater in einer Weise gebaut sind, die den Geräuschen auf der Bühne den kräftigsten Schall verleiht. Jedes Wort, das außerhalb dieses sehr begrenzten Bereichs gesprochen wird, wird von den Gesetzen der Akustik gedämpft und natürlich auch von den diversen Hindernissen zwischen der Klangquelle und den Ohren des Publikums. Mein Apparat nun, quasi eine neue Art von Sprachrohr, verstärkt die Worte, die der Bariton hinter den Kulissen spricht, um das Zehnfache oder mehr, sodass sie voll und dröhnend klingen, ohne dabei den Eindruck von überirdischer Ferne zu verlieren, den man mit einer olympischen Gottheit verbindet.«
    Diese ausführliche Erläuterung schien sämtliche Kräfte des Jesuiten aufgezehrt zu haben, der sich an einer der Säulen in der Loge abstützen musste, um einer plötzlichen Ohnmacht zu entgehen.
    Die Königin merkte nichts von dem offensichtlichen Unwohlsein ihres Gegenübers und fuhr fort, ihm immer eingehendere Fragen über die wissenschaftlichen Grundlagen der Entwicklung des Apparats zu stellen und über die Schwierigkeiten, die sich durch die erhöhte Raumtemperatur oder das Gedränge hinter der Bühne, wo sich Chorsänger, Tänzer und Komparsen versammelten, ergeben könnten.
    Mit großer Mühe gelang es Pater Kircher, ihre Neugier zu befriedigen, doch je länger das Gespräch dauerte, desto knapper wurden seine Antworten.
    Sein geschwächter Zustand entging den scharfen Augen des Kardinals nicht, der dem französischen Bischof einen fragenden Blick zuwarf.
    Der herausgeputzte Geistliche zuckte unmerklich die Achseln.
    Als die Königin endlich aufhörte, ihn mit Fragen zu bestürmen, zog Kircher sich in sich selbst zurück wie eine Schildkröte in ihren Panzer. Daraufhin wandte sich Christine dem

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