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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Einmischung ohne Umwege und Deckmantel stellte möglicherweise ein Zeichen der Schwäche des mächtigen Kardinals dar.
    Längst nicht alle Kardinäle gehörten der Fliegenden Schwadron an. Im Gegenteil, viele der hohen Würdenträger waren gegen die zur Zeit herrschende Unmoral und wollten die alten sittlichen Werte wieder eingeführt sehen.
    Wenn Azzolini auch nur einen falschen Schritt machte, konnte sein Ansehen so weit beschädigt werden, dass alte Bündnisse in die Brüche gingen und ein scheinbar gefestigtes Machtgefüge ins Wanken geriet.
    Bernardo Muti spürte, dass ein entscheidender Moment in dem jahrhundertealten Kampf zwischen den Befürwortern der Rückkehr zu einem strengen und reinen Glauben und den Vertretern eines politischen Zynismus, die in dem Kardinal ihren Vorreiter sahen, gekommen war.
    Die Karten lagen auf dem Tisch. Diesmal würde Azzolini kein Ass aus dem Ärmel ziehen können, mit dem er das Spiel für sich entschied.
    Es galt, schnellstmöglich zu handeln, auch wenn sein Wissen bisher nicht ausreichte, um ihm einen Vorteil zu verschaffen, und die Berichte seiner Spitzel keinen Grund zu der Hoffnung gaben, dass von dieser Seite mehr zu erfahren war.
    Aber es existierten noch andere Informationsquellen.
    In weiser Voraussicht hatte der Dominikaner sich auf eine solche Eventualität vorbereitet und sich einen Weg offengehalten, der zwar riskant war, aber unschätzbaren Nutzen bringen konnte, wenn man ihn genauso kühn wie umsichtig beschritt.
    Mit skelettartiger Hand griff der Inquisitor nach der silbernen Klingel am Rand des Schreibtischs und entlockte ihr ein helles Gebimmel.
    Er hatte sie noch nicht wieder abgesetzt, als sich auch schon ein junger Dominikanermönch ehrerbietig vor ihm verbeugte.
    »Sucht mir Fieschi.«
    Der Mönch verbeugte sich erneut und eilte aus dem Zimmer.
    Muti lehnte sich an die gerade, harte Stuhllehne, um seine von den langen Stunden unermüdlicher Arbeit schmerzenden Rückenmuskeln zu entlasten.
    Fieschi war ein Spion aus Genua, vielleicht der beste, den es zur Zeit gab. Ein treuloser, ehrloser Mann, der seine Dienste an den Meistbietenden verkaufte und dessen Familie vor vielen Jahren aus der Republik Genua verbannt worden war, weil sie gegen den Dogen intrigiert hatte.
    Muti hatte einen Auftrag für ihn, den er unmöglich ablehnen konnte. Auch verachtenswerte Menschen wie Fieschi, auch berufsmäßige Verräter besaßen ihre Schwachstellen, und der Inquisition war es gelungen, die des Genuesers zu entdecken.
    Der Inquisitor würde Fieschi damit beauftragen, den Grund für das ungewöhnliche Vorgehen Azzolinis und seiner Verbündeten herauszufinden, und er würde ihn herausfinden.
    Denn Fieschi war der Beste.
    Und er konnte es sich nicht erlauben zu versagen.
    Der Skorpion ließ den Marktplatz hinter sich.
    Er hielt es für das Günstigste, den Tiber zu überqueren und sich in die Nähe des Vatikans zu begeben.
    Pater Eckart arbeitete als Privatlehrer und Bibliothekar im Palazzo Salvaneschi, nicht weit von der Engelsburg. Er war der Nächste, der sterben würde, und zwar noch an diesem Abend.
    Die Aufgabe konnte sich möglicherweise etwas schwieriger gestalten als sonst, aber der Skorpion zweifelte nicht daran, dass er sie wie immer erfüllen würde.
    Mit erhöhter Wachsamkeit und bemüht, sich stets an die belebtesten Straßen und Plätze zu halten, erreichte er die Brücke über den Fluss, sah aber auf den ersten Blick, dass sie bewacht wurde.
    De Simara ließ nichts unversucht, um ihn zu schnappen.
    Dieser Weg war also versperrt.
    Obwohl er nach wie vor nicht glaubte, dass die Männer des französischen Bischofs ihn erkennen würden, hatte der Skorpion nicht vor, unnötige Risiken einzugehen oder gar nachlässig zu werden.
    Er musste eine andere Möglichkeit finden, über den Fluss zu kommen.
    Bei den anderen Brücken brauchte er es gar nicht erst zu versuchen, weder flussaufwärts noch flussabwärts, denn der Bischof hatte mit Sicherheit dafür gesorgt, dass auch sie überwacht wurden.
    Der einzige Ausweg war ein Boot. Am Flussufer gab es mehr als genug Fährleute, die für wenige Münzen bereit sein würden, ihn überzusetzen.
    Der Auftragsmörder wollte gerade eine der Steintreppen zum Kai hinuntergehen, als er bemerkte, dass auch unter den Fährmännern schlecht getarnte Fremde umhergingen.
    Einige von diesen zeigten etwas herum, das wie ein Blatt Papier aussah, obwohl er es aus der Entfernung nicht genau erkennen konnte.
    Auch das waren Soldaten des

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