Das Blut des Skorpions
der gefährlichen Welt der Spione überleben können, in der Verrat hinter jeder Ecke lauerte.
Muti beabsichtigte nicht, sich auf solche Mätzchen einzulassen. Zwar konnte ihm persönlich nichts angelastet werden, aber es sollte niemand seine Nase in die Angelegenheiten der heiligen Inquisition stecken. Er war nämlich keineswegs sicher, dass alle seine Mitbrüder genauso über jeden Tadel erhaben waren wie er selbst – im Gegenteil, es gab Grund zu der Annahme, dass viele von ihnen einiges zu verbergen hatten. Nicht, dass er, der so streng und unerbittlich gegenüber jedermann war, den Mitgliedern seines Ordens ihre Sünden durchgehen ließ, aber er bestand darauf, dass die schmutzige Wäsche zu Hause gewaschen wurde und keine Andeutung eines Skandals nach außen drang.
Der Inquisitor hatte eine andere Methode ersonnen, um sich Fieschis Mitarbeit zu sichern.
Es war Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen.
»Ihr lacht, aber ich denke dennoch, dass wir uns einigen können«, fuhr er fort. »Soweit mir bekannt ist, habt Ihr eine Tochter…«
Der Genueser erbleichte.
»… die, korrigiert mich, wenn ich falsch liege, einer Familie in der Toskana anvertraut wurde und auf einem abgelegenen Landgut lebt, und zwar… lasst mich nachsehen… in der Nähe von Lucca. Sie müsste jetzt zwölf sein, habe ich recht?«
Fieschis Schultern sackten unter dem Gewicht des gerade Gehörten herab.
»Das… Das kann nicht Euer Ernst sein!«, stieß er schwach hervor.
»Ihr wisst, dass ich niemals scherze«, antwortete der Mönch in einem eisigen Ton, der keinen Zweifel zuließ. »Einige meiner Männer sind bereits auf dem Weg in das Großherzogtum. Ich kann sie jederzeit nach Rom zurückbeordern. Es liegt an Euch, ob ich das tun soll oder ob ich… sagen wir… andere Entscheidungen treffen muss.«
»Ihr habt gewonnen, Ihr lasst mir keine andere Wahl. Was soll ich für Euch tun?«
Der Dominikaner musste sich sehr beherrschen, um nicht den Triumph in seinem Gesicht aufleuchten zu lassen.
KAPITEL XXX
Das Wetter macht im Gegensatz zur menschlichen Gerichtsbarkeit keinen Unterschied zwischen dem niederen Volk und den Mächtigen, weshalb der große Park des Palazzo Riario von denselben kalten Nordwindböen gepeitscht wurde wie die übrige Stadt.
Der Königin von Schweden schien das jedoch nichts auszumachen, denn kaum war Pater Kircher zu ihr geführt worden, gab sie Befehl, in den Park hinauszugehen, und ihr gesamtes Gefolge musste sie begleiten.
Es war ein recht trübseliger Zug, der die breiten Parkwege entlangschritt, ein Zug aus in Pelzmäntel gehüllten adeligen Herren und Damen, die ihre Hüte tief ins Gesicht zogen und die Röcke um die Beine zusammenrafften, um sich vor den eisigen Windstößen zu schützen.
Pater Kircher achtete nicht auf die Launen der Elemente, weil er viel zu sehr mit seinen Grübeleien über die düsteren Himmelsprophezeiungen beschäftigt war.
Nur die Königin war guter Dinge und ganz von den Vorbereitungen für ihr Fest eingenommen. Auch die Aussicht, dass die Unbeständigkeit des Wetters die fröhliche Feier eventuell gefährden könnte, änderte nichts an ihrer Zuversicht, denn sie war davon überzeugt, dass Gott in seiner Güte seinem Lieblingskind keinen solch grausamen Streich spielen würde.
»Ich habe gehört, dass Euer Majestät vorhat, Rom zu verlassen und nach Schweden zurückzukehren.«
»Das sind nur Gerüchte«, erwiderte die Königin. »Ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Kardinal Azzolini liegt mir dauernd damit in den Ohren, aber ich will jetzt nicht darüber nachdenken. Ich habe diesen Verwandten des Kardinals, diesen Lorenzo Adami, der, wie Ihr wisst, meiner Leibwache vorsteht, in meine Heimat geschickt. Warten wir ab, was er zu erreichen vermag. Im Moment jedenfalls habe ich nicht das Bedürfnis, aus Rom fortzugehen, das kann ich Euch versichern.«
»In einem Monat treten die Generalstände zusammen«, wandte der Jesuit automatisch und ohne große Anteilnahme ein. »Verspürt Ihr nicht den Wunsch, dabei zu sein?«
»Sorgen, nichts als Sorgen«, schnaubte die Königin. »All diese Sorgen verderben mir noch die Laune, als genügte dieser lästige, kalte Wind nicht. Um die Probleme des Reiches werde ich mich zu einem anderen Zeitpunkt kümmern. Jetzt will ich nur an die Vorbereitungen für das Fest denken. Sagt, Pater, was habt Ihr Schönes ausgetüftelt, um meine Gäste zu ergötzen?«
Der gefürchtete Augenblick war also gekommen.
Er dachte kurz daran,
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