Das Blut des Skorpions
Linie zum Vergnügen der Königin von Schweden erfunden worden, sondern sollte höheren Zwecken dienen.
Kircher war in einer der blutigsten Epochen der Geschichte aufgewachsen – Europa hatte gerade einen Krieg hinter sich, unter dem es über dreißig Jahre lang gelitten hatte. Viel zu viele Menschen hatten ihr Leben in sinnlosen Massakern lassen müssen, und nun scharten sich bereits wieder die Truppen des Sultans von Konstantinopel an den Grenzen der christlichen Länder und warteten nur darauf, den Halbmond auf den Kirchen und Kathedralen hissen zu können.
So war der Pater im Laufe langer und mühseliger Forschungen auf die Idee gekommen, die Soldaten aus Fleisch und Blut durch ein Heer von Automatenkriegern zu ersetzen, von unbesiegbaren Kämpfern, die keine Müdigkeit spürten, keine Angst kannten und den Tod nicht fürchteten. Durch eine unaufhaltsame Armee, frei von menschlichen Schwächen, die jene großen Gebiete für die Christenheit zurückerobern würde, welche die muselmanischen Horden in jahrhundertelangen blutigen Kriegen an sich gerissen hatten. Für dieses Argument wäre die Königin möglicherweise zugänglich, da sie schon lange von dem Wunsch beseelt war, einen neuen Kreuzzug gegen Mohammeds Streitkräfte auszurufen.
Wenn er nur genug Zeit hätte…
Kircher wurde von der lebhaften, aufgeregten Stimme der Herrscherin aus seinem gedanklichen Teufelskreis gerissen.
»Pater, Ihr müsst mir unbedingt die Zeichnungen und Pläne für dieses… dieses Wunderwerk zeigen. Ich bin begierig zu erfahren, wie Ihr es geschafft habt, der toten Materie Leben einzuhauchen.«
»Ich werde sie Euch gerne zukommen lassen, Euer Majestät«, antwortete Kircher. »Im Moment bin ich dabei, die unzähligen verstreuten Notizen und Berechnungen für dieses Projekt zu ordnen und in Reinschrift zu bringen.«
»Diese großartige Erfindung wird die Krönung des Festes sein und es zu einem nie da gewesenen Erfolg machen!«
KAPITEL XXXI
Von den schwärzesten Gedanken niedergedrückt verließ Fieschi den Palast der Inquisition. Seine Clarissa, seine Tochter, die einzige Freude seines trostlosen Lebens, war in Gefahr, diesem herzlosen Ungeheuer Bernardo Muti in die Hände zu fallen, der finsteren Seele der weiß gekleideten Bruderschaft. Und er, was konnte er dagegen tun?
Was konnte er gegen die Bedrohung unternehmen, die über dem Haupt dieses unschuldigen Mädchens schwebte?
Auf dem Nachhauseweg dachte Fieschi sich Hunderte von Plänen aus und verwarf sie wieder, weil keiner ihm ausreichend Erfolg versprechend schien.
Sobald er sein Haus betreten hatte, ein zweistöckiges, bescheidenes, um nicht zu sagen heruntergekommenes Gebäude, fing er an zu brüllen, als wäre er von einem Dämon besessen.
»Guglielmo, Vanni, her zu mir, sofort! Wir dürfen keine Minute verlieren!«
Fieschis Mitarbeiter kamen herbeigelaufen, erschrocken über dieses Verhalten ihres Chefs, den sie als einen ruhigen und ausgeglichenen Mann kannten.
»Alle in den großen Saal, so schnell wie möglich!«, fuhr er fort zu schreien. »Trommelt die Männer zusammen, lasst sie aus ganz Rom herbeikommen!«
Gefolgt von seinen Leuten stürmte der Meisterspion in den weitläufigen Raum im hinteren Teil des Erdgeschosses, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her.
Das runde Dutzend Männer versammelte sich um einen wurmstichigen, wackeligen Tisch. Sie setzten sich auf die einfachen Holzbänke und warteten darauf, dass ihr Oberhaupt seine Befehle gab.
»Azzolini hat etwas vor«, begann Fieschi. »Ich will wissen, was, wie, wer, wann, wo und warum. Ich will alles wissen, und zwar sofort!«
Nach einigen Augenblicken verlegenen Schweigens nahm einer der Spione seinen Mut zusammen und sprach.
»Azzolinis Leute durchkämmen die Stadt, Herr. Sie scheinen jemanden zu suchen. Es sind auch Franzosen darunter, viele Franzosen.«
Nun, da das Eis gebrochen war, berichtete ein anderer weiter.
»Die Franzosen und Azzolinis Wachen haben Kopien von der Zeichnung eines Mannes dabei. Sie zeigen sie den Ladenbesitzern, den Wäscherinnen, den Straßenhändlern, den Fährmännern und fragen, ob jemand diesen Mann gesehen hat und weiß, wo er sich aufhält. Ich habe gehört, dass der Hauptmann der Franzosen ein gewisser de la Fleur ist. Vor ein paar Stunden sind sie in eine Herberge eingedrungen, wo sie zwei Männer getötet und einen gefangen genommen haben. Den Gesuchten scheinen sie aber nicht gefunden zu haben, denn sie patrouillieren immer noch durch das
Weitere Kostenlose Bücher