Das Blut des Teufels
über eine Indianerfrau gestolpert, die mit ihrem Baby auf der untersten Stufe hockte.
Die Frau, die ein grob gewebtes Gewand und einen Schal trug, war ebenso erschrocken über ihn wie über seine Entschuldigung. Aber sie fiel vor ihm auf die Knie, packte sein Hosenbein und hob ihm ihr Baby entgegen, das in eine leuchtend gefärbte Alpakadecke gehüllt war. Sie flehte ihn in ihrem heimatlichen Quecha an.
Er lächelte ihr wohlwollend zu, nickte als Antwort und legte seine Tasche auf die unterste Stufe. Dann griff er sich an den Hals und zog sein silbernes Brustkreuz heraus, das sich deutlich vor seiner schwarzen Kleidung abhob. Er hielt eine Hand über den Kopf des Babys und erteilte ihm rasch seinen Segen. Anschließend küsste er es auf die Stirn, nahm seine Tasche und setzte seinen Weg die Straße hinab fort. Sein Ziel war die Kirche, deren Türme ihn gewissermaßen heimgeleiteten.
Die kleine Indianerfrau rief ihm nach: » Gracias! Vielen Dank, Bruder Otera!«
In der Dunkelheit des zusammengestürzten Tempels schlich die Zeit dahin. Maggie kam es vor, als wären mehrere Tage verstrichen, aber wenn ihre Uhr richtig ging, war es erst der folgende Tag, kurz vor Mittag. Sie waren noch keine zwölf Stunden eingeschlossen.
Maggie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und musterte die anderen, die wenige Schritte entfernt in dem Hauptgang standen. Sam stand neben dem herabgestürzten Felsen drüben, hatte sich das Gewehr um die Schulter gehängt und hielt das Sprechfunkgerät dicht an die Lippen. Seit der Morgendämmerung hatte der Texaner regelmäßig Gespräche mit Philip geführt. Er hatte die Batterie des Geräts so gut wie möglich geschont, während er gleichzeitig alles tat, um ihren Leiter in seiner Einschätzung der Lage zu unterstützen.
»Nein!«, schrie Sam in das Sprechfunkgerät. »Der Schutthaufen ist alles, was diese Ebene vor dem Einsturz bewahrt. Wenn du versuchst, den ursprünglichen Schacht wieder auszugraben, schüttest du uns alles andere auf den Kopf.« Es folgte eine lange Pause, in der Sam sich Philips Antwort anhörte. »Scheiße, Philip! Hör mir zu! Ich bin hier unten! Ich sehe, wie die Stützwände auf der Steinblockade hängen. Du wirst uns umbringen. Finde heraus, wo diese Plünderer sich einen Tunnel gegraben haben. Das ist die beste Möglichkeit.«
Kopfschüttelnd betrachtete Sam das Gerät. »Der Idiot da oben ist völlig von der Rolle«, meinte er zu Maggie. »Wie üblich sucht er nach der schnellsten Lösung.«
Sie widmete Sam ein flüchtiges Lächeln. Sie persönlich suchte ebenfalls nach der schnellsten Lösung.
Ralph und Norman standen neben ihrer einzigen Lichtquelle, Denals Taschenlampe. Ralph hielt sie, damit Sam die Zerstörung und den Zustand ihres zerbröckelnden Dachs untersuchen konnte. Nach dem kurzen Nickerchen, das sie in der Nacht halten konnten, hatte Norman ein paar Fotos gemacht. Seine Kamera hing jetzt an einem Riemen, den er sich um den Bauch geschnallt hatte. Wenn sie die Sache hier heil überständen, hätte Norman einige preisverdächtige Fotoserien über ihr Abenteuer zu bieten. Doch aus dem bleichen Gesicht des Fotografen schloss Maggie, dass dieser liebend gern den Pulitzer-Preis gegen die Chance zur Flucht eintauschen würde.
»Achtung!«
Der Ruf von hinten schreckte Maggie auf. Sie erstarrte, doch plötzlich wurde sie von einer Hand nach vorn geschoben. Sie stolperte mehrere Schritte und da krachte auch schon ein großer Granitblock auf die Steine hinter ihr. Der ganze Tempel bebte. Ein paar Atemzüge lang glaubte sie, an dem Staub zu ersticken.
Mit der Hand wedelnd wandte sich Maggie um und sah einen staubbedeckten Denal wieder auf die Beine kommen. Der Felsbrocken, der sich gelöst hatte, lag zwischen ihnen. Maggie war wie vom Donner gerührt. Sie wäre um ein Haar zerquetscht worden.
Sam war bereits an ihrer Seite. »Du musst die Decke im Auge behalten«, ermahnte er sie.
»Jetzt mach keine Witze, Sam.« Sie wandte sich dem Jungen zu, der gerade über den Felsbrocken kletterte. Ihre Stimme wurde weicher. »Vielen Dank, Denal!«
Er murmelte etwas in seiner Muttersprache, wich ihrem Blick jedoch aus. Wäre das Licht besser gewesen, so hätte sie bestimmt erkennen können, dass er rot wurde, da war sich Maggie sicher. Sie hob sein Kinn und küsste ihn auf die Wange. Als sie ihn losließ, waren seine Augen größer als Suppentassen.
Sie wandte sich ab, um Denal weitere Verlegenheiten zu ersparen. »Sam, wir sollten uns vielleicht auf die Ebene tiefer
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