Das Blut des Teufels
unterdrückte einen eigenen Ausruf des Stolzes, fuhr mit einem Finger über die Buchstaben und las dabei sorgfältig die Inschrift mit. »Nos Christi defenete. Malum ne fugat.« Er konzentrierte sich stark, während er das hingekritzelte Latein übersetzte. »›Christus beschütze uns. Möge das Böse nie entweichen.‹« Ein Schauer lief ihm über den Rücken.
»Nicht gerade das, was man hören möchte, wenn man in einer eingestürzten Grabstätte gefangen ist«, meinte Ralph.
»Vor allem, wenn man direkt vor der verfluchten Grabkammer hockt«, fügte Norman mit einem Blick auf Sam hinzu. »Was hast du da über das Piktogramm im Raum nebenan gesagt? Der Durchgang zum Himmel, der Durchgang zur Hölle?«
Sam winkte die Befürchtungen des Fotografen beiseite. »Das ist lediglich eine Interpretation vom jüdisch-christlichen Standpunkt aus. Die alten Peruaner glaubten nicht an einen biblischen Himmel oder eine biblische Hölle, sondern an drei verschiedene Ebenen des Daseins: janan pacha , die obere Welt; cay pacha , unsere Welt; und uca pacha , die untere oder innere Welt. Sie glaubten, diese drei weiten seien eng miteinander verbunden und würden an gewissen heiligen Stellen namens pacariscas zusammentreffen.« Sam warf einen Blick über die Schulter. »Aus den Piktogrammen nebenan würde ich schließen, dass diese Kammer als eine pacarisca verehrt und geschützt worden st.«
Norman starrte zum offenen Durchgang zu der Kammer hinüber. »Ein Durchgang sowohl zur unteren als auch oberen Welt.«
»Genau.«
Maggie stieß Sam mit dem Ellbogen an. »Das reicht jetzt! Mach mit dem zweiten Beschlag weiter!«
Sam räusperte sich und beugte sich über die Kratzer im Hematit. Diesmal übersetzte er gleichzeitig, während er den Finger über die lateinischen Inschriften laufen ließ. »›Gott im Himmel, beschütze uns. Wir flehen dich an. Wir überlassen diese Grabstätte dem Himmel. Möge sie nie gestört werden. Hütet euch …‹« Sam las die letzten beiden Zeilen und ihm blieb die Luft weg. Er lehnte sich zurück. »O mein Gott!«
Maggie beugte sich näher heran. »Was ist?«
Er warf den anderen einen Blick zu. »›Auf der anderen Seite liegen die Werke des Satans, der Wille des Teufels. Ich versiegele diesen Durchgang vor der Schlange von Eden, damit die Menschheit nicht auf ewig verdammt sei.‹«
Fünf Augenpaare wandten sich dem offenen Durchgang zu.
»Die Schlange von Eden?«, fragte Norman nervös.
Maggie erklärte es mit unterdrückter Stimme. »Genesis. Der Verderber des Menschengeschlechts, der zu verbotenem Wissen verlockt.«
»Es ist unterzeichnet«, sagte Sam und lenkte mit diesen Worten ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Hematit-Beschläge. »Bruder Francisco de Almagro, Diener unseres Herrn, 1535.«
Ralph schaute Sam über die Schulter. »Hat dein Onkel nicht gesagt, dass er die Mumie für einen Dominikanermönch hält?«
Sam nickte. »Ja. Das hier ist möglicherweise das Testament dieses Burschen. Nachdem er das Grabmal versiegelt hat, muss er aus irgendeinem Grund getötet worden sein. Aber warum?« Sam begab sich in den Fersensitz. »Was ist hier geschehen? Warum hat der angrenzende Raum diesen Mann so sehr in Angst und Schrecken versetzt? Es können nicht nur die Fallen gewesen sein. Sonst hätte der Verweis auf die Schlange von Eden hier nichts zu suchen.«
Maggie nickte zu dem Durchgang hinüber. »Wie die Antwort auch lautet, sie liegt irgendwo da drin. Vielleicht haben die Moche etwas entdeckt, das ihre Eroberer, die Inka, für sich vereinnahmt haben. Und das hat unserem toten Mönch eine Heidenangst eingejagt.«
»Ich wünschte, mein Onkel wäre hier«, murmelte Sam. »Wir könnten seine Fachkenntnis brauchen.«
Über ihnen verschoben sich weitere Felsbrocken. Dabei knirschten sie wie alte Knochen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dein Onkel diesem Wunsch anschließen würde«, meinte Norman mit einem Blick zur Decke.
Plötzlich stand Maggie auf und holte die Taschenlampe. »Ich möchte mir noch mal die Kammer ansehen.«
Sam bemerkte, dass ihre Beine einen Augenblick lang zitterten, bevor sie einen Schritt tun konnte. Er hatte den Verdacht, dass sie die Neugier nur vorgab, um in Bewegung zu bleiben und sich abzulenken. Er stand ebenfalls auf. »Ich komme mit.«
Auch Ralph erhob sich. »Norman und ich untersuchen die Ebene über uns.«
Norman bekam große Augen. »Ach ja?«
Ralph sah den Fotografen funkelnd an. »Jetzt mach dir bloß nicht in die Hose!«
Norman blickte finster drein und
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