Das Blut-Skelett
verschwinden müssen. Es war eine telekinetische Warnung, die ihn erreichte, und er würde sie auch ernst nehmen, das schwor Warlock.
Er schaute aus dem Fenster. Viel war nicht zu sehen, doch die Lichter der Stadt hatten sich zurückgezogen. Es war schon einsamer geworden. Sie mußten nicht mehr weit von seinem Haus entfernt sein.
Er strich jetzt unruhig mit den Fingerspitzen über den blanken Schädel hinweg. Noch immer war Warlock froh, das letzte Teilstück in seinem Besitz zu wissen, doch die große Euphorie war verflogen. Er würde vorsichtiger sein und auch die beiden Männer vor der Scheibe entsprechend warnen und vorbereiten müssen.
Trotz allem fühlte sich Warlock als Sieger. Er hatte es geschafft. Noch Jahre nach ihrem Tod hatten ihm die Verstorbenen das gegeben, das er brauchte.
Er hielt den Schädel gegen seine Nase. Roch daran.
Glaubte auch, den Tod erschnüffeln zu können. Der Skelett-Kopf roch nach alter Erde, auch nach Gebein.
Warlock fragte sich, ob der Schwarze Tod damals ebenfalls so gerochen hatte. Damals – bei diesem einen Wort geriet er ins Schwärmen und dachte an Zeiten, die sehr lange zurücklagen und die er nicht erlebt hatte. Er konnte nur von ihnen träumen. Von einem Land, von einer Insel, von einem Massiv, das untergegangen war.
Atlantis!
Mythenund sagenumwoben. Ein Kontinent der Superlative. Eine Heimat für ihn, obwohl er sie nie gesehen hatte. Aber das Buch hatte ihm die Augen geöffnet. Atlantis hatte es gegeben, er selbst hatte es in sich gespürt. Er und auch die anderen. All die Menschen, die seinem Ruf gefolgt und auch für die Sache in den Tod gegangen waren. Atlantis war die Verbindung. Dort hätte er sich wohl gefühlt, denn dort hatte auch der Schwarze Tod gelebt.
Über seine Lippen huschte ein scharfes Grinsen, als er daran dachte. Der Schwarze Tod. Er war etwas, das man nicht so einfach erklären konnte. Ein Herrscher, der über Leben und Tod bestimmte und dabei den Tod vorzog.
In seinen Dunstkreis wollte Warlock geraten und sich von ihm beeinflussen lassen. Er wollte ebenfalls Macht erreichen. Dabei wußte er, daß seine Macht nie an die des Schwarzen Tods heranreichen würde, aber ein kleiner Teil reichte ihm schon aus.
Warlock flüsterte vor sich hin und schaute dabei den bleichen Schädel an. »Du bist tot, aber du lebst trotzdem weiter. In vielen Dingen. In Menschen, in Knochen, in Gebeinen, du bist einfach überall. Du bist wie der Wind, der alles erreicht. Aus der Vergangenheit in die Zukunft kommend. Du bist einmalig...«
Diese Worte – gesprochen wie ein Gebet – gaben ihm wieder neuen Mut. Er konnte jetzt nicht aufgeben. Er mußte weitermachen und seinen Weg verfolgen. Auch wenn die beiden Männer auf dem Friedhof entwischt waren. Er würde sicherlich noch einmal mit ihnen Zusammentreffen, aber dann in anderer Form.
Wieder schaute er aus dem Fenster. Rechts von sich sah er eine schimmernde Fläche in der Dunkelheit, die wie eine gewaltige flache Ölpfütze den Boden bedeckte.
Es war ein künstlicher See. Ein Wasser-Reservoir im Süden Londons. Selbst die Dunkelheit hatte den Glanz der Oberfläche nicht schlucken können. Auch die feinen Schleier aus Dunst nicht, die zwischen den großen Becken lagen.
Sein Haus lag günstig. Nicht zu weit von der eigentlichen Stadt weg, aber einsam genug, um ihm nicht sofort auf die Spur zu kommen. Er hatte die Mitglieder der Sekte nie in dieses Refugium geführt, aber jetzt waren sie da. Zumindest Teile von ihnen.
Die Gedanken an die beiden Männer auf dem Friedhof verbannte er. Nur nach vorn schauen und den Rest der Nacht ausnutzen. So lautete ab jetzt seine Devise.
Sie hatten das Ziel so gut wie erreicht. Der Wagen bog von der normalen Straße ab und rollte auf einem schmaleren Weg weiter, der nur schlecht asphaltiert war und viele Schlaglöcher hatte. Laub lag wie ein dunkler Schwamm auf dem Boden. Der Fahrer mußte jetzt vorsichtiger lenken, um nicht ins Rutschen zu geraten. Dunst wallte dem Fahrzeug entgegen. Er teilte sich und kroch an den beiden Seiten entlang.
Warlock machte sich bereit, um auszusteigen. Den Schädel nahm er wieder in seine Hände. So vorsichtig wie einen kostbaren Schatz hielt er ihn fest, und jetzt lag das Lächeln des Sieges auf seinen Lippen, als sollte es nie mehr verschwinden.
Die Berührung mit dem Schädel gab ihm das Gefühl, der große Sieger zu ein. Kein anderer würde ihm mehr in die Suppe spucken können, und das große Ziel war zum Greifen nah.
Das Auto wurde
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