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Das Blut Von Brooklyn

Das Blut Von Brooklyn

Titel: Das Blut Von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Fragen. Was hast du dir dabei gedacht? Wie soll aus dir jemals etwas werden, wenn du dich so verhältst? Führst du dich zu Hause auch so auf? Glaubst du, dass du dir mit so einer Einstellung viele Freunde machst?
    – Ich frage mich, ob es etwas gibt, das Ihnen nicht egal ist.
    In einer Nacht wie dieser holen mich die Erinnerungen an jene Tage unweigerlich ein.
    Ich höre auf, an dem Knoten in meinem Schnürsenkel herumzuspielen.
    – Ja, doch. Zum Beispiel, wie schnell ich wieder von hier verschwinden kann.
    Predo legt seinen Stift auf den Tisch, wobei er peinlich genau darauf achtet, dass er parallel zur Schreibunterlage ausgerichtet ist.
    – Wenn das Ihr Anliegen ist, sollten Sie jetzt gut aufpassen.
    Ich deute auf den Stift.
    – Wissen Sie, dass der Typ im Vorzimmer genau dasselbe mit seinem Stift gemacht hat? Was, glauben Sie, hat das zu bedeuten?
    – Ich habe keine Ahnung.
    – Aha.
    Er sitzt zusammengesunken in seinem unbequemen Holzstuhl und fixiert mich aus den hellblauen Augen in seinem glatten, jugendlichen Gesicht.
    – Wollen Sie mir noch weitere spontane Beobachtungen mitteilen, Pitt?
    Ich lasse den Knoten los und stelle meinen Fuß zurück auf den Boden.
    – Im Augenblick nicht. Wieso werden Sie nicht endlich Ihren Kram los, und ich kann mich wieder verziehn?
    – Kram. Ihren Kram. Sehen Sie, genau das meine ich. Wie man hört, läuft ein sehr versierter Van Helsing frei bei Ihnen herum, und Sie bezeichnen diesen Umstand als Kram . Etwas ohne Wert, ohne Bedeutung. Für Sie nicht beunruhigender als, sagen wir, ein Felsen oder ein Baum.
    – Was haben denn heute nur alle mit Bäumen?
    – Bitte?
    – Nichts.
    Er wischt sich eine dunkle Haarsträhne aus der Stirn.
    – Hat jemand über Bäume geredet?
    Ich zucke mit den Achseln.
    Er zieht einen Mundwinkel nach oben.
    – Hat Bird mit Ihnen über Bäume und Wälder geredet?
    – Wieso interessiert Sie das?
    Jetzt bildet sein Mund wieder eine gerade Linie.
    – Tut es nicht. In der Vergangenheit durfte ich des Öfteren diesen Vorträgen lauschen.
    Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder dem Knoten zu. Ich zupfe am falschen Ende des Schnürsenkels, und er zieht sich noch fester zusammen.
    – Pitt?
    Ich starre weiter auf meine Füße und denke über Terry und Predo nach. Terry, der Hippie. Anführer der Society. Der Revolutionär, der vor fast vierzig Jahren die Unabhängigen und das andere Gesindel in Uptown zusammengebracht hat. Der sich einen großen Brocken vom Koalitionsterritorium unter den Nagel gerissen hat, um sich selbst darauf breitzumachen. Und dann der gute alte Predo. Nur der Himmel weiß, wie alt er ist. Er ist so gut genährt, dass er immer noch wie fünfundzwanzig aussieht. In der Koalition der Mann fürs Grobe und das einzige Gesicht des Sekretariats, das die Öffentlichkeit zu sehen bekommt. Er sorgt für Ruhe und Ordnung und befehligt die Schlägertrupps. Und er bekämpft die Bestrebungen der Society, alle Infizierten zu vereinigen und an die Öffentlichkeit zu treten, da dies der Doktrin der absoluten Geheimhaltung zuwiderläuft, die die Koalition vertritt. Zwei Idealisten in gegenüberliegenden Ecken des Boxrings, die sich bei jeder Gelegenheit das Leben schwer machen.
    Trotzdem haben sie eine gemeinsame Vergangenheit.
    Damals lebte Terry noch hier oben, und die beiden standen auf derselben Seite. Über diese Vergangenheit wissen nur sie und ein paar andere Leute Bescheid. Ich zum Beispiel.
    Eine Vergangenheit, an deren Geheimhaltung ihnen so viel liegt, dass sie vermutlich sogar bereit sind, dafür zu töten.
    Ich verdränge diese Gedanken, blinzele und sehe dem Oberspion in die Augen.
    – Ich gehöre zur Society, Predo. Ich war draußen, jetzt bin ich wieder drin. Wenn Sie wissen wollen, was bei uns hinter verschlossenen Türen vorgeht, suchen Sie sich einen anderen. Ich bin nicht mehr Ihr Laufbursche und werde meine Leute nicht verraten. Sehen Sie, es gibt doch etwas, das mir nicht egal ist.
    Seine Augen weiten sich.
    – Um Himmelswillen, Pitt, hatten Sie etwa eine Erleuchtung? Vom Saulus zum Paulus? Verzeihen Sie meine Überraschung. Ich war der Meinung, Sie seien lediglich deshalb Sicherheitschef der Society, weil Terry Sie sonst nicht mehr auf seinem Gebiet duldet. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich von falschen Annahmen ausgegangen bin. Ich wollte natürlich zu keinem Zeitpunkt Ihre aufrichtige Hingabe an Ihr nobles Anliegen bezweifeln.
    – Nobles Anliegen am Arsch, Predo. Sagen Sie mir endlich, was Sie wollen.
    – Ah, das

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