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Das Blut Von Brooklyn

Das Blut Von Brooklyn

Titel: Das Blut Von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Wechselgeld.
    – Sind Sie okay?
    Ich schnappe mir die Tüte.
    – Geht schon.
    – Wohnen Sie hier in der Nähe?
    – Ja. In der Nähe.
    – Wenn Sie ein Taxi brauchen, einfach die Straße runter. Da finden Sie welche.
    – Danke.
    – Haste mal ’nen Cent, ’nen Dollar oder ’ne Million?
    Ich ziehe die Bierflasche aus der Tüte, zeige sie Chester und deute dann mit dem Kinn die Straße hinauf. Er folgt mir. Ich gebe ihm die Flasche und sehe zu, wie er sie aufschraubt und die Öffnung mit dem Ärmel des schmutzigen XXL-Pullovers abwischt, in dem sein dürrer Körper steckt. Dann setzt er sie an die Lippen und kippt sich etwa die Hälfte auf einen Sitz hinter die Binde.
    Ich leere eine der Budweiserdosen.
    Chester schwenkt den Rest des Biers in der Flasche.
    – Brauchste Crack?
    Ich nicke.
    Er wirft den Kopf in den Nacken und leert die Flasche, wobei sein Adamsapfel auf und ab hüpft. Dann wirft er die Flasche auf einen Müllhaufen unter einem verkümmerten Baum und geht auf eine Straßenecke zu.
    – Komm mit.
    Ich folge ihm in die Orange Street. Dort versetze ich ihm einen Schlag ins Genick, genau unterhalb der Schädelbasis. Sein Kopf wird nach vorne geschleudert. Er stolpert noch einen Schritt weiter, dann geben seine Beine unter ihm nach. Ich packe seinen Pullover, bevor er der Länge nach auf die Straße schlägt, zerre ihn zu einem Eisengatter, hebe ihn hoch und lasse ihn in den kleinen Friedhof dahinter fallen.
    Dann werfe ich die Plastiktüte durch die Eisenstäbe und klettere über das Gatter. Die Löcher in meinem Körper tun scheißweh. Ich packe Chester und die Tüte und schleppe beides zu einem dunklen Plätzchen unter einer Statue von jemandem, der irgendwann mal ziemlich wichtig war und jetzt einfach nur tot ist.
    Ich öffne ein Bier, nehme einen Schluck, stelle die Dose beiseite, ziehe das Küchenmesser aus der Tüte, reiße die Verpackung auf und befühle die geriffelte Schneide mit dem Daumen. Stumpf. Vielleicht gerade scharf genug, um Brot damit zu schneiden. Ich kremple Chesters Ärmel hoch, gieße etwas Bier auf sein Handgelenk und wische es mit den Papierservietten weg, die mir der Verkäufer in die Tüte gesteckt hat. Dann öffne ich das Nähset, fädle einen Faden ein und lege die Nadel in Reichweite ab.
    Mit dem Messer schneide ich schnell und tief in seine Haut. Zumindest dafür ist die Klinge scharf genug.
    Und schon ist mein Mund auf der Wunde. Chesters krankes, verseuchtes Blut fließt in meinen Magen, und sofort macht sich das Vyrus darüber her. Jetzt ist mir nicht mehr kalt, ich spüre meine Wunden nicht mehr, und die Haare auf meinem Bauch und meiner Brust richten sich auf. Ich rolle mit den Augen und muss fast lachen, wenn ich an das Nähset denke.
     
    Als ich fertig bin, ist er noch nicht völlig leer. Dabei habe ich es weiß Gott versucht. Doch nachdem ich zum dritten Mal Blut gewürgt habe, lasse ich seinen Arm fallen, suche nach Servietten, wische mir den Mund ab und wasche mir mein Gesicht mit Bier.
    Dann betrachte ich Chester. Er hat noch Blut in sich, aber es hat aufgehört zu fließen, weil sein Herz stehengeblieben ist, nachdem die ersten zwei Liter meine Kehle hinuntergeflossen waren.
    Ich hacke mit dem Messer auf seinen Arm ein. Es soll so aussehen, als hätte er an sich rumgeschnippelt. Die Cops werden mit den Schultern zucken, einen Junkieselbstmord vermuten und sich nicht weiter um den ganzen Scheiß kümmern. Ich wische den Messergriff ab und schließe seine Finger darum.
    Ich bleibe noch eine Weile hocken, trinke ein Bier, rauche und versuche mich zu erinnern, ob in dem Minisupermarkt eine Videokamera war. Wenn ja, sollte ich zurückgehen, mir vom Verkäufer den Rekorder zeigen lassen, die Bänder mitnehmen und ihn um die Ecke bringen. Aber ich glaube, da war keine Kamera.
    Ich sammle die leeren Dosen, Zigarettenkippen und das Nähset ein, stehe auf und werfe einen letzten Blick auf Chester. Trete ein paar Mal fest auf seinen Brustkorb, um noch etwas Blut aus der Wunde zu pumpen, damit die Cops zumindest eine kleine Lache im Gras vorfinden.
    Die ganze Szenerie sieht echt scheiße aus. Als hätte ein bescheuerter Amateur versucht, einen Mord zu vertuschen.
    Aber was geht’s mich an? Ich bin ein neuer Mensch.
    Die Löcher in meinem Körper haben sich geschlossen. Meine Wunden verheilen mit einem warmen Kribbeln. Ich kann jede noch so kleine Duftnuance der eiskalten Nacht riechen. Ich kann die vorher unsichtbaren Sterne erkennen. Ich höre die Zecken und Flöhe in

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