Das Blut Von Brooklyn
Beinmuskeln. Das Bein gibt nach, und er fällt hintenüber. Er schießt zweimal in die Decke, dann schlage ich ihm die Axt in den Bauch und zerre ihn die Treppe hinunter. Der Colt taucht vor meinem Gesicht auf, der Lauf kracht gegen meinen Wangenknochen, dann löst sich ein Schuss, und das Mündungsfeuer versengt mein Auge. Die Kugel zerschmettert den Treppenpfosten. Ich befreie die Axt, hole wieder aus, jage sie in seine Brust und ziehe ihn noch näher an mich ran. Ich starre in sein Gesicht. Jetzt weiß ich, was ich liebe und was ich dafür opfern werde, und es ist mir völlig egal, dass er ein weiteres Mal feuert und die Kugel meinen Hals aufreißt. Ich ziehe die Axt heraus und schlage wieder und wieder und wieder zu.
– Moishe.
Seine Frau steht am Ende der Treppe.
Ich bin über und über mit dem Blut ihres Mannes besudelt. Ich hebe die Waffe auf und erschieße sie.
Dann wickle ich mir den Schal des Rebbe um den Hals. Die Wunde wird warm, als das Vyrus das Blut gerinnen lässt. Mein linkes Auge ist von Brandblasen umrandet und blind. Ich setze mich auf die Stufen und rauche. Da die Kugel einen der dicken Halsmuskeln durchtrennt hat, durch die mein Kopf mit dem restlichen Körper verbunden ist, hängt er etwas schief.
Sobald ich fertig geraucht habe, mache ich mich an die Arbeit. Ich zerteile den Rebbe mit Gebein und mit allem in zwölf Teile.
Natürlich mache ich mir nicht die Mühe, die zwölf Teile durch die Gegend zu schicken. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die beschissene Botschaft auch so ankommt.
– Wo ist der Arsch?
Lydia nimmt mir das lange Messer ab, durchtrennt damit ihre Fußfesseln und setzt sich auf die Matratze in ihrer Kellerzelle.
– Wo ist der Arsch, der mich in eine Sexsklavin verwandeln wollte?
Ich zupfe an einem Hautfetzen, der an meinem blinden Auge hängt.
– Ich hab ihn erledigt.
Sie steht auf, schwankt und streckt die Hand aus, um sich an meiner Schulter abzustützen.
– Das will ich sehen.
Ich schnippe den Hautfetzen von den Fingern.
– Besser nicht.
Sie schaut mich an. Ich stehe schief auf meinem gesunden Bein, trage einen von Axlers Anzügen, der mir viel zu eng ist sowie meine klebrige Lederjacke. Meine anderen Klamotten habe ich liegen lassen. Inzwischen sind sie wohl mit dem Blut von halb Brooklyn durchtränkt.
Sie beißt die Zähne zusammen.
– Er hat’s verdient.
Ich huste Blut. Ich weiß nur nicht, wessen Blut.
– Zweifellos.
Sie blickt auf ihre Hand auf meiner Schulter und nimmt sie weg.
– Alles klar?
– Nein.
Sie nickt.
– Okay. Hauen wir ab.
Ich stoße mich von der Wand ab, und gemeinsam humpeln wir durch die Tür. Sie bleibt vor der Zelle gegenüber stehen.
Dann geht sie darauf zu.
Ich bleibe, wo ich bin.
– Lydia, wir müssen hier raus.
Sie sieht mich an.
– Ein Weilchen wirst du ja wohl noch durchhalten können.
Sie hält sich den Bauch.
– Scheißpfeile. Wer schießt denn heutzutage noch mit Pfeilen, Joe? Scheißwilde. Bei allem Respekt für indigene Kulturen, aber Pfeile sind einfach für Wilde. Diese Leute sind Wilde. Sie sind so abergläubisch wie Wilde. Sie behandeln Frauen wie Wilde. Und ich werde diese Frauen nicht zurücklassen, damit sie als Brutmaschinen für weitere Wilde dienen.
– Wenn du jetzt diese Tür öffnest und sie befreist, werden sie versuchen, dich umzubringen.
Ich stelle mich hinter sie.
– Lydia, du hast ihren Vater getötet.
Sie studiert das Schloss.
– Ein Grund mehr, sie nicht hier zurückzulassen, Joe. Und wenn es bedeutet, dass wir sie gefesselt und geknebelt hier raustragen müssen, dann tun wir das eben.
Sie sieht mich an.
– Hast du irgendwas, mit dem ich das Schloss aufmachen kann.
Ich reiche ihr die Axt.
– Versuch’s hiermit.
Sie schlägt damit auf das Schloss ein. Es springt auf, und sie öffnet die Tür. Licht fällt auf Vendetta und Harm, die von einem Wasserrohr baumeln, das knapp unterhalb der Decke verläuft. Ihre Kopftücher sind zu Schlingen gebunden, die um ihre geschwollenen Hälse gelegt sind.
Lydia starrt sie an.
Ich gehe zur Treppe, froh, dass sich das ausnahmsweise so schnell und unkompliziert erledigt hat.
– Keine Ahnung, wie sie das fertiggebracht haben.
Ich steuere den Caddy von Axlers Mama die Auffahrt zur Brücke hoch.
Sie reibt sich die Stirn.
– Das muss ja eine Ewigkeit gedauert haben.
Ich drücke auf den Zigarettenanzünder und stecke mir eine Kippe in den Mund.
– Das waren zähe kleine Biester. Sie wussten genau, was sie
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