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Das Blut Von Brooklyn

Das Blut Von Brooklyn

Titel: Das Blut Von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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nichts sehen.
    – Ich kann nichts sehen. Ich kann nichts sehen. Klar kannst du nichts sehen, verdammte Scheiße. Hier ist’s dunkler als im jungfräulichen Arsch einer Nonne. Halt mir die Scheißdinger einfach nur hin.
    Ich halte ihm die Packung hin.
    – Ohne Filter? Mann, was tust du dir an? Willst du dich umbringen?
    Er lacht gurgelnd.
    – War nur ein Witz, Kumpel. Ach, egal. Die sind prima. Die sind prima.
    Er rutscht herum.
    – Ich kann nichts sehen. Klar, klar. Vielleicht kann dem ja abgeholfen werden.
    Es folgt eine Lichtexplosion.
    Ich halte mir die Augen zu. Hinter meinen Lidern tanzt ein violettes Feuerwerk.
    – Hoppla. Hab ich dich erschreckt? Tut mir leid, Kumpel.
    Ich nehme die Hände vom Gesicht und öffne die Augen.
    Er sitzt mir gegenüber auf einer kleinen Backsteinmauer, vor einem trockenen Überlauftunnel. Direkt über dem Fluss aus Scheiße. Er hat spinnenähnliche Beine, eine Glatze und riesige Augen und ist blass bis zur Durchsichtigkeit. Er hält sein Gesicht in den Strahl der Taschenlampe und fletscht die Zähne.
    – Gollum.
    Wieder das gurgelnde Lachen.
    – Ein Witz, Kumpel. Noch ein Witz. Hab das mal in einem Buch gelesen. Ist der Brüller, Mann. Jedes Mal.
    Er steckt das durchnässte Zigarettenpäckchen in eine Tasche der Weste, die über seinem faltigen Oberkörper hängt, und lässt das Licht in einen der Tunnel fallen.
    – Komm mit, Kumpel. Aber diesmal trag ich dich nicht.
     
    Ich kauere in dem heißen Luftzug, der durch die Lamellen eines Entlüftungsschachts am unteren Ende einer Sicherheitstür bläst.
    – Ist dir kalt? Klar ist dir kalt. Ist scheißkalt hier unten, oder? Ich spür’s nicht mehr. Ich spür’s schon lange nicht mehr, Kumpel.
    Er fängt an, die Zigaretten vor dem heißen Wind zu drehen, um den Tabak zu trocknen.
    – Ja, gleich hab ich’s. Gleich ist es soweit.
    Ich rolle mich herum und strecke vor der Öffnung die Beine aus. Die Knochen in meinem kaputten Knie fügen sich langsam wieder zusammen. Wenn ich es bewege, höre ich, wie sie knirschen.
    Er zupft an meiner durchnässten Hose.
    – Wie kommst du denn zu dem Aufzug?
    – Der ist von einem Toten.
    Er kratzt sich im Genick. Das Licht über dem Kontrollraum spiegelt sich auf seiner blassen Haut.
    – Ich hab nicht gefragt von wem, sondern wie’s kommt. Wie kommt’s, dass du nicht Weiß trägst, Kumpel?
    Ich sehe seine eigenen Klamotten an. Er trägt eine dreckige, mit Taschen besetzte Weste und Malerhosen. Beides war irgendwann mal weiß, nehme ich an.
    Ich reibe mir das Knie.
    – Ich hab nie Weiß getragen.
    – Nie, ja?
    Sein Arm schießt hervor. Er legt einen Finger auf mein Kinn und dreht meinen Kopf zur Seite.
    Ich verziehe keine Miene.
    Er mustert mich eingehend.
    – Ja, aber du gehörst zur Enklave. So scheißunfreundlich wie du mich ansiehst, kann das gar nicht anders sein.
    Er lässt die Hand sinken.
    – Aber du wolltest nicht im Lagerhaus bleiben, stimmt’s, Kumpel?
    – Wollte ich nie.
    Er befühlt die Zigaretten.
    – Super, Kumpel. Ja, klar, echt super, Kumpel. Die ist soweit. Funktioniert das Ding?
    Er deutet auf das geöffnete Zippo, das neben den Zigaretten liegt.
    Ich hebe es auf und drehe am Rädchen. Funken sprühen, aber es erscheint keine Flamme.
    – Ist noch zu feucht.
    Er steckt die Finger in eine seiner Taschen und zieht ein Streichholzbriefchen heraus.
    – Scheißverschwendung. Aber im Moment geht’s nicht anders.
    Er reißt ein Streichholz aus dem Briefchen, zündet es an, hält die Flamme vor die dreckige, verbogene Zigarette in seinem Mund und inhaliert.
    – Genau das richtige, Schwester. Komm zu Papa.
    Er lässt das Streichholz fallen und hält den Rauch eine Sekunde in der Lunge, bevor er ausatmet.
    – Schmeckt nach Scheiße, aber das überrascht mich nicht, Kumpel. Nicht hier unten.
    Er bietet sie mir an, und ich nehme einen Zug. Er hat Recht, die Zigarette schmeckt nach Scheiße.
    Ich nehme noch einen Zug und gebe sie zurück.
    – Daniel ist heute Morgen in die Sonne gegangen.
    Seine Hand hält inne. Er nimmt die Zigarette entgegen und starrt darauf.
    – Hat er’s geschafft?
    – Scheiße, was glaubst du wohl?
    Er saugt den Rauch ein.
    – Ich glaube, dass er verbrannt und gestorben ist, aber ein bisschen Hoffnung darf man ja wohl noch haben, oder? Selbst hier unten gibt’s noch Hoffnung.
    Eine U-Bahn rauscht an der Nische vorbei, in der sich die Tür verbirgt. Ich kann die normalen Leute in dem Zug vorbeiflackern sehen.
    – Sie haben mich von der

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