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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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die Gebäude noch eine der Gassen weckten Hannos Erinnerung. Selbst der Dom schien ihm fremd. Auch das Haus, in dem er lebte, löste keine Empfindung in ihm aus. Erst als sie in den Innenhof traten und sein Blick die Fassade hochwanderte, regte sich etwas. Seine Augen blieben an einem Fenster hängen. „Ich habe das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein. Dort oben unter dem Dach könnte sich meine Kammer befinden, aber sicher bin ich mir nicht“, stellte er zögerlich fest und deutete auf eine Öffnung.
    „Gut, dann gehen wir jetzt zu deinem Dienstherrn. Bist du bereit?“, fragte der Graf und Hanno nickte.
    In diesem Augenblick öffnete sich eine Tür und ein Mann kam auf sie zugeeilt. „Welches Glück, du bist zurück! Und wie es aussieht weitgehend unbeschadet. Embricho ist in großer Sorge um dich. Geh am besten gleich zu ihm, er ist in seinem Arbeitszimmer.“
    Hanno stand trotz des freundlichen Empfangs etwas verloren herum. Da er nicht wusste, wer ihn da so freundlich willkommen geheißen hatte, tat er sich schwer. Umständlich stellte er seinen Begleiter vor. „Dies ist Graf Bolko von Cankor. Seinem Sohn Widukind verdanke ich mein Leben, ohne ihn wäre ich tot. Und hätte der Graf mich nicht in seinem Haus aufgenommen, wäre ich es ebenfalls. Versteh mich bitte nicht falsch, aber kannst du mir sagen, wer du bist?“
    Der Diener stutzte. „Sag nur, du kennst mich nicht mehr. Ich bin‘s doch, Waldemar.“
    „Verzeih, das muss dir seltsam vorkommen“, entschuldigte er sich und erklärte ihm dann, was mit ihm geschehen war. „Und nun zeig mir, wo das Arbeitszimmer ist“, bat er ihn noch.
    Waldemar ging kopfschüttelnd voran, denn er begriff nicht, dass jemand einfach alles vergessen konnte, selbst den eigenen Namen.
    Auch Embricho war erfreut und erleichtert, seinen besten Mann wiederzusehen. Mit ausgebreiteten Armen kam er auf ihn zu und klopfte ihm auf die Schulter. „Hab ich dich wieder! Ich wähnte dich schon unter den Toten und bin nun froh, dich unter den Lebenden zu finden. Gerade wollte ich Männer aussenden, damit sie nach dir suchen!“
    „Dies ist Bolko von Cankor, mein Gastgeber während derletzten Woche“, stellte Hanno den Grafen erneut vor, der vom Kämmerer nicht minder freundlich begrüßt wurde.
    „Wie ich sehe, hattest du Schwierigkeiten?“, stellte Embricho fest und deutete auf Hannos Arm.
    Noch einmal berichtete er von seinem Pech und seiner Rettung.
    „Redest du von Widukind von Battenheim, dem Steinmetz, der hier in der Dombauhütte arbeitet?“
    Hanno schaute Bolko hilfesuchend an, der sofort das Wort ergriff. „Genau jener. Er ist mein Sohn.“
    „Widukind ist der Sohn eines Grafen? Dann ist er ja ein Adliger! Das wusste ich bislang nicht. Wie ungewöhnlich!“, bemerkte er und wunderte sich, wie ihm das hatte entgehen können. „Wie kommt es, dass ein Adliger einen solchen Beruf ausübt?“
    Bolko räusperte sich. Eigentlich schuldete er dem Kämmerer keine Erklärung, trotzdem machte er keinen Hehl daraus, dass er die Wahl seines Sohnes ursprünglich missbilligt und wie Widukind sich gegen den väterlichen Willen durchgesetzt hatte.
    „Über deinen Sohn hört man nur Gutes. Auch wenn er kein Geistlicher wurde, dient er Gott auf andere Weise. Und dies tut er voller Hingabe. Demnach war es wohl eine weise Entscheidung, ihm seinen Willen zu lassen“, entgegnete Embricho zu Bolkos Erstaunen. „Und wie ich sehe, ist er nicht nur ein Künstler, sondern wurde auch zur Tapferkeit erzogen. Nicht jeder würde sein eigenes Leben riskieren, um das eines Fremden zu retten.“
    „Er hielt es eben für seine Christenpflicht“, erwiderte der Graf knapp.
    „Dem ist nichts hinzuzufügen. Kehrst du noch heute nach Hause zurück?“
    „Nein, erst morgen.“
    „Dann sei heute Nacht mein Gast.“
    „Deine Einladung nehme ich gern an. Aber jetzt muss ich meine Erledigungen machen. Mein Knecht erwartet mich.“
    „Dann bringe ihn heute Abend mit, er kann beim Gesinde unterkommen.“
    Nachdem Bolko gegangen war, fragte der Kämmerer Hanno aus: „Und nun erzähle mir der Reihe nach, was du in Erfahrung gebracht hast.“
    Hanno blickte beschämt zu Boden. „Herr, ich habe das nicht vorgetäuscht. Meine Erinnerung ist wirklich wie weggewischt. Selbst Waldemar und Ihr seid mir unbekannt, genauso wie auch Mainz. Das Schlimmste ist, dass ich mir selbst fremd bin. Hätte die Wache am Tor nicht meinen Namen gewusst, wäre ich als Adam vor den Stadtgrafen getreten. Diesen Namen gaben

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