Das Blut von Magenza
unserer Seite. Er gewährt uns Einlass, ohne dass wir kämpfen müssen. Jetzt können wir seinen Willen erfüllen. Ich versprach, die Stadt nicht mit Gewalt einzunehmen und der Allmächtige hat meinen Wunsch erhört. Wir rühmten seinen Namen und erhalten nun den gerechten Lohn. Ergreift eure Waffen und folgt mir zum Sitz des Bischofs. Dort werden wir vollenden, was der Herr begonnen hat. Lasst uns Mainz vom Antichrist befreien!“
„Herr, könnte das eine Falle sein?“, fragte einer zögerlich.
„Gott, der Herr, stellt seinen ergebenen Dienern keine Falle!“, rief er und machte sich auf.
Die Pilger blieben zögerlich, denn die Sache war ihnen noch immer nicht geheuer. Sie warteten, bis ihr Anführerdas Tor passiert hatte, und als er, ohne auf Widerstand zu stoßen, in die Stadt gelangte, brachen sie in Triumphgeschrei aus. Emich hatte die Wahrheit gesprochen, Gott war auf ihrer Seite.
„Wir ziehen hinunter zum Dom, lobpreist dabei den Herrn!“, forderte er sie auf und sie begannen zu singen.
Der Gesang erfüllte bald die ganze Stadt und ließ die Häuser erzittern. Als die Bürger den unendlichen Pilgerstrom sahen, der sich durch die Gassen wälzte, wussten sie, dass Mainz verloren war. Die Mutigen griffen zu den Waffen, um wie versprochen den Wachleuten des Bischofs und des Stadtgrafen beizustehen. Der Rest verschanzte sich. Die wenigen Juden, die im festen Vertrauen auf ihren Schöpfer keinen Schutz im Bischofspalast oder der Burg gesucht hatten, retteten sich zu einem Pfarrer oder in ein Gotteshaus. Kein Priester wagte es in dieser Stunde, ihnen seinen Schutz zu verweigern.
In der Stadt, Hoher Dom zu Mainz
Auch Conrad hörte die Menge anrücken. Sofort weckte er Isaac. „Ich muss zum Erzbischof. Er braucht mich jetzt. Du verlässt unter keinen Umständen dieses Zimmer. Öffne niemandem! Wenn die Gefahr vorüber ist, komme ich zu dir.“
Ruthard war inzwischen gewarnt und hatte sich mit einer Abordnung Soldaten unter der Führung Burckharts, Abt Manegolds, Friedberts mit den Mitgliedern des Domkapitels in den Dom geflüchtet, während seine restlichen Soldaten den Palast verteidigten. Auch Conrad und Friedbert waren bei ihm. Nur der Kämmerer hielt sich noch in seinem Anwesen auf. Nach ihm hatte der Erzbischof schickenlassen.
Trotz der verzweifelten Lage versuchte der Erzbischof Ruhe zu bewahren und Hoffnung zu verbreiten. „Noch ist nicht alles verloren. Ich will mit Emich verhandeln und biete ihm noch mehr Gold und auch Nahrung. Vielleicht bringt ihn das zur Einsicht.“
Conrad glaubte nicht, dass der Leininger auf dieses Angebot eingehen würde. Er wollte Ruthard zwar nicht den Mut nehmen, aber er sprach seine Bedenken offen aus. „Ich glaube nicht, dass ihn das überzeugt. Sie sind ohne zu kämpfen in die Stadt gelangt. Das bestärkt sie nur in ihrer Überzeugung, richtig zu handeln. Emich kann jetzt fordern, was immer ihm beliebt. Die Nahrungsspeicher sind zwar bewacht, aber wenn er die Stadt zur Plünderung freigibt, holen seine Truppen sich alles, was sie brauchen und wollen: Proviant, Geld und andere Schätze. Ihn selbst dürften diese weltlichen Güter kaum interessieren, das Einzige, was für ihn zählt, ist seine Mission. Ihr könnt ihn also nur über den Glauben zum Einlenken bringen. Doch bezweifle ich, dass er Einsicht zeigt.“
„Ich werde es dennoch wagen. Ich kann doch nicht einfach nichts tun! Conrad, dich kennt er. Deshalb bitte ich dich, suche ihn und überrede ihn zu einem Gespräch mit mir.“
„Ich werde es versuchen“, seufzte der Mönch und verließ bangen Herzens den Dom.
Der Platz vor dem Bischofspalast quoll inzwischen über vor Wallfahrern und Conrad hatte alle Mühe, sich durchzukämpfen. Schließlich entdeckte er den Gesuchten hoch zu Ross. Zufrieden schaute dieser über die Menge zu seinen Füßen. Als Emich den Mönch erblickte, grinste er hämisch. „Ich ahne, warum du gekommen bist!“
„Der Erzbischof erwartet dich im Dom. Er ist bereit zuverhandeln.“
„Was gibt es noch zu verhandeln? Ohne Gewaltanwendung kam ich herein, denn das Tor öffnete sich von selbst. Gott zeigte mir so, dass er auf unserer Seite steht, was mich in meinem Entschluss bestärkt.“
Conrad ging weniger von göttlicher Fügung als von menschlicher Mithilfe aus. Mainz war durch Verrat gefallen und das wusste dieser Mann für sich zu nutzen. Ein Blick in seine kalten Augen verriet Conrad, dass er sich nicht umstimmen lassen würde; Ruthard würde vergeblich auf ihn
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