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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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um sich abzutrocknen.
    Seinen Durst hatte er am Brunnen gestillt, aber vor seinem Erscheinen bei Gericht musste er noch etwas essen, denn er wusste nicht, wie lange die Verhandlung sich hinziehen würde. Auch wenn er keinen rechten Appetit hatte, griff er nach einem Apfel, der bereits zu schrumpeln begann. Mitwenigen Bissen hatte er ihn aufgegessen, kleidete sich dann vollständig an und verließ das Haus.
    Draußen fing er einen Knaben ab und drückte ihm eine Münze in die Hand. „Lauf zu Meister Archibald in die Dombauhütte und sag ihm, dass Widukind vor Gericht erscheinen muss und deshalb später kommt. Kannst du dir das merken?“
    „Ja“, entgegnete der Junge und rannte davon.
    Als er das Gebäude erreichte, in dem die Verhandlung stattfinden sollte, hatte sich bereits eine Menschenmenge davor versammelt. Sanne war auch schon da und winkte ihm zu. Sie wirkte deutlich weniger bekümmert als gestern Abend und Widukind nahm deshalb an, dass es Mathes dementsprechend gut ging. Er beneidete seinen Freund um seine gute Ehe. Sanne konnte manchmal ganz schön herrisch sein, aber sie war Mathes genauso zugetan wie er ihr. Für einen kurzen Augenblick flackerte eine ungestillte Sehnsucht in ihm auf und er wünschte sich ebenfalls ein Weib an seiner Seite. Schönheit war dabei keine unbedingte Voraussetzung – auch wenn sie kein Hindernis darstellte. Aber er wusste inzwischen nur zu gut, dass eine hübsche Fassade allein noch kein gutes Weib ausmachte. Dazu gehörten auch Eigenschaften wie Herzenswärme, Klugheit und Verständnis. Bisher war er allerdings nur wenigen Frauen begegnet, die all dies in sich vereinten, auch wenn es eine gab, an die er sein Herz verloren hatte. Aber für ihn blieb sie unerreichbar. Mit dem Seufzer des Bedauerns tat er die letzten Schritte auf Sanne zu.
    Im Gericht
    Sanne blieb kaum Zeit, um ein paar Worte mit Widukindzu wechseln, denn Gernot erschien kurz darauf und betrat das Gebäude. Die Menschen drängten hinter ihm her, da jeder sich den besten Platz sichern wollte, um freie Sicht auf den Schultheißen, die Zeugen und die Angeklagten zu haben. Erst der Amtsdiener gebot an der Tür zum Saal dem Geschiebe einigermaßen Einhalt.
    Widukind und Sanne ließen es gelassen angehen, denn als Zeugen würden sie ganz vorne zum Stehen kommen. Widukinds Blick wanderte über die Köpfe der Anwesenden und er bemerkte, dass jeder, der etwas auf sich hielt, gekommen war. Adlige, die Meister der Zünfte sowie etliche Kaufleute und Händler. Sie alle wollten wissen, welche Strafe den Fuhrleuten drohte, da viele von ihnen ihre Dienste in Anspruch nahmen. Sogar Griseldis erspähte er. Sie wollte sich das Spektakel wohl auch nicht entgehen lassen. Ihre Augen blieben auf Sanne haften und sofort verfinsterte sich ihre Miene. Widukind entging nicht, wie sie die Frau neben sich ansprach, während sie weiterhin in ihre Richtung schaute. Er vermutete, dass sie sich nach Sanne und womöglich auch nach ihm erkundigte. Lange dauerte diese Unterhaltung allerdings nicht, denn der Schultheiß trat ein.
    Auf sein Handzeichen wurden Jobst, Sixt und Endris hereingeführt. In ihren Fesseln wirkten sie recht kleinlaut. Die Nacht in Gewahrsam hatte sie anscheinend zur Vernunft gebracht. Jedenfalls war von ihrem großtuerischen Gehabe von gestern nichts mehr übrig. Mit hängenden Schultern und gesenkten Köpfen standen sie vor dem Richterpult.
    Sanne geriet bei ihrem Anblick in Rage und setzte zu einer Schimpftirade an, die jedem Waschweib zur Ehre gereicht hätte. „Wisst Ihr, dass Ihr meinen Mathes fast getötet hättet, Ihr dummköpfigen Schläger? Schande über Euch undEure Nachfahren! Mir wär am liebsten, ich müsste Euch nie wiedersehen und Ihr würdet im Kerker verrotten.“
    Gernots Kopf rötete sich. Er schlug mit der Faust auf den Tisch und unterbrach ihr Gezänk. „Schweig, sonst verhänge ich eine Strafe wegen unflätiger Rede über dich. Du hast hier gar nichts zu befinden. Der Einzige, der das tut, bin ich!“
    Sanne verstummte, während Gernots Ermahnung die Zuhörer zum Lachen brachte.
    Erneut fuhr seine Faust auf das Pult und er blickte erzürnt in die Menge. „Ich lasse den Saal leeren, wenn nicht sofort Ruhe einkehrt.“
    Das Gelächter erstarb schlagartig und Gernot begann mit seiner Ansprache. „Wir sind zusammengekommen, um über diese Männer zu urteilen. Ihre Tat ist verabscheuenswürdig, aber mein Spruch wird weder durch ein zänkisches Weib noch durch ein gröhlendes Publikum beeinflusst. Er

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