Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
Vom Netzwerk:
war anscheinend nicht dafür gemacht, Kinder zu gebären. Aber solange sie sich gegenseitig hatten, mangelte es ihnen an nichts.
    Sanne kehrte zurück, setzte sich zu ihm, schlug die Decke beiseite und löste den Verband. „Versprich, dass du nie wieder so etwas Dummes tust. Lass diese Hohlköpfe in Zukunft reden, was sie wollen, und hör einfach nicht hin. Wir wissen, was wir aneinander haben und der Rest der Welt kann uns egal sein. Ich will noch nicht zur Witwe werden.“
    „Ich verspreche es dir, auch wenn es mir schwerfällt. Au, ist das kalt!“, beklagte er sich mit Jammermiene, als sie die Wunde abtupfte.
    „Hab dich nicht so. Sie sieht übrigens gut aus. Kein bisschen gerötet und die Kruste ist fest. So, fertig“, meinte sie und küsste ihn auf die Nasenspitze. „Ich mache uns eine kleine Mahlzeit, dann muss ich ins Gericht. Gernot erwartet meine Zeugenaussage.“
    Der Ofen hatte inzwischen die richtige Temperatur und sie kochte ihm den Tee aus Weidenrinde, falls er während ihrer Abwesenheit Schmerzen bekommen sollte. Da er bitter war, süßte sie ihn mit Honig. Dann wärmte sie Milch und verrührte ein paar Eier, die sie in einer schweren, gusseisernen Pfanne gemeinsam mit zwei Scheiben Speck anbriet. Normalerweise gab es den Speck nur zu bestimmten Anlässen und schon gar nicht an Wochentagen während der Fastenzeit, aber Mathes musste zu wieder Kräften kommen. Sie schnitt auch noch drei Scheiben Brot ab, zwei fürihren Mann und eine für sich. Dann füllte sie ihre Becher mit Milch, stellte sie auf ein Holzbrett und trug alles nach oben.
    „Nach der Verhandlung muss ich noch auf den Markt. Es dauert also, bis ich nach Hause komme. Ich werde Arnulfs Frau Berta bitten, dass sie sich um dich kümmert.“
    „Dieses neugierige Weib! Muss das sein? Ich komme gut allein zurecht“, versuchte Mathes Sanne umzustimmen.
    Doch sie ließ sich nicht erweichen. „Und wer lässt den Arzt herein? Er wollte heute Morgen nach dir sehen. Ich gebe ihr Beschäftigung in der Küche. Sie kann Gemüse putzen. Sie ist zwar nicht die freundlichste, dafür aber zuverlässig. Bei ihr weiß ich, dass noch alles an seinem Platz ist, wenn ich zurückkomme. Und nun schlaf noch ein bisschen.“ Sie strich ihm liebevoll über den Kopf.
    Haus von Widukind
    Widukind erwachte mit hämmernden Kopfschmerzen, die weniger auf das Bier als vielmehr auf die Auseinandersetzung mit Jobst zurückzuführen waren. Am liebsten wäre er liegen geblieben, doch den Schultheiß ließ man nicht warten. Zudem pochte die Wunde und er löste den Verband um zu prüfen, ob sie sich entzündet hatte. Aber alles schien in Ordnung. Er behandelte sie so, wie Ibrahim es ihm aufgetragen hatte, und verband den Arm wieder. Danach schlüpfte er in seine Beinkleider und ging schwerfällig durch die Hintertür ins Freie.
    Widukinds Haus lag an der Grenze zum Judenviertel und bildete mit den Häusern seiner Nachbarn ein Rechteck, das sich um einen Hof samt Brunnen gruppierte. Auf der einen Seite wohnten Thomas und Friedrich, seine christlichenNachbarn, auf der anderen David bar Natanael, Samuel bar Natanael und Immanuel bar Simson. An den Längsseiten führte je ein Hoftor auf eine Gasse. Neben diesen befanden sich die Latrinen, von denen eine die Juden, die andere die Christen benutzten. Letztere suchte Widukind jetzt auf, um sich zu erleichtern.
    Brunnen und Latrinen stellten einen nicht zu unterschätzenden Komfort dar, über den nicht viele Gebäude in Mainz verfügten. Er war froh, dass das kleine Haus ihm gehörte. Sein früherer Besitzer war kurz vor Widukinds Rückkehr gestorben, und da niemand Ansprüche darauf erhob, hatte er es bekommen. Auch mit seinen Nachbarn kam er gut aus. Ihn störte es nicht, dass es Juden waren, die neben ihm wohnten, für ihn gehörten sie zur Mainzer Bürgerschaft wie alle anderen auch. Aber nicht jeder teilte seine Ansicht. Manche begegneten ihnen mit Zurückhaltung, denn ihre Lebensweise befremdete sie. Das konnte an ihren vielen Regeln liegen, die sie strikt einhielten, oder auch daran, dass sowohl jüdische Männer wie auch Frauen lesen, schreiben und rechnen konnten, was unter den Christen keinesfalls üblich war.
    Am Brunnen schüttete sich Widukind Wasser über Kopf und Rumpf, wobei er darauf achtete, seinen Verband nicht zu benetzen. Das Wasser war eiskalt und stach wie Eisnadeln, aber es milderte die Kopfschmerzen und er gönnte sich noch einen zweiten Guss. Danach fühlte er sich besser und ging in sein Haus zurück,

Weitere Kostenlose Bücher