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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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trinken, bis der Becher halb geleert war. Plötzlich zuckten seine Lider und er öffnete die Augen, die von einem durchdringenden Blau waren. Die geweiteten Pupillen erweckten den Eindruck, als schauten sie an ihr vorbei in die Unendlichkeit. Erschrocken wich Yrmengardis zurück. Er reagierte aber nicht auf sie, sondern schloss die Augen wieder. Sie hoffte, dass er sie nicht wahrgenommen hatte, und ging so leise, wie sie gekommen war. Sie musste zurück, bevor ihr Fehlen Anlass zu Mutmaßungen gab. Bei Tisch gelang es ihr nicht, sich auf die Gespräche zu konzentrieren, denn in Gedanken kehrte sie immer wieder zu dem Fremden zurück. Dabei sprang ihr Herz wild auf und ab wie ein Sperling beim Sandbaden und sie spürte ein unbekanntes, aber wohliges Kribbeln im Bauch.
    Mainz
    Wolff erreichte die Stadt in dem Glauben, dass ihm niemand mehr gefährlich werden konnte. Hartwig war genauso tot wie der Unbekannte, der sich nach dem ermordeten Mönch erkundigt hatte. Zunächst suchte er sich eine geeignete Unterkunft und fand einen Gasthof, der zwar nicht direkt im Zentrum der Stadt lag, aber auch nicht allzu weit davon entfernt. Der Preis für das Zimmer schien ihm angemessen, und um sich das Wohlwollen seiner Wirtsleute zu sichern, zahlte er für eine Woche im Voraus.
    Er lud sein Gepäck ab und streckte sich auf seinem Bett aus um zu überlegen, wie er weiter vorgehen sollte. Nunbrauchte er einen Plan und je durchdachter dieser war, umso schneller gelangte er ans Ziel. Zunächst würde er alles aus Hartwigs Besitz zu Geld machen, damit ihn nichts mit seinem ehemaligen Kumpan in Verbindung brachte. Für das Pferd und den Schmuck ließ sich gewiss eine hübsche Summe erzielen, die ihm über die nächsten Tage half.
    Dann ging er in Gedanken die Namen auf der Notiz von Bruder Anselm durch. Die drei erwähnten Personen mussten in irgendeiner Beziehung zueinander stehen. Doch welche war das? An erster Stelle stand Erzbischof Ruthard. Er war unterstrichen, wahrscheinlich um seine Bedeutung hervorzuheben. Deshalb beschloss Wolff, mit ihm zu beginnen. Gleich morgen früh wollte er seine Spur aufnehmen, dazu musste er aber erst in Erfahrung bringen, wie der mächtigste Mann von Mainz aussah. Am einfachsten ginge das, wenn er eine Messe besuchte, die der Bischof las.
    Als er seine Unterkunft verließ, war es bereits dunkel. Dennoch wollte er sich mit seiner neuen Umgebung vertraut machen und ging deshalb Richtung Dombezirk. Wolff überquerte den Speismarkt, der während der Feiertage verwaist war. Vor der Liebfrauenkirche bog er ab, um den Dom zu umrunden, und stieß schließlich auf eine Gasse, in der ein Bach floss. Hier war es dunkel und klamm, und da Wolff keine Lust verspürte weiterzugehen, machte er kehrt. Für heute hatte er genug gesehen. Jetzt zog es ihn in eine Schenke; das war immer ein geeigneter Ort, um Neuigkeiten zu erfahren. Nirgends wurde ungehemmter gesprochen und wilder gemutmaßt als bei einem Krug Bier oder einem Becher Wein und nirgends waren Nachrichten frischer und Klatsch boshafter als dort.
    Ihm war aufgefallen, dass ihm bei seinem Streifzug niemand sonderliche Beachtung schenkte, im Gegenteil, erwurde kaum eines Blickes gewürdigt. Er fragte sich, warum er nicht schon früher auf den Gedanken gekommen war, in eine große Stadt zu flüchten anstatt durch entlegene Dörfer zu streichen, wo jeder Neuankömmling neugierig beäugt wurde. In Mainz, das ein wichtiger Anlaufpunkt für Reisende und Händler war, die aus allen Richtungen des Reiches hierherkamen, fielen Fremde – egal wie exotisch sie auch aussehen mochten – erheblich weniger auf.
    Sein Weg endete am Wirtshaus Zum wilden Eber. Aus der Gaststube ertönten herzhaftes Lachen und laute Stimmen, die ihn anlockten. Auch hier blickte kaum einer auf, als er eintrat, sich einen Krug Bier holte und einen Platz suchte, von dem aus er eine gute Übersicht hatte. Mit dem Rücken zur Wand und dem Gesicht zur Tür ließ er sich in einer Ecke nieder. Wenig später gesellten sich zwei junge Burschen zu ihm und sie kamen ins Gespräch.
    „Dich hab ich hier noch nie gesehen“, stellte einer fest.
    „Ich mache auch nur kurz Station. In ein paar Tagen geht´s weiter nach Köln.“
    „Da wollt’ ich auch schon immer einmal hin“, sagte der eine verträumt.
    „Darauf wirst du wohl noch lange warten müssen“, entgegnete ihm sein Freund.
    „Was treibt ihr so?“, erkundigte sich Wolff, um nicht unhöflich zu erscheinen.
    „Wir sind Müllergesellen.

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