Das Blut von Magenza
die Knie.
„Nicht doch! Erhebe dich! Du musst dich nicht entschuldigen. Hätte ich dich nicht aufgefangen, wärst du hingefallen. Wäre dir das lieber gewesen?“
Griseldis schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Wisst Ihr, ich wohne noch nicht lange in Mainz und habe mich verirrt. Eigentlich wollte ich zu Dithmar, dem Sohn von Bertolf, als diese ...“, sie verkniff sich gerade noch rechtzeitig ein Schimpfwort, „diese beiden Kerle mich bedrängten. So etwas habe ich noch nie erlebt.“
„Du solltest nicht ohne Begleitung ausgehen. Schon gar nicht an St. Stephanus.“
„Das tue ich normalerweise auch nicht, sonst habe ich immer meinen Diener Bertram bei mir. Aber er wurde heute Morgen krank und so musste ich mich allein aufmachen.“
„Ich begleite dich das letzte Stück. Das Haus des Tuchmachers liegt auf meinem Weg. Wir warten nur, bis meine Soldaten wieder hier sind“, erbot sich der Erzbischof.
„Eure Wache kam gerade noch zur rechten Zeit. Die Absichten der Kerle waren unredlich. Einer von ihnen hob gerade mein Gewand an, als sie Eure Männer kommen hörten. Ich bin Euch wirklich zu großem Dank verpflichtet. Niemand hat auf meine Hilferufe reagiert, obwohl hier so viele Häuser stehen“, stellte sie ernüchtert fest und schaute sich um.
„Das ist wirklich seltsam“, bestätigte Ruthard und geriet darüber ins Grübeln.
Kurz darauf kehrten Burckhart und sein Begleiter außer Atem zurück. „Herr, wir haben die Übeltäter nicht dingfestmachen können. Als wir durch den Bogen kamen, war keiner zu sehen. Obwohl wir alles absuchten, fanden wir niemanden“, entschuldigte sich der Hauptmann.
„Nun, dann müssen wir es wohl dabei belassen“, stellte der Erzbischof fest. „Wie sahen die Männer aus?“, fragte er Griseldis.
Sie zögerte kurz und kräuselte ihre hübsche Stirn. „Ich war so erschrocken, dass ich vor lauter Aufregung nicht auf ihr Gesichter achtete, aber ich würde sie als gewöhnlich beschreiben, mittelgroß, weder dünn, noch dick.“
Ruthard gab sich mit dieser dürren Antwort zufrieden. „Jetzt lasst uns gehen. Weder Dithmar noch der Kämmerer sollen länger auf uns warten. Erst bringen wir Griseldis zum Haus von Bertolf“, sagte er zu seiner Eskorte, die den entsprechenden Weg einschlug.
Burckhart grübelte im Gehen. Ihm erschien der ganze Vorfall seltsam. Er musterte Griseldis verstohlen und bemerkte ein zufriedenes Funkeln in ihren Augen, was ihn befremdete. Auch ihr federnder Schritt und die leichte Art, in der sie plauderte, machten ihn nachdenklich. Jeder Anflug von Ängstlichkeit war wie weggewischt und ihr unbeschwertes Verhalten passte nicht zu einer Frau, die gerade überfallen worden war. Aber er behielt seine Ansicht lieber für sich, denn Kritik stand ihm nicht zu.
Als sie am Haus des Tuchmachers ankamen, verabschiedete sich Ruthard. Griseldis bedankte sich nochmals und schenkte ihm ein großzügiges Lächeln. Burckhart kam es so vor, als läge darin eine gewisse Genugtuung. Aber er konnte sich auch täuschen. Ruthard wartete, bis sie unter sich waren und fragte dann seinen Hauptmann nach seiner Meinung. „Was hältst du von der ganzen Angelegenheit?“
„Ich bin mir unsicher“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Alswir die Stelle erreichten, war außer ihr niemand da. Sie deutete auf den Durchgang und stammelte etwas von zwei Männern, die sie bedrängt hätten und durch den Bogen geflüchtet seien. Ihre Kleidung war etwas in Unordnung und sie schien erregt. Wir sind weitergelaufen, damit sie uns nicht entwischten, fanden sie aber nicht.“
Ruthard schürzte nachdenklich die Lippen. Es gab keinen Beweis, dass Griseldis die Wahrheit gesagt hatte, aber es gab auch keinen Grund sie anzuzweifeln. Dennoch fragte er sich, ob es diesen Übergriff tatsächlich gegeben hatte oder ob alles nur inszeniert gewesen war. Aber warum sollte sie ihm etwas vorspielen, und vor allem, was könnte sie damit bezwecken? Er kam zu keinem eindeutigen Ergebnis und beschloss deshalb, ihre Geschichte zu glauben.
Haus des Tuchmachers
Der ansonsten so ausgeglichene Tuchmachersohn empfing Griseldis mit hochrotem Kopf. Sie bemerkte seine Verstimmung und bezog sie auf sich. „Bist du über meine Verspätung verärgert?“
„Nein, dir bin ich nicht böse, aber meinem Vater. Manchmal benimmt er sich wie ein sturer Esel“, stieß er ungehalten hervor, wobei er sich keine Mühe gab, seine Stimme zu senken.
„Pst, so etwas sagt man nicht!“, ermahnte sie ihn.
„Er
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