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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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getrunken. Warst du hier und hast mir davon gegeben?“
    Yrmengardis errötete, ihr kurzer Besuch war also nicht unbemerkt geblieben. „Verrate mich bitte nicht. Ich war neugierig, wen mein Bruder Widukind gerettet hat, und schlich mich in deine Kammer. Mein Vater darf es nicht erfahren, er ist recht streng.“
    „Meine Lippen sind versiegelt, aber kannst du mir nicht endlich erzählen, wieso ich hier bin?“
    Yrmengardis rückte den Stuhl näher ans Bett. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und Agnes kam herein. In der einen Hand trug sie eine Kerze, in der anderen ein Kleidungsstück und eine zweite Decke.
    „Zieh das über“, sagte sie und half ihm hinein.
    Dann breitete sie die zusätzliche Decke aus. Hanno konnte inzwischen etwas deutlicher sehen, auch wenn es ihn anstrengte. Agnes war untersetzt und im fortgeschrittenen Alter. Ihr Haar war zu einem Kranz geflochten, der dicht an ihrem Kopf lag. Yrmengardis erschien ihm dagegen zart wie eine Blume. Da sie keinen Schleier trug, war sie wohl noch unvermählt.
    „Während du ihm alles erklärst, hol’ ich ihm etwas Brühe“, meinte Agnes und verschwand wieder.
    Hanno hörte ihr aufmerksam zu und schüttelte ungläubig den Kopf, als sie fertig war. „Ich verdanke deinem Bruder mein Leben. Wie kam ich überhaupt in diese Lage?“, überlegte er laut.
    „Dir fehlt jede Erinnerung daran?“
    „Ja, in meinem Kopf herrscht Leere“, stellte er mitzunehmendem Entsetzen fest.
    „Erinnerst du dich wenigstens, woher du kamst oder wohin du wolltest?“
    Er dachte kurz nach. „Nein, auch das weiß ich nicht mehr.“
    Agnes brachte ihm eine Schale mit dampfender Brühe und stellte sie auf dem Tisch ab.
    „Warte mit dem Trinken. Sie ist noch zu heiß. Wie heißt du übrigens?“
    Auf Hannos Gesicht malte sich Bestürzung. „Auch das ist mir entfallen.“
    „Jeder Mensch hat einen Namen!“, ereiferte sie sich.
    „Aber ich hab meinen nun mal vergessen“, verteidigte er sich.
    „Wird wohl von den Schlägen auf den Kopf herrühren“, bemerkte sie nüchtern. „Irgendwann kehrt die Erinnerung gewiss zurück. Aber bis dahin brauchst du einen Namen. Wie sollen wir dich rufen?“
    „Keine Ahnung! Nennt mich wie ihr wollt“, meinte er gequält.
    Sofort entbrannte zwischen den Frauen ein Disput.
    „Wie wäre es mit Dagobert?“, schlug Yrmengardis vor.
    „Also wie ein Dagobert sieht er ja nun nicht gerade aus“, widersprach Agnes energisch. „Eher wie ein Goswin.“
    „Goswin klingt grässlich“, wehrte sich Yrmengardis.
    „Was hältst du dann von Martin?“
    „Nein, wie ein Heiliger erscheint er mir nun auch nicht gerade“, entfuhr es Yrmengardis.
    Na, da hab ich ja nicht gerade Eindruck gemacht, schoss es Hanno durch den Kopf.
    „Wie sieht denn deiner Meinung nach ein Heiliger aus? Trägt er einen für jeden sichtbaren Heiligenschein?“,frotzelte Agnes.
    „Natürlich nicht! Aber ich stelle mir Heilige irgendwie entrückter vor. Und er wirkt doch eher bodenständig.“
    Immerhin hält sie mich nicht für einen verklärten Träumer, sondern für tatkräftig, dachte Hanno beruhigt.
    Agnes rollte nur die Augen. „Mein liebes Kind, du und deine eigenwilligen Ansichten. Warum nennen wir ihn nicht einfach nach dem ersten Menschen: Adam“, bestimmte sie.
    „Gut, damit bin ich einverstanden“, segnete Yrmengardis den Vorschlag ab.
    Hanno fügte sich ohne Widerworte, denn trotz seines Gedächtnisverlustes sah er ein, dass ein Veto sowieso keinen Zweck gehabt hätte. Außerdem war er zu schwach, um zu disputieren und er wollte auch Yrmengardis nicht verärgern. Wenn sie ihn Adam rufen wollte, sollte sie das tun. Aus ihrem Mund klang jeder Name schön. Letztendlich war es egal, wie er hieß, Hauptsache er wurde gesund und bekam seine Erinnerung zurück. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er ein Mann ohne Aufgabe und Ziel war, und diese Tatsache beunruhigte ihn extrem.
    „Habe ich irgendwelches Gepäck bei mir gehabt?“, fragte er.
    „Dein Bündel liegt da drüben“, antwortete Agnes.
    „Kannst du es mir bitte holen, damit ich es mir anschauen kann?“, bat er sie.
    „Gern, aber du wirst nichts Aufschlussreiches finden! Der Hausherr hat es sich schon angesehen, da er wissen wollte, wen er beherbergt. Aber es ist nichts Brauchbares darunter. Zumindest nichts, was dir verraten könnte, wer du bist“, stellte sie mit leichtem Argwohn fest. „Aber wenigstens scheinst du kein armer Mann zu sein. In deiner Börse sind drei Pfennig und zwei

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