Das Blutband: Der 11. Handyman Jack Thriller (German Edition)
Nervensystem übernimmt.«
Mit einem plötzlichen Anflug von Trauer dachte Jack an seine Schwester Kate.
»Und, weitere Träume?«
Winslow grinste: »Massenhaft. Letzten Sommer hatte ich einen Traum über ein Spukhaus. Wahrscheinlich wird das mein nächstes Buch.«
Das war pervers – die Träume von diesem Kerl spiegelten Jacks Leben wieder. Er fragte sich, ob einige davon auch in der Zukunft spielten.
»Was war Ihr letzter Albtraum?«
Winslow lächelte und blinzelte ihm verschwörerisch zu. »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Geschäftsgeheimnis.«
Jack kämpfte gegen den Drang an, über den Tisch zu greifen, ihn an seinem dürren Hals zu packen und zu schütteln.
»Nur ein grober Hinweis?«
»Alles, was ich sagen kann, ist, dass es um ein gestohlenes Buch und eine Strichmännchenfigur wie dieses Kickmännchen geht, das man jetzt überall sieht. Das entwickelt sich noch. Ich weiß noch nicht, ob ich das wirklich gebrauchen kann.«
Das reichte Jack jetzt. So schräg das auch alles war, es half ihm nicht weiter. Und er wollte weg von diesem Typen mit seinen verstörenden Träumen. Irgendwie, auf eine merkwürdige Weise, waren er und Winslow miteinander verbunden. Warum? War das irgendein kosmischer Fehler? Oder hatte das etwas zu bedeuten? Er wusste es nicht. Vielleicht würde er es auch nie erfahren. Aber so oder so gefiel es ihm kein bisschen. Er wollte niemanden, der einen Einblick in sein Leben hatte, sah aber nicht, wie er das unterbinden könnte.
Wer weiß? Vielleicht würde sich Winslow eines Tages noch als ganz nützlich erweisen.
Er gab Sally ein Zeichen zum Zahlen und machte sich über den Lachs her.
»Die Rechnung geht auf mich«, sagte er.
Winslow sah auf. »Wollen Sie denn nichts über meine Kindheit wissen?«
»Warum sollte ich …?«
»Weil man von jedem, der unheimliche Sachen schreibt, erwartet, dass er irgendwelche Kindheitstraumata verarbeitet.«
»Na gut, dann beiße ich auch an: Was war Ihres?«
Er lächelte. »Da gibt es nichts. Ich hatte eine völlig normale Kindheit.«
»So wie ich auch.«
»Ja, aber niemand hält Sie für seltsam.«
Jack sagte nichts dazu.
3.
Jack kam gegen drei Uhr Auf der Arbeit an und besah sich die Zapfhähne hinter dem Tresen: Coors, Coors Light, Budweiser und Bud Light. Deprimierend. Das galt gewissermaßen auch für Auf der Arbeit im Ganzen. Dunkle Paneele, Sitznischen an den Wänden, ein paar vereinzelte Tische und im besser beleuchteten hinteren Teil Billardtische.
Als Christy mit ihm gestern den Queens Boulevard entlanggefahren war, hatte sie ihm den Laden gezeigt, sich über den Namen mokiert und erzählt, dass Bethlehem hier die meisten Nachmittage verbrachte.
Weil er wie ein richtiger Loser wirken wollte, bestellte er sich ein frisch Gezapftes vom kleinsten der vier Übel bei der blondierten Barfrau und trug das Coors zu einem der nächsten Tische.
Er zog das neueste PSP-Modell aus seinem Rucksack und begann, die gerade erst erschienene 3-D-Version von DNA-Wars zu spielen. Wenn Bolton auch nur halb so sehr auf Spiele abfuhr, wie Levy behauptet hatte, dann könnte er an einem Kerl interessiert sein, der eine 3-D-Brille trug, während er an seiner Playstation daddelte. Interessiert genug, um zu ihm herüberzukommen und sich das anzusehen.
Jack wollte, dass er auf ihn zukam. Wenn Jack in den Laden käme und an der Bar ein Gespräch mit ihm anfangen würde, würde er vielleicht misstrauisch werden. Aber wenn Bolton den ersten Schritt tat …
Nach 40 Minuten und zwei ganz langsam geschlürften Bieren, begann Jack zu glauben, er habe seine Zeit verschwendet. Vielleicht hatte Bolton sich überlegt, heute mal nicht Auf der Arbeit zu erscheinen, weil er vielleicht gerade lieber jemanden, na ja, zum Beispiel ertränken wollte.
Wenigstens war das Spiel interessant und eine Herausforderung für ihn – es spielte sich anders und sah auch anders aus als die Konsolenversion – und so verging die Zeit wie im Fluge.
Und dann kam Jeremy Bolton herein – »schlenderte« war wohl der bessere Ausdruck. Er trug eine Jeansweste, verblichene Jeans und hellbraune Cowboystiefel. Wenn man sich jetzt noch einen schwarzen Stetson hinzudachte, ginge er als Kevin Kline in Silverado durch.
Jack beäugte ihn über den Rand seiner 3-D-Brille hinweg. Bis jetzt hatte er ihn nur auf Fotos und aus weiter Entfernung durch eine Windschutzscheibe und über einen Parkplatz hinweg gesehen. Nichts davon hatte ihm das Charisma des Mannes vermittelt. Das hier war ein Mann, der
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