Das Blutband: Der 11. Handyman Jack Thriller (German Edition)
Wochenende.
»Nun«, sagte Jack und sah sich um. »Das ist ja ein lauschiges Plätzchen.«
»Ich arbeite für argwöhnische Leute. Jetzt verraten Sie mir, wo Sie von …?«
Jack schüttelte den Kopf: »Äh-äh. Sie zuerst, wissen Sie noch?«
Levy seufzte: »Wie Sie wünschen …«
Wie Sie wünschen? Wer benutzte denn so einen Ausdruck?
»Eines der Ergebnisse des menschlichen Genomprojektes war die Erkenntnis, wie viel – 98 bis 99 Prozent – unserer DNA gar nicht für die Erbinformationen kodiert sind. Mit anderen Worten: Müll. Oder wenigstens sieht es wie Müll aus. Und weil wir keine sinnvolle Funktion finden, der sie dient, nennen wir sie auch so: Junk-DNA. Aber das bedeutet nicht, dass sie nie eine Funktion hatte. Die meisten von uns glauben, dass es sich in erster Linie um die Überreste von Viren und evolutionären Prozessen handelt.«
Jack war enttäuscht. Von Junk-DNA hatte er bereits gehört. Aber Levy schien zu sehr auf anDNA fixiert, als dass das Müll sein könnte.
»Ich glaube Ihnen nicht, dass anDNA einfach nur Müll ist.«
»Sie ist es und ist es auch wieder nicht. Einige Junk-DNA ist anDNA, aber nicht alle anDNA ist Müll.«
»Danke, dass Sie das klargestellt haben.«
»Ich weiß, es ist verwirrend. Lassen Sie mich zurück an den Anfang gehen. Damals in den 80ern arbeitete ich an einem vom Gesundheitsministerium geförderten Projekt, das sich damit befasste, genetische Merkmale für ›sozialfeindliches‹ Verhalten zu identifizieren. Das lief alles sehr geheim ab, weil die Sache so kontrovers war.«
»Was ist daran so kontrovers?«
»Das ist Politik, mein Junge. Reine Politik. Einige Konferenzen, die das Gesundheitsministerium zu dem Thema abhalten wollte, wurden aufgrund von Protesten abgesagt. Die haben alle Angst: Falls diese Merkmale identifiziert und zweifelsfrei nachgewiesen werden können, wie setzt man diese Information dann ein? Die Gespenster der Eugenik-Debatte und des Holocausts kommen dann wieder hoch und niemand will sich daran die Finger verbrennen. Und dann sind da noch die religiösen Fanatiker: Es ist die Erbsünde, nicht die gottgegebene DNA, die den Menschen dazu bringt, die Gebote zu verletzen.«
»Die guten alten Kreationisten, die jedes Wissen unterdrücken wollen, wann immer es sein ekliges Haupt erhebt.«
»In den letzten Jahren haben sie den Kreationismus mit pseudowissenschaftlichem Unsinn aufgepeppt und versuchen ihn jetzt als ›Intelligent Design‹ als Lehrstoff für die Schulen durchzudrücken, aber es bleibt immer noch Kreationismus.« Er schnaubte verächtlich. »Intelligent Design! Das ist lächerlich. Man muss sich doch nur die Meeressäuger ansehen – Kreaturen, die in einem Umfeld leben, fressen und sich vermehren müssen, in dem sie nicht einmal atmen können.«
Jack nickte. »Ja, wenn das von Intelligenz geleitete Schöpfung ist, dann ist Gott wohl eine Blondine.«
Levy lachte. »Genau. Und hat sich irgendjemand, der die Theorie von Intelligent Design vertritt, jemals das menschliche Genom angesehen? Das ist ein Chaos – das reine Chaos.«
»Aber irgendwie funktioniert es doch trotzdem.«
»Das tut es, aber dazu benutzt es nur etwa zwei Prozent von dem, was da ist. Damals hatten wir das Genom noch nicht kartografiert. Das Humangenomprojekt war da noch nur ein schöner Traum. Aber ich habe wiederauftretende Merkmale in der DNA von bestimmten Gewalttätern gefunden. Nicht bei allen, aber es reichte aus, um die weitere Finanzierung sicherzustellen. Mithilfe eines abgewandelten Fluoreszenztests, den Julia Vecca entwickelt hatte, war ich in der Lage, Nukleotide zu kennzeichnen und so das Vorkommen dieser DNA-Abweichung nachzuweisen.
Sobald wir das hatten, brauchten wir eine kriminelle Referenzgruppe für empirische Tests. Wir haben Tests in allen Landesgefängnissen durchgeführt, und wer die höchsten Werte erzielte, wurde in die Creighton-Anstalt verlegt, wo diese Abweichung erforscht wurde.«
»Waren die alle gewalttätig?«
»Die mit den höchsten Werten, ja, obwohl wir da auch ein paar Wirtschaftskriminelle hatten. Aber nur weil die wegen Verbrechen verurteilt worden waren, bei denen es nicht zu Gewaltanwendung gekommen war, bedeutete das ja nicht, dass sie nicht gewalttätig waren. Wir wussten ja nicht, wie die ihre Frauen, ihre Kinder oder den Hund der Familie behandelten.«
»Die verkappten Sadisten.«
»Genau. Aber mit dem exponentiell zunehmenden Wissen und den besseren Untersuchungsmethoden in den späten 90ern und Anfang des
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