Das Blutgericht
zu mir, bringen Sie mir Marianne. Bringen wir das hier hinter uns«
Ich war verblüfft gewesen. Dantalion hatte mich auch schon vorher mit Namen angesprochen, ich hatte aber zunächst nicht kapiert, woher er Rinks oder meinen Namen überhaupt wissen konnte. Es dauerte allerdings nicht lange, bis ich dahinterkam. Dantalion hatte von einem abtrünnigen Bodyguard gesprochen. Seagram war offensichtlich in das Mordkomplott um Bradley und Marianne verstrickt. Das erklärte auch, warum er in Petres Haus war, als Dantalion seine Mordorgie begann. Ich hatte gewusst, dass diesem Mann nicht zu trauen war, dass ich ihn seines Postens hätte entheben sollen, als ich ihn das erste Mal sah. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er verbittert darüber war, dass wir ihm seinen Rang im Haus der Jorgensons streitig machten. Am schlimmsten war, dass es mir nicht gelungen war, Dantalion auszuschalten, weil Seagram dazwischenkam. Vielleicht war er ja gar nicht so weggetreten gewesen, als er begonnen hatte, auf mich zu schießen. Das Einzige, was ich jetzt bedauerte, war, dass Dantalion dem Arschloch eine Kugel in den Kopf gejagt hatte und nicht ich.
Dantalions Worte waren als direkte Herausforderung an mich gedacht. Eine Einladung, mich mit ihm zu messen und zu versuchen ihn zu erledigen. Er hatte Selbstvertrauen. Das war für sich genommen nichts Schlechtes.
Er sah seine Flucht mit Bradley als kleinen Sieg. Er hatte mich geschlagen, das musste ich zugeben. Aber mit kleinen Siegen gewinnt man niemals einen Krieg. Kleine Siege führen zur Selbstüberschätzung, und die verursacht Unachtsamkeit. Und wie dir jeder Soldat sagen kann, führt Unachtsamkeit unweigerlich zum Tod.
Bevor ich in den Hubschrauber gestiegen war, hatte ich Harvey angerufen. Jetzt nutzte ich mein Mobiltelefon, um Kontakt zu Rink aufzunehmen. Ich musste schreien, um mich gegen das Dröhnen aus den Auspuffschlitzen durchzusetzen. Ich fragte Rink, ob Harvey getan hatte, worum ich ihn gebeten hatte.
»Ja«, bestätigte er. »Du kennst doch Harvey, er liebt diesen ganzen Technikkram einfach.«
Des gleichen Tricks hatten wir uns schon einmal bedient, um den Knochensammler aufzuspüren. Damals hatten wir noch daran gezweifelt, dass unsere Idee überhaupt funktionieren würde. Aber das hatte sie – bis Tubal-Kain das Handy entdeckte, dessen Position wir via Satellitentechnologie nachverfolgten. Ziemlich bald darauf hatte ich dem Monster einen abgebrochenen Knochen in die Luftröhre gerammt. Hätte Kain unseren Trick früher bemerkt, hätten wir ihn vielleicht nie aufgespürt. Oder erst, als es zu spät gewesen wäre, das Leben meines Bruders John zu retten.
Dieses Mal machten wir uns keine Sorgen, dass der Killer unser improvisiertes Ortungsgerät bemerken könnte. Es war das Telefon in meiner Hand, das Harvey und Rink verfolgten. Alles, was ich tun musste, war, Dantalion aufzuspüren, und wenn es mir nicht gelingen sollte ihn aufzuhalten, dann würde wenigstens Rink die Gelegenheit bekommen, mich zu rächen.
»Bist du in irgend ’nem Flugzeug?«, fragte mich Rink. »Ich beobachte mein GPS, und du bewegst dich so schnell, dass ich kaum mitkomme.«
»Hubschrauber. Erinnerst du dich an den FBI-Agenten, von dem ich dir erzählt habe?«
»Den mit dem Stock im Arsch?«
»Genau der. Na ja, vielleicht war ich ein bisschen voreilig mit meinem Urteil. Er ist okay. Ist UH-60 geflogen bei ein paar Einsätzen in Somalia, bevor er Bundespolizist wurde.«
»UH-60?«, fragte Rink. »Du meinst tatsächlich Black Hawks?«
»Wie ich schon sagte, er ist okay. Hätte sogar bei der einen oder anderen Mission dein Pilot gewesen sein können.«
Der UH-60 Black Hawk ist der bevorzugte Kampfhubschrauber der US Special Forces, im Besonderen der Delta Force und der US Rangers. Bevor er sich meiner Einheit anschloss, hatte Rink zu den Rangers gehört. Kaufman war in unser beider Ansehen gerade enorm gestiegen.
Neben mir zeigte Kaufman auf die vor uns liegende Straße.
»Dantalion ist uns entkommen, Rink. Er hat Bradley als Geisel bei sich. Ich habe vor, ihn zurückzuholen.« Ich erkannte einen größeren Stau an einer Highway-Auffahrt. Und dann einen silbernen Lincoln, der nach Westen raste. Kaufman nahm die Verfolgung auf. Er wusste, was ich vorhatte, er hielt sich weit genug hinter ihm, dass er dem flüchtenden Fahrer nicht sofort auffiel. »Wir haben ihn jetzt im Visier, Rink. Komm zu uns, sobald du kannst.«
»Wenn ihr weiter in diese Richtung fliegt, bin ich schneller bei euch, als
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