Das Blutgericht
mir ein Angebot unterbreiten wollen?«
»Ich habe kein Interesse daran, für Sie zu arbeiten, wenn Sie das meinen.«
Jorgenson zuckte mit den Achseln. Er sah Seagram an. »Ich bin mit den Männern zufrieden, die ich bereits habe.«
»Schön«, sagte ich. »Aber ich möchte mit Marianne sprechen. Wenn sie es will, dann werden wir für sie arbeiten.«
»Und wenn ich das nicht zulasse?«
»Dann haben wir ein Problem.«
16
Dantalion saß wieder in seinem Minivan, unterwegs Richtung Norden. Er fuhr die Begrenzungsmauer des Anwesens ab, auf der Suche nach weiteren Zugangsmöglichkeiten, sollte sein ursprünglicher Plan scheitern. Die Mauer war an den meisten Stellen etwa dreieinhalb Meter hoch. Zwar hatte man nirgendwo zu krassen Abschreckungsmitteln wie NATO-Draht gegriffen, aber er war sich sicher, dass berührungsempfindliche Sensoren auf der Mauerkrone angebracht und weitere auf dem Gelände verlegt worden waren. Das könnte sich als Problem herausstellen, aber kein unüberwindbares für jemanden mit seinen Fähigkeiten. Die Überwachungskameras machten ihm auch keine allzu großen Sorgen. Mit einem gut gezielten Schuss ließe sich eine Kamera außer Gefecht setzen. Bei einem System mit so vielen Kameras musste mit gelegentlichen Funktionsstörungen gerechnet werden. Bis die Techniker-Crew die kaputte Kamera lokalisiert hätte, wäre er schon längst auf dem Gelände gewesen, hätte seinen Auftrag erledigt und wäre wieder verschwunden. Größere Sorgen hätte es ihm bereitet, würden Wachhunde das Anwesen schützen. Es hätte eines meisterhaften Magiers bedurft, unbemerkt auf Feindesland zu gelangen, wenn dort trainierte Wachhunde herumliefen.
Manchmal wünschte er sich, seine angenommene Identität hätte alle Vorteile des ursprünglichen Dantalion. Engel der Finsternis haben von Hunden nichts zu befürchten. Aber als Normalsterblicher musste er für eine solche Eventualität gerüstet sein.
Er holte sein BlackBerry heraus und überprüfte, ob sich jemand gemeldet hatte. Nichts Neues. Nur die schon gelesene Mitteilung, dass die Zahlung noch nicht eingetroffen war. Mit einer Hand am Steuer tippte er eine Nachricht und schickte die Mail auf ihren Weg in den Cyberspace.
Die Augen für Sekundenbruchteile von der Straße abgewandt, hätte er beinahe die Insassen des Fahrzeugs übersehen, das ihm auf der anderen Straßenseite entgegenkam. Da war jedoch etwas in seinem Unterbewusstsein, das ihn einen bewundernden Blick auf den Porsche Boxster werfen ließ. Diese schlanke Schönheit war so schwarz wie glitzernder Teer. Der Mann, der den Wagen fuhr, interessierte ihn nicht, ein muskulöser Grobian mit schwarzem Haar und gelbbrauner Haut. Er hatte eine Narbe quer über das Kinn, die so hell leuchtete wie Dantalions ganzer Körper. Es war der Beifahrer, der Dantalion auffiel.
Er war nicht so kräftig wie der Fahrer, eher breit gebaut als muskulös, mit den Schultern eines Schwimmers oder Turners. Sein kurzes braunes Haar zeigte nur lichtes Grau an den Schläfen. Er hatte die Art von Gesicht, mit dem man gut in der Masse untertauchen konnte, aber die Intensität seines Blickes würde ihn immer verraten. Frauen mussten diese Augen lieben, Männer sie fürchten.
Dantalion fluchte leise vor sich hin.
Es war der Schütze von letzter Nacht.
»Wie zum Teufel konnte er diese Explosion überleben?«, fragte er sich laut.
Aber dann war der Porsche an ihm vorbei, und er fragte sich, ob er sich nicht getäuscht hatte. Vielleicht war es doch jemand anders. Er hatte ihn nicht so gut sehen können, vielleicht sah dieser Beifahrer dem Mann nur entfernt ähnlich, der ihn beinahe getötet hatte.
Seine Hand wanderte an seinen Oberschenkel. Die Schusswunde bereitete ihm andauernde Schmerzen, die von seiner Hüfte das Rückgrat hochwanderten. Hätte er ein paar Zentimeter weiter rechts gestanden, hätte die Kugel ein tödliches Ziel gefunden.
Wer immer der Mann auch war, es war unmöglich, dass er aus dem explodierenden Gebäude entkommen sein konnte. Genau in dem Moment, als Dantalion gehört hatte, wie er ins Schlafzimmer geflüchtet war, hatte er das Feuerzeug angemacht. Bis zur Detonation waren nur Sekunden vergangen.
Nein. Der Möchtegern-Killer war genauso tot wie alle anderen in dem Haus. In Dantalions Buch hatte er bereits eine Nummer zugeteilt bekommen. Direkt unter Bradley Jorgenson und Marianne Dean. Die Zahlen logen nicht, niemals.
Trotzdem suchte er nach einer Wendemöglichkeit und nahm mit dem Minivan die Verfolgung
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