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Das Blutgericht

Das Blutgericht

Titel: Das Blutgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Hilton
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Mädchen, aber die verschränkten Arme zeigten an, dass sie nun einiges mehr gesehen hatte, als ihre jungen Jahre vermuten ließen, und dass sie wusste, dass sie sich schützen musste. Sie hatte etwas erlebt, das die meisten Erwachsenen niemals durchmachen mussten, von einem Kind ganz zu schweigen. Sie hatte sterben sollen, doch sie hatte überlebt – und plötzlich spürte sie ihre Sterblichkeit so schwer auf sich lasten wie das einstürzende Haus, das sie nur knapp verfehlt hatte.
    »Woher haben Sie gewusst, dass … dass dieses Monster kommen würde?«
    »Ich habe es nicht gewusst«, sagte ich. »Ich war aus einem anderen Grund da.«
    Sie starrte auf ihre Füße. Jetzt hielt sie sie still.
    »Mein Vater?«
    »Ja. Ihr Vater hat mich gebeten, Sie nach Hause zu holen.«
    »Ich möchte nicht nach Hause.«
    »Verstehe. Sie sind jetzt erwachsen. Sie wollen Ihr eigenes Leben leben.«
    Sie schüttelte langsam den Kopf. »Das habe ich nicht damit gemeint. Ich möchte nicht nach Hause. Hier spielt sich mein Leben ab. Mit Bradley.«
    »Sie müssen keine Angst vor ihm haben. Wenn Sie es möchten, bringe ich Sie jetzt von hier weg.«
    Marianne lachte kurz auf. Aber nicht, weil es so witzig war. Und auch nicht aus Erleichterung. »Angst vor ihm, ja, das könnte man so sagen.«
    »Ich werde nicht zulassen, dass er Ihnen noch einmal wehtut«, versprach ich.
    »Wenn Sie mich nach Hause bringen, wird ihn niemand davon abhalten können. Sie können nicht die ganze Zeit auf mich aufpassen. Früher oder später würde er mich erwischen.«
    »Was hat er Ihnen angetan, Marianne? Dass Sie solche Angst vor ihm haben? Ich habe die Polizeifotos gesehen, als er Sie angegriffen hat. Warum haben Sie die Anzeige nicht weiterverfolgt? Dann wäre schon alles vorbei. Sie wären ihn los.«
    Der Blick, den Marianne mir zuwarf, machte mir deutlich, dass sie bereits vor dem Horror, den sie auf Baker Island durchmachen musste, viel reifer gewesen war, als es ihr Alter vermuten ließ. »Aus Liebe«, sagte sie. »Es macht nichts, dass er mir wehtut, ich liebe ihn. Wie könnte ich ihn verhaften und anklagen lassen? Das würde ihn zerstören. Damit könnte ich nicht leben.«
    »Ein Mann, der Frauen schlägt, hat Ihre Liebe nicht verdient.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Aber ich kann nichts gegen meine Gefühle tun. Ich kann sie nicht ignorieren.«
    Es klopfte an der Tür. Jorgenson trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten. Als er mein Gesicht sah, hielt er inne. Ich musste meine ganze Willenskraft zusammennehmen, um ihn nicht am Hals zu packen und durch die nächste Wand zu hauen. So ballte ich nur die Faust, ein Schlag in die Magengrube sollte zumindest drin sein. Marianne rettete ihn vor seiner Bestrafung.
    Sie ließ sich vom Schreibtisch heruntergleiten und ging zu ihm. Sie umarmte ihn und sah ihn an, er küsste sie auf ihre Nasenspitze.
    »Geht’s dir gut, Baby?«, fragte er sie und sah mich über ihren Kopf hinweg mit halb geöffneten Augen an.
    »Mir geht es gut, Süßer«, antwortete sie ihm.
    Ich musste mich wegdrehen.
    Liebe macht blind, sagt man. Vielleicht ist sie auch ein Betäubungsmittel.
    Rink kam durch die Tür, gefolgt von Seagram.
    »Was gibt’s, Rink?«, fragte ich.
    »Ich habe Bradley erklärt, was wir von der Situation halten. Wer den Auftragskiller auf ihn angesetzt haben könnte. Bradley hat eingesehen, dass wir dabei helfen könnten, ihn zu stoppen.«
    »Wir sind wegen Marianne hier«, sagte ich.
    »Marianne gehört zu mir«, sagte Jorgenson.
    Ich nickte einmal. Hob kurz das Kinn. Er konnte die Wut in meinem Gesicht sehen. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher, dass es eine gute Idee war, mich zu provozieren.
    »Maris Sicherheit geht mir über alles. Wenn es okay für dich ist, Baby, dann lasse ich sie hierbleiben.«
    Marianne sah mich an. Ihren Mitwisser. »Ich vertraue ihnen.«
    »Dann werden wir bleiben«, sagte ich. Ich blickte rüber zu Rink. Die Sorge um seine kranke Mutter musste an ihm nagen, aber mit einem Schulterzucken stimmte er zu. Dann betrachtete ich das Zimmer näher, die riesigen Fenster. »Hier ist es nicht sicher. Wir sollten irgendwohin umziehen, wo wir nicht so leicht angreifbar sind.«
    Jorgenson sah sich die Fenster an. Die Aussicht war phänomenal: der weite Himmel und das offene Meer. »Wovor sollten wir denn Angst haben?«
    »Ein Boot draußen auf dem Wasser. Jeder halbwegs anständige Scharfschütze könnte Sie aus einem guten Kilometer Entfernung treffen«, erklärte ich. »Aber das hatte ich nicht

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