Das Blutgericht
gemeint.«
»Und was hatten Sie gemeint?«, fragte Jorgenson.
Mit einem Blick auf Seagram sagte ich: »Jetzt nicht. Wir sprechen später darüber. Zuerst möchte ich Marianne an einen Ort bringen, wo es wenigstens ein bisschen sicherer ist.«
»Mein Zimmer wäre doch ganz gut, oder?«, schlug Marianne vor. »Außerdem kann ich mich dort beschäftigen.«
»Wie viele Männer haben Sie hier im Haus?«, fragte ich Seagram direkt ins Gesicht.
Er musste nicht lange überlegen. »Acht, mich eingeschlossen. Und dann gibt es noch fünf Mann Personal.«
»Die Unglückszahl Dreizehn«, meinte Rink.
»Holen Sie sie alle zusammen, Seagram. Sagen Sie ihnen, dass niemand sich Marianne nähert, bis das hier vorbei ist.«
»Moment mal«, sagte Seagram. »Wer hat Sie denn zum Chef gemacht? Ich bin hier der Leiter des Sicherheitspersonals, ich bestimme, was getan wird.«
»Nein«, mischte sich Jorgenson ein. »Ich bestimme, was getan wird. Hunter hat Recht. Der Mann, der uns letzte Nacht umbringen wollte, trug eine Verkleidung. Jeder könnte es gewesen sein. Wer weiß, vielleicht ist er schon im Haus?«
»Ich kenne alle meine Männer persönlich«, sagte Seagram aufgebracht. »Ich lege für jeden Einzelnen die Hand ins Feuer.«
»Ihre Männer liegen Ihnen am Herzen«, sagte ich, »das ist gut. Wenn Sie das Leben Ihrer Männer retten wollen, dann sorgen Sie verdammt nochmal dafür, dass sie sich von Mariannes Zimmer fernhalten. Und das Gleiche gilt für Sie.«
An meiner Drohung war nichts Zweideutiges. Es war eine deutliche Herausforderung. Ich erwartete, dass er klein beigab, und das tat er auch. Er drehte ab und ging schnellen Schrittes davon. Ich konnte hören, wie er seine Männer im Flur wütend anschrie. Ich achtete nicht weiter auf ihn. Seagram war ein Arschloch, und es war gut, dass er uns nicht mehr im Weg war.
»Er kann sich um Ihre persönliche Sicherheit kümmern, Jorgenson. Dagegen habe ich nichts. Aber wenn es um Marianne geht, sind wir am Zug. Sollten Sie gerade bei ihr sein, dann ist das eben so. Dann werden wie Sie ebenfalls beschützen.«
»Ich treffe mich in einer Stunde mit meinen juristischen Beratern«, sagte Jorgenson. »Sie haben ein Treffen mit der Polizei arrangiert. Ich muss erklären, was auf Baker Island vorgefallen ist.«
Komplikation.
»Es ist Ihre Entscheidung, aber an Ihrer Stelle würde ich leugnen, dass ich dort war. Sie waren letzte Nacht hier auf Neptune Island, und Marianne war bei Ihnen.«
»Sie erwarten, dass ich lüge?«
»Fürs Erste, ja.« Marianne schaute mich mit halb geöffnetem Mund an. Sie fragte sich wohl, ob es die falsche Entscheidung war, mir zu vertrauen. Ich sagte zu ihr: »Wenn die Polizei glaubt, dass Sie hier waren, werden ihre Ermittlungen erst mal behindert, klar. Aber sie werden diesen Killer nicht aufhalten können. Die Polizei wird auch nicht die Person aufhalten, die den Killer engagiert hat. Das Einzige, was passieren wird, ist, dass noch mehr Personen Zutritt zu Ihrem Haus erhalten. Der Killer könnte sich einschleichen und hätte leichtes Spiel. Außerdem wird es unmöglich sein, Sie zu beschützen, wenn Sie nach Miami zum Verhör müssen.«
Jorgenson rammte die Hände in seine Hosentaschen. »Mein Vater ist tot. Kaltblütig erschossen. Wie können Sie da erwarten, dass ich eine Lügengeschichte erzähle? Ich war dabei und habe den Mann gesehen, der es getan hat. Genau wie Marianne. Genau wie Sie. Wir sind alle Zeugen.«
Jorgenson starrte mich an, mit seinem ungläubig offen stehenden Mund fast ein Spiegelbild Mariannes.
»Sie haben Recht. Aber unsere Aussage ist einen Dreck wert. Der Mann trug eine Verkleidung. In Wirklichkeit wird er in keinster Weise so aussehen, wie wir ihn beschreiben können.«
»Woher wissen Sie, dass er verkleidet war?«
»Ich habe etwas gesehen, aber zu der Zeit war es mir noch nicht klar. Ein bleicher Streifen an seinem Kinn. Zuerst dachte ich, es wäre Staub, aber ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht. Mittlerweile glaube ich, dass er seine Haut künstlich abgedunkelt hat. Der helle Fleck war seine natürliche Hautfarbe. Und sein Haar ist auch nicht schwarz.« Ich erinnerte mich an den Mann im blauen Anzug, der aus den Haustrümmern davonstolperte. In der Nacht hatte ich ihn für einen Passanten gehalten, den die Explosion überrascht hatte. Deshalb hatte ich auch nicht auf ihn geschossen. »Der Killer hatte schwarze Haare, aber es muss sich um eine Perücke gehandelt haben. In Wirklichkeit hat er längere blonde
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