Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blutgericht

Das Blutgericht

Titel: Das Blutgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Hilton
Vom Netzwerk:
eigenen Entscheidungen zu treffen.«
    Rink rollte seine Schultern. »Aber sie denkt nicht mit dem Kopf, Hunter. Sie ist Bradley hörig. Sie hat sich in eine Sackgasse hineinmanövriert, sie hat Angst, ihn zu verlassen. Sie nimmt seine Gewalttätigkeit auf sich, richtet sie gegen sich, gibt sich die Schuld. Und wird deshalb noch stärker alles daransetzen, die liebe kleine Ehefrau zu sein. Du weißt doch, wie das ist.«
    Ich wusste es. Ich hatte es schon zu oft miterlebt. Frauen, die Angst hatten zu gehen, weil sie sich davor fürchteten, alles zu verlieren, was sie sich so mühevoll aufgebaut hatten. Weil ihnen nicht klar wurde, dass sie nie gut genug sein würden, ganz egal, was sie taten. Sie waren auf ewig gefangen im Teufelskreis häuslicher Gewalt bis zu dem Tag, an dem ihr Mann nicht mehr mit den Schlägen aufhörte. Das war dann oft der Moment, in dem etwas in der Frau zerbrach. Sie schnappte sich ein Messer und rammte es ihrem Peiniger zwischen die Schulterblätter. Oder der Mann schlug einmal zu fest zu, und das war’s dann. Auf der Welt wurden mehr Frauen von ihren Lebenspartnern – oder anderen Familienmitgliedern – getötet als von allen Fremden oder Serienmördern zusammen.
    »Ich werde noch einmal mit ihr sprechen«, wiederholte ich.
    Rink stand auf. Ging durch den Flur. Er überprüfte die Tür zum zweiten Treppenhaus. Immer noch verschlossen. Er kam zurück, ging an mir vorbei zum Absatz der Haupttreppe. Blickte nach unten. Drehte sich um und kam wieder zurück. Es war schon sinnvoll, wachsam zu bleiben, aber Rink suchte nur die Gegend ab, damit er etwas zu tun hatte. Das war sonst gar nicht seine Art. Rink konnte stundenlang in der gleichen Sitzposition verharren, so dass er schließlich gar nicht mehr als Lebewesen wahrgenommen wurde. Bei »Seek and Destroy«-Einsätzen waren wir oft Kilometer von unserem Ziel entfernt abgesetzt worden. Wir arbeiteten uns heran, suchten einen Beobachtungspunkt und hielten dann still, während wir Stärken und Schwächen des Feindes einzuschätzen versuchten. Einmal überwachten wir ein Terroristencamp in der libyschen Wüste. Rink als Vorhut grub sich weniger als zwanzig Meter von der feindlichen Basis entfernt ein. Dreiundsiebzig Stunden blieb er dort unentdeckt, bis wir unseren Angriff starteten und die Bastarde ausradierten.
    Dass er sich unwohl fühlte, hatte nichts mit unserer gegenwärtigen Mission zu tun.
    »Du solltest nicht hier sein, Rink.«
    Er sah zu mir herunter. »Das sollte keiner von uns.«
    »Du weißt schon, was ich meine, Kumpel. Du solltest in San Francisco bei deiner Familie sein.«
    Er nickte zögernd, sein Blick wanderte in eine unbestimmte Ferne. »Du gehörst auch zu meiner Familie, Hunter. Mein Platz ist hier.«
    »Okay.«
    Ich ließ es dabei bewenden.
    »Vielleicht sollten wir mal ein paar Kontakte spielen lassen, vielleicht können wir herausfinden, wer dieser Auftragskiller ist. Wenn wir ihn und seine Vorgehensweise kennen, wird es uns leichterfallen, ihn aufzuhalten.«
    »Ich setze Harvey darauf an«, sagte Rink.
    Harvey Lucas war Rinks Freund im Mittleren Westen. Er war ein ehemaliges Mitglied der Ranger-Spezialtruppe der Army und führte nun eine Privatdetektei in Arkansas. Er war uns letztes Jahr bei einem Fall eine unschätzbare Hilfe gewesen, hatte uns geholfen, als uns die Kugeln um die Ohren flogen, und er hatte seinen Job bestens erledigt. Und er war verdammt gut darin, die Art von Informationen zu besorgen, an die man nicht so leicht rankam.
    »Dann mach das mal. Ich rede nochmal mit Marianne.«
    Rink holte sein Mobiltelefon heraus und drückte eine Kurzwahltaste.
    Ich klopfte an Mariannes Tür.
    Sie antwortete sofort – fast so, als hätte sie mit dem Ohr an der Tür unserem Gespräch gelauscht. Die Haare hatte sie wieder hochgesteckt und sich umgezogen: enge Jeans und einen hellgelben Pullover, der ihre Schultern und den Ansatz ihrer Brüste freiließ. Ihr Hals schwang sich in einer langen Kurve herab bis ins Dekolleté. Ich konnte nicht widerstehen, kurz hinzusehen.
    Marianne bemerkte meinen Blick und räkelte sich unsicher.
    »Kommen Sie rein«, sagte sie. Sie verschränkte die Arme. Es entging mir nicht, dass sie ihre Brüste bedeckte.
    »Darf ich Sie was fragen?«, sagte ich, als ich ihr ins Zimmer folgte. Die Einrichtung zeugte von Geschmack, aber es war der zarte Duft, der das Zimmer erfüllte, der mich in Beschlag nahm. Der Geruch ihres frisch gewaschenen Haars. Sie hatte schon wieder geduscht. Ich fühlte mich

Weitere Kostenlose Bücher