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Das Blutgericht

Das Blutgericht

Titel: Das Blutgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Hilton
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Weste.
    »Wo bist du jetzt, Harvey?«, fragte Rink vom Vordersitz aus.
    »Da wo ich gesagt habe, dass ich sein würde«, antwortete Harvey.
    »Okay Kumpel, wir sehen dich in ein paar Stunden.«
    »Alles klar, Rink.«
    »Währenddessen kannst du ja weitersuchen«, fügte ich hinzu. »Sieh zu, ob du etwas über den Schützen herausfinden kannst. Vielleicht hörst du dir mal an, was auf Neptune Island so los ist. Allem Anschein nach hat dieses gestörte Arschloch auch Petre Jorgenson einen Besuch abgestattet, bevor er wieder Jagd auf Bradley und Marianne machte.«
    »Daraus entnehme ich, dass Petre nicht überlebt hat.«
    »Keiner hat überlebt«, sagte ich. »Nur so ein Feigling namens Seagram, Bradleys Bodyguard. Vielleicht kannst du über ihn auch etwas mehr herausfinden. Vielleicht fängst du in West Point an.«
    »Überlass das nur mir, Hunter.«
    »Danke, Harvey.«
    »Ist mir ein Vergnügen.«
    Ich beendete das Gespräch und schob das Telefon in meine Tasche.
    Wir hatten den Highway hinter uns gelassen und fuhren nun auf der Landstraße. Ganz nette Gegend. Einstöckige Häuser mit hübschen Gärten. Es war niemand zu sehen – als ob die Leute hier nur für die Sonne lebten und sich bei Einbruch der Dunkelheit verdrückten. Zu unserer Rechten befand sich ein Zufluss des Loxahatchee River. Das Wasser floss langsam und träge. Ich fragte mich, ob manchmal Alligatoren aus dem Fluss krochen und durch diese einsamen Straßen spazierten. Das würde zumindest erklären, warum hier keine Haustiere herumstreiften. Keine Katzen, keine Hunde. Allerdings waren auch keine Alligatoren zu sehen.
    Wir hatten uns mit Harvey am Hobe Sound verabredet. Das bedeutete, dass wir Neptune umfahren und dabei die Küstenstraße vermeiden mussten. Eine ganze Armee von Gesetzeshütern musste mittlerweile auf dem Weg zum Anwesen der Jorgensons sein oder sich bereits dort versammelt haben, und denen wollte ich lieber nicht in die Arme laufen. Für Mariannes Sicherheit konnte ich nur garantieren, wenn sie bei uns blieb. Okay, es sah so aus, als wäre Petre Jorgenson mittlerweile mit seinem ermordeten Onkel traulich wiedervereint, und um den Sturz von einer Brücke ins Meer zu überleben, brauchte es schon sehr, sehr viel Glück. Aber das musste nicht heißen, dass es keine weiteren Mordversuche mehr geben würde. Man musste kein Genie sein, um sich auszurechnen, dass Petre und der Schütze unter einer Decke gesteckt hatten. Aber das bedeutete noch nicht, dass alle unsere Feinde ausgeschaltet waren. Es waren immer noch zwei Cousins übrig, die Grund genug hatten, sich zu wünschen, dass Bradley und Marianne von der Bildfläche verschwinden.

28
    Nach unserem Umweg durch die Nebenstraßen der Vororte von Jupiter fand Rink eine Auffahrt zum Florida Turnpike, wo wir die 95 nach Norden nahmen. Schweigend fuhr er durch die Dunkelheit, bis wir schließlich zu einem Motel am Rande des Seabranch Reserve State Park kamen. Dort sah ich zum zweiten Mal in meinem Leben Mangrovenwälder, auch Sandkiefern und eine Menge anderer Bäume, die ich nicht kannte. Zwischen den Bäumen und wildromantischen Sandhügeln, die der Atlantik geformt hatte, wuchsen wilder Buchweizen und Traubenheide.
    Harveys Mietwagen stand auf dem Parkplatz vor dem Moteleingang. Es war ein Ford Explorer, dem, den ich unten in SoBe hatte zurücklassen müssen, nicht unähnlich. Für unsere Zwecke war er nicht gerade das Fahrzeug, das am wenigsten Aufmerksamkeit erregen würde, aber er war immer noch unauffälliger als der verbeulte Crown Vic. Rink bog auf den Parkplatz ein, und ich begleitete Marianne zu dem Zimmer, das Harvey für uns gebucht hatte. Rink fuhr weiter, im nahegelegenen State Park wollte er den Crown Vic loswerden. Vielleicht würde der Wagen eines Tages wieder auftauchen – wenn die Verschiebungen der Erdkruste ihn aus dem Mangrovensumpf ans Tageslicht zwangen wie einen rostigen Leviathan, der aus den Tiefen aufsteigt.
    Es war ein Themen-Motel, das die Kultur der örtlichen Indianer hochleben ließ, aber den ersten guten Eindruck durch einen nachgemachten Totempfahl gleich wieder zunichtemachte. Das Original, das den großen Häuptling Seattle ehrte, hatte ich vor ein paar Jahren in der Stadt gleichen Namens gesehen, also 5000 Kilometer von hier entfernt. Der Totempfahl stand auf einem Grasfleck genau vor der Rezeption. Mit seinen beinahe drei Metern Höhe ließ der Pfahl Harvey Lucas, der sich dagegen lehnte, fast zwergenwüchsig wirken. Aber auch nur fast. Harvey ist ein

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