Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das böse Auge

Das böse Auge

Titel: Das böse Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
nein, Achar! Sterben wird er fürwahr nicht! Das Böse Auge wird tausendmal schlimmer sein als der Tod! Luxon wird zuerst seine Götter, dann die Mächte der Finsternis selbst anflehen, ihm den Tod zu schenken. Er wird winseln!
    Quida beschloß, sich ihm fortan nicht mehr als Dai zu zeigen. Sie würde Cyrle sein – bis zu jenem Augenblick, in dem sie sich ihm zu erkennen gab.
    Und Cyrle mußte sich erholen. Cyrle mußte ihm wieder als die berauschende Schönheit entgegentreten, der er mit Haut und Haar verfallen war. Er sollte das Gefühl haben, daß sie auflebte – nun, nachdem er seinen Entschluß gefaßt hatte.
    Quida lachte.
    Er glaubte wahrhaftig, selbst über sein Schicksal entscheiden zu können. Er glaubte so vieles und sah nicht die Zeichen.
    Welch lächerliche Kreaturen sie doch waren, die Sterblichen, die sich nie ins Reich der Magie vorgetastet hatten. Quida war voller Verachtung für sie.
    Gleichzeitig aber empfand sie ihre Einsamkeit nur um so stärker. Nun, wo sie mit Lazuli nicht mehr ihre Hexenfeste feiern konnte, war sie die letzte ihrer Art in diesem Teil der Düsterzone.
    Vielleicht, sagte sie sich, ließ sich das ändern.
    Die Mächte aus der Schattenzone gierten nach Dienern und Dienerinnen.
     
     
    6.
     
    Zu sehen, wie sich Cyrle langsam erholte, ließ Luxon die Klagerufe der Valunen leichter ertragen. Nach wie vor waren Zweifel in ihm. Oft war er nahe daran, sich den Zwergen zu zeigen und ihnen zuzurufen: »Geht weg! Flieht, solange hoch Zeit dazu ist!« Er tat es nicht. Er würde ihnen wieder verfallen.
    Dann redete er sich ein, daß er ein gutes Werk tat, wenn er sie dem Auge überantwortete. Wie viele Menschen hatten sie in ihre Gewalt gebracht und ausgezehrt, schließlich getötet?
    Cyrle bestärkte ihn darin, wenn er mit ihr darüber sprach.
    Schließlich rückte der Augenblick des Aufbruchs heran. Cyrle war längst wieder auf den Beinen und stand fast unablässig in der Turmkammer, von wo aus sie die Schattenzone beobachtete. Beim Versuch, es ihr gleichzutun, sah Luxon nichts als Finsternis – keine Zeichen, die er wohl auch nicht zu deuten verstanden hätte.
    Nur manchmal hatte er das beklemmende Gefühl, daß sich dort, hinter der Mauer aus Düsternis, etwas Ungeheuerliches, etwas unglaublich Schreckliches zusammenbraute.
    Cyrle vertrieb ihm diese Gedanken – wie immer.
    Es erschien ihm nur natürlich, daß sie sich die Kräfte des Flammenden Auges nutzbar machen konnte. Hatte sie doch beobachtet, wie der Zauberer Nero dies getan hatte. Konnte sie sich doch die Beschwörungsformeln merken, die er sprach.
    Er hatte dem Wein reichlich zugesprochen, wie er überhaupt viel getrunken hatte, seitdem sein Entschluß feststand. Es half, gewisse Bedenken zu verscheuchen, wenn Cyrle nicht in seiner Nähe war.
    Leicht berauscht sah er sie sein Gemach betreten. Sie trug wieder ihr blütenweißes Gewand und den roten Umhang darüber. Und sie war schöner denn je.
    In ihrer Linken hielt sie die Lumpen, die Luxon getragen hatte, bevor er ihre Burg betrat. Sie reichte sie ihm.
    »Ziehe dies wieder an«, sagte sie. »Es hat deinen Geruch an sich, und die Valunen werden uns schneller folgen können, wenn du es trägst.«
    Stirnrunzelnd nahm Luxon das graue, sackähnliche Gewand an sich.
    »Ich warte unten im Burghof auf dich«, verkündete Cyrle. »Nimm nur das mit, was du anhattest, als du in diesen Teil der Düsterzone kamst. Alles übrige wäre Ballast und könnte uns eher schaden denn nutzen.« Sie lächelte, und alles, was er nicht begriff, wurde unwichtig für ihn. »Ich werde einen Drachenvogel herbeirufen.«
    Damit verließ sie ihn. Es war, als schwebte sie durch den Raum. So graziös und von Zuversicht erfüllt wie heute hatte Luxon sie noch nie gesehen. Etwas von ihrer geradezu feierlichen Stimmung schlug auf ihn über.
    Gewaltige Dinge standen bevor. Noch immer dachte Luxon mit leichtem Schaudern an das Flammende Auge – was immer sich auch dahinter verbergen mochte. Doch gleichzeitig fühlte er nun gespannte Erwartung. Er wollte dieses Auge sehen. Denn irgendwie gehörte es doch zu der Welt, in der er für alle Zeiten an Cyrles Seite leben würde.
    So beeilte er sich, von einem mit jedem Herzschlag stärker werdenden Drang gepackt, die kostbaren Gewänder auszuziehen und wieder in seine Lumpen zu schlüpfen. Ganz kurz überlegte er, ob es nicht doch besser wäre, eine der Waffen von der Wand zu nehmen, einen Dolch etwa, den er unter dem Gewand verstecken könnte.
    Doch wozu?
    Er

Weitere Kostenlose Bücher