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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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diese Blechlawine zu stellen, die ihr selbst den himmlischsten Strandtag vermiest hätte. Aber natürlich flüchteten sich alle ans Meer, Sommerfrischler, Touristen, ausgelaugte Städter.
    Nellys schlechte Laune wurde von einem seltsam zeitlosen, unwirklichen Gefühl abgelöst. Was machte sie hier mit diesem undurchschaubaren Mann in weißem Hemd, weißen Knitterhosen und weißen Espadrilles? Unterdessen war Palmieri nach Sori abgebogen und fuhr zielstrebig Richtung Sant’Apollinare, das hoch über der Küste lag. Nelly konnte sich nur noch vage an den Ort erinnern, sie war seit Jahren nicht mehr dort gewesen, und abends noch nie. Während ihrer Fahrt war das Tageslicht über dem Meer langsam erloschen, um den nächtlichen Schatten Platz zu machen. Eine Wolke von Düften umfing Nelly, als sie sich mühsam aus dem Auto schälte. Salbei, Rosmarin, Jasmin, Orangen und Zitronen verbanden sich mit anderen, ihr unbekannten Düften zu einer berauschenden Mischung. Sie schloss die Augen und witterte wie ein Spürhund. Das gedämpfte Rauschen der Wellen, das vom Fuß des Berges heraufdrang, bildete die passende Geräuschkulisse. Mit einem tiefen Seufzer öffnete sie die Augen und erkannte im schwindenden Dämmerlicht die schemenhaften Umrisse von Häusern und Villen, an die sie sich nicht erinnerte und die inzwischen wie Pilze aus dem Boden geschossen waren. Simba, ihre Sorgen, Palmieris Gegenwart waren wie weggewischt. Als sie wieder zu sich kam, stand er da und musterte sie wie immer aufmerksam.
    »Und, gefällt es Ihnen hier?«
    »Ich glaube, das ist einer der schönsten Orte auf der ganzen Welt.«
    »Das glaube ich auch.«
    Schweigend wanderten sie eine kleine Straße hinauf und erreichten schließlich eine Osteria, die sich an den Berghang schmiegte. Eine Treppe führte zu einer schummrig beleuchteten Terrasse hinauf. Der Kriminologe wechselte ein paar Worte mit dem Wirt und deutete dann auf einen Tisch am Geländer, der wie ein Ausguck auf das Meer hinausging. Er zündete das Windlicht an, und Nelly verkniff sich die Zigarette und nahm stattdessen ihren Begleiter in Augenschein. Eine Weile saßen sie einander gegenüber und musterten sich stumm, derweil die Meeresbrise für ein wenig Erfrischung sorgte.
    Ich sehe bestimmt nicht als Erste weg.  Nellys vorübergehendes Wohlwollen war längst wieder verflogen. Der Wirt erschien mit einer Karaffe eiskalten Weißweins und einem Teller  friscieu {8} , der ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Offenbar war alles bereits abgesprochen, und statt Fragen zu stellen, machte sie sich über die frittierte Vorspeise her, als hätte sie seit mindestens einer Woche nichts mehr gegessen.
    Auf die Friscieu folgte ein in der Folie zubereiteter Seebarsch mit Muscheln, diesmal begleitet von einem Rosé. Dann wurde ein gemischter Salat serviert, und anschließend gingen sie sofort zum Nachtisch über, einem Zitronensorbet, das Nelly die Tränen in die Augen trieb. Zum Schluss folgten Kaffee und ein Amaretto di Portofino. Nicht einmal die strengsten Klosterbrüder hätten ein eiserneres Schweigen einhalten können. Als Nelly den zweiten Amaretto heruntergekippt hatte, ließ sie sich gegen die Rückenlehne sinken und sah mit leicht weinvernebeltem Blick auf das inzwischen tintenschwarze Meer hinaus: Der Mond im letzten Viertel warf einen diffusen Lichtschein aufs Wasser. Nicht eine Wolke stand am Himmel.
    »Habe ich mit allem richtiggelegen?«
    Palmieri durchbrach die Stille, die ohne den Vorwand des Essens von Minute zu Minute bleierner wurde.
    »Perfekt. Wie haben Sie das gemacht?«
    »Berufskrankheit. Ich mache mir gern ein möglichst komplettes Bild von einem Menschen, kulinarische Vorlieben eingeschlossen. Das gibt Einblicke in den Charakter, wissen Sie? Sie sind nicht schwer zufriedenzustellen, Sie sind nicht besonders anspruchsvoll oder raffiniert. Sie mögen gute Zutaten und eine einfache Zubereitung. Kochen liegt Ihnen nicht besonders, Sie können aufs Essen verzichten, es als reinen Treibstoff betrachten, doch wenn es Ihnen in ansprechender Atmosphäre serviert wird, wissen Sie es zu schätzen. Im Grunde sind Sie ziemlich faul.«
    »Bravo. Eins plus.«
    Nellys nussbraune Augen hatten sich zu Schlitzen verengt und musterten ihn ironisch.
    »Und jetzt, wo wir ein bisschen mehr über unsere Dottoressa Rosso wissen, verraten Sie mir auch, weshalb wir hier sind?«
    »Um noch mehr zu erfahren, meine Liebe. Der Mensch besteht nicht nur aus kulinarischen Vorlieben.« Lächelnd

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