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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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verbracht.«
    Die Wohnung war leer und still. Die Kinder waren (noch?) nicht da. Sie setzten sich auf die Terrasse, und Nelly berichtete eine Stunde lang, ohne dass Gerolamo sie ein einziges Mal unterbrach. Als sie fertig war, ließ sie sich erschöpft gegen die Rückenlehne des Korbsessels fallen, und ihr Kollege schwieg nachdenklich.
    »Was können Sie mir über diesen Berater, diesen Palmieri, sagen, Dottoressa? Bringt er die Ermittlungen voran?«
    Nelly schnaubte zögernd und versuchte, die Eindrücke und Gedanken des Abends zu ordnen.
    »Das ist ein eigenartiger Typ. Er gibt sich undurchschaubar, doch hin und wieder lässt er durchblicken, dass er in der Vergangenheit ein paar schwere Kratzer abbekommen hat. Ich will mehr über ihn herauskriegen. Sein Profil erstellen. Verdammt, Gerolamo«, sie hielt die Luft an, »im Grunde wäre er der perfekte Kandidat. Für Simba, meine ich.«
    » Minghia! {9}  Dann stellen wir ein paar Ermittlungen über ihn an. Man könnte ihn überwachen lassen ... sein Telefon abhören ...«
    »Das ist natürlich nur eine abenteuerliche Vermutung oder nein, keine Vermutung, sondern nichts als ein beschissener Eindruck. Eine verflixte Intuition. Wenn ich Dottor Esposito oder Laurenti davon erzähle, lassen die mich einweisen. Von wegen staatsanwaltliche Verfügung, das Telefon abzuhören ... auf welcher Grundlage denn?«
    »In unserem Job sind beschissene Eindrücke manchmal Gold wert, Dottoressa.«
    »Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass ich ihn nicht ausstehen kann. Ich glaube nicht, dass man ihn überwachen lassen muss. Laurenti fährt voll auf ihn ab. Er will mit ihm ins Fernsehen, stell dir vor.«
    Gedankenverloren streichelte sie Minni, die ihr schnurrend auf den Schoß gehüpft war. Wie immer hatte die Berührung mit dem weichen Katzenfell etwas Beruhigendes.
    Gerolamo sagte, er sei schon neugierig, ihn zu treffen, stand auf und verabschiedete sich. Nachdem er gegangen war, schälte sich Nelly mühsam aus dem türkisfarbenen Kleid, das nach dem Essen wie eine Wurstpelle an ihr klebte, ließ es zu Boden gleiten, warf sich aufs Bett und war, noch ehe sie die Matratze berührte, eingeschlafen.

X
    »Ma, aufwachen, ich hab dir einen Cappuccino gemacht!!«
    »Hm? Was, wie ...?«
    Die Sonne schien gleißend ins Zimmer, Nelly lag in einer Lache von Schweiß, doch offenbar war sie dermaßen müde gewesen, dass sie einfach weitergeschlafen hatte. Sie blinzelte zum Wecker, fast neun. Montag. Mau musste geglaubt haben, sie sei tot, und war eingeschritten.
    »Mist, Mau, wieso hast du mich nicht eher geweckt? Ich muss den Wecker gestern Morgen ausgemacht und vergessen haben, ihn wieder einzuschalten.«
    »Na und? Du warst eben müde. Was kann ich dafür, wenn du jeden Abend mit ’nem anderen ausgehst? Meiner Meinung nach hättest du dir heute gut einen freien Tag nehmen können. Aber statt mir dankbar zu sein ... Wäre ich nicht reingekommen, hättest du bis heute Mittag geschlafen.«
    »Woher willst du denn wissen, dass ich mit einem Mann aus war? Du verzapfst in letzter Zeit einen Mist ...«
    Ehe sich das Geplänkel hochschaukeln konnte, surrte Nellys Handy. Widerwillig griff sie danach, und Mau, der sie noch immer grimmig anfunkelte, bekam einen Schreck, als er ihre Miene sah.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße, verdammte! Ich komme, bin schon da.«
    »Aber, was ...«, fragte er besorgt. Ohne ihn – wie er es ausdrücken würde – auch nur mit dem Arsch anzusehen, sprang seine Mutter hastig in ein weites, schwarzes Kleid, schnappte ihre Tasche und stürzte, ohne sich zu kämmen, die Treppe hinunter. Mau schüttelte seufzend den Kopf, setzte sich auf die Terrasse und überlegte, dass das Leben als Sohn einer Polizeikommissarin ganz schön seltsam und unvorhersehbar sein konnte. So vor sich hin grübelnd trank er auch Nellys Cappuccino aus. Seine Gedanken wanderten zum üblichen Thema: Moni, das Kind, die Zukunft, und gerieten wie immer völlig durcheinander.
    »Diesmal zwei auf einen Schlag? Nicht zu fassen, ich fasse es einfach nicht.«
    Nelly schüttelte den strubbeligen Kopf und starrte mit roten und vor Müdigkeit dunkel umrandeten Augen auf die beiden Leichen, die im Valbisagno nahe Prato ordentlich nebeneinander am rechten Flussufer lagen. Genauer gesagt, lagen sie einander gegenüber, die Beine spiegelgleich gebeugt, die Arme angewinkelt. Das Ergebnis war ein perverses Arrangement, eine grauenerregende Komposition. Sie hätten sich ansehen können, wären sie am Leben gewesen.

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