Das boese Blut der Donna Luna
neugierigen Blicken geschützt. Ein kleiner Pfad führte zur Straße. Parken, hintransportieren, ablegen. Und gleich zwei, was für ein Risiko ... Vielleicht hat er denselben Weg zweimal machen müssen. Bestimmt hat er sie in irgendetwas eingewickelt, um keinen Verdacht zu erregen ... Müllsäcke zum Beispiel.
Der Barmann, ein knapp zwanzigjähriger, hübscher, braungebrannter Junge, saß auf einem großen Stein neben dem gärtnernden Frühaufsteher, einem mageren, blassen Mittfünfziger. Neben ihnen stand Inspektor Bentivegna, der gerade ihre Aussagen aufgenommen hatte. Nelly ging zu ihnen.
»Wie heißen Sie? Was haben Sie hier heute Morgen um halb sieben gemacht?«
»Habe ich doch gerade gesagt, ich heiße Benedetto Mazzone und bin Mechaniker. Bei der Hitze hab ich kein Auge zubekommen, und weil ich in der Via Piacenza wohne, hab ich nicht den Bus genommen, sondern bin zu Fuß gegangen – frühmorgens geht das noch, später krepiert man –, um meinen Garten zu wässern. Das mache ich jeden Tag, wenn’s Wasser gibt, sonst vertrocknet mir alles. Ich weiß, eigentlich sollte man die Gärten bei dieser Wasserknappheit nicht gießen, aber ich kann doch nicht alles eingehen lassen, ich hab da so viel Arbeit reingesteckt ...«
Er war zutiefst erschüttert, und Nelly konnte ihn verstehen. Schließlich fand man nicht jeden Tag zwei Frauen ohne Kopf neben seinem Tomatenbeet.
»Und Sie haben nichts gesehen, nichts bemerkt?«
»Gar nichts. Nur ... diese beiden Leichen. Von hier konnte man nicht genau erkennen, was es war, also bin ich näher rangegangen und fast umgefallen.«
»Haben Sie etwas angefasst?«
»Nicht für eine Million Euro hätte ich die angefasst.«
»Und Sie heißen ...« Der Junge hatte zugehört und antwortete sofort. »Marietto Lagomarsino. Ich bin Kellner hier in der Pizzeria Sorrento. Gestern Abend war hier ein Fest von ein paar Leuten aus dem Viertel, sie haben einen Geburtstag gefeiert. Wir haben spät zugemacht, und ich hab alles so gelassen, wie es war, deshalb bin ich heute ganz früh wiedergekommen, um aufzuräumen. Ich hatte gerade angefangen zu arbeiten, als er« – er zeigte mit dem Kopf auf den Mechaniker – »mir schreiend vom Ufer aus zugewunken hat, aber zuerst hab ich gar nicht verstanden, was er wollte. Er hat mir Zeichen gemacht, zu ihm zu kommen, also bin ich hin, und dann ... hab ich verstanden, wieso er wie ein Irrer geschrien hat.«
»Gibt es hier nachts einen Wachmann?«
»Ach was, normalerweise machen wir um Mitternacht zu, und dann gehen alle, auch der Chef«, und er zeigte auf einen fülligen Mann um die fünfzig, der halb ungläubig, halb schockiert beobachtete, was sich um ihn herum abspielte. Nelly ging auf ihn zu.
»Sie sind ...«
»Adriano Piu, ich bin der Betreiber des Sorrento, ich habe das Gefühl, als wäre hier gerade ein Ufo gelandet.«
»Wie meinen Sie das, bitte?«
»Diese irre Sache, diese armen Mädchen, und Sie von der Polizei, die jeden wie den letzten Dreck behandeln, wie einen potentiellen Mörder, also ... wir sind alle redliche Bürger und zutiefst erschüttert, Herrgott ...«
»Wieso, was haben die Kollegen Ihnen denn getan?«
»Nichts, aber es ist der Ton, die Art ...«
»Seien Sie nicht so empfindlich, Signor Piu, denken Sie daran, was diesen Frauen passiert ist. Wo waren Sie letzte Nacht? Und heute früh?«
»Na bitte, da haben wir’s, werde ich vielleicht verdächtigt?«
»Hören Sie damit auf und antworten Sie, bitte.«
»Zum dritten Mal: Kurz nach Mitternacht sind die letzten Gäste gegangen, wir haben die Küche aufgeräumt, die Lichter ausgemacht, und dann sind der Koch, der Kellner und ich endlich nach Hause gegangen. Total erledigt von der Hitze und der Arbeit, unserer ehrlichen Arbeit. Ich ...«
»Das bezweifle ich nicht. Und heute Morgen, als die Leichen gefunden wurden?«
»War ich bei mir zu Hause in der Via Molassana hier um die Ecke und hab neben meiner Frau Elvira den Schlaf des Gerechten geschlafen.«
»Sie Glücklicher. Und als Sie gegen zwölf oder halb eins nachts das Lokal verließen, haben Sie nichts gesehen oder gehört?«
»Nein, Madonna mia , nein. Außerdem sieht man dieses Uferstück von der Pizzeria aus gar nicht, wenn’s dunkel ist. Hier hätte eine ganze Werwolfversammlung stattfinden können, und wir hätten’s nicht gemerkt.«
»Und finden die hier regelmäßig statt? Wie häufig ungefähr?«
»Was?«
Die großen, dunklen Augen des Mannes wurden noch größer vor Verblüffung, und er
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