Das boese Blut der Donna Luna
Hause?«
»Eigentlich sollte ich morgen fahren, aber nach dem, was passiert ist, herrscht bis auf Weiteres Urlaubssperre.«
»Himmel, ja, richtig.« Nelly überlegte. »Aber Gerolamo Privitera war nicht vorgesehen und ist zurückgekommen. Für ein paar Tage lässt sich da vielleicht was machen, ich rede mit dem Polizeivize.«
»O danke, Dottoressa. Meine Mutter ist allein, wissen Sie. Wir sind alle in Italien und der Welt verstreut, auch meine Schwestern ...«
»Das ist hart für alle, ich weiß. Ich werde dir so bald es geht Bescheid sagen.«
Den Dank des jungen Beamten in den Ohren, stieg sie die Treppe hinauf und wurde in ihrem Büro von einer zusehends verstörten Valeria begrüßt.
»Wenn wir diesen verdammten Wahnsinnigen kriegen, falls wir ihn kriegen, können wir uns gleich mit ihm zusammen ins Irrenhaus einweisen lassen«, war ihre Begrüßung. Sie war völlig am Ende.
»Was ist los, Valeria? Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«
»Ich habe die Recherchen gemacht, die Sie mir aufgetragen hatten, Dottoressa Rosso. Den ganzen gestrigen Tag, und das weit über die Arbeitszeit hinaus. Ist ja in Ordnung, aber Dottor Esposito hält das für selbstverständlich, nicht mal ein Dankeschön bekomme ich von ihm.«
Heiliger Bimbam, muss ich hier jetzt auch noch ein schlechtes Gewissen kriegen? Das von der Hitze und der Zwiebelfocaccia verstärkte Unzulänglichkeitsgefühl machte Nelly wütend. Doch sie bemühte sich, vor ihrer Mitarbeiterin die Fassung zu bewahren, schließlich wusste sie, was sie an ihr hatte.
»Das tut mir leid, Valeria, aber wir sind alle am Anschlag, und dann noch diese tropischen Temperaturen ... Hast du denn was Interessantes herausgefunden?« Doch ehe sie eine Antwort erhielt, schneite Tano wie von Valerias Klagen gerufen ins Büro und sagte so knapp, dass er dabei kaum die Zähne auseinanderbekam: »Nelly, sofort zu mir.«
Valeria verzog säuerlich das Gesicht, was so viel heißen sollte wie: Na, was habe ich gesagt?, doch Nelly ignorierte es und folgte hastig ihrem Chef, der sorgfältig die Tür hinter ihnen zuzog.
»Was die beiden letzten Opfer betrifft, sind nach der Fernsehausstrahlung gestern Abend ein Haufen Hinweise eingegangen. Das hier sind die glaubwürdigsten.«
Er zeigte auf zwei Fotos, die auf seinem Schreibtisch lagen. Das erste war ein Passfoto, das eine lächelnde junge Frau mit den für indianischstämmige Südamerikaner typischen hohen Wangenknochen, dunklen, lachenden Augen und glattem schwarzem, zu zwei Zöpfen geflochtenem Haar zeigte.
»Ermelinda Gómez Ventura, dreißig Jahre, aus Quito, Ecuador, verheiratet, zwei kleine Kinder. Sie arbeitet (arbeitete?) als Kindermädchen bei einer Familie in Albaro. Sonntag, an ihrem freien Tag, wollte sie sich mit einer Freundin treffen. Sie hat am frühen Nachmittag das Haus verlassen und ist nicht mehr zurückgekehrt.«
Er zeigte auf das zweite Foto. Ein hübsches Mädchen mit lockigem, offenbar gefärbtem rotem Haar war darauf zu sehen, das lachend einen kräftigen jungen Kerl mit olivfarbenem Teint umarmte. Zwischen ihnen saß ein ungefähr zweijähriges Kind, das zu ihnen aufblickte. Es sah aus wie die Miniaturausgabe seines Vaters, nur lockiger.
»Das ist die Freundin, mit der sie sich treffen wollte. Dolores Nieto Llosa, achtundzwanzig, geboren in Villavicenicio in der Nähe von Bogotá, Kolumbien. Sie arbeitet als Pflegerin bei einer alten Dame in Nervi, in einer kleinen Villa. Die Woche über wohnt sie dort mit ihrem Sohn Felipe, der inzwischen vier ist. Der Mann«, er tippte auf das Foto, »Rodolfo Llosa, ist vor zwei Jahren verschwunden, kurz nachdem das Foto gemacht wurde. Von ihm hat man seitdem nichts mehr gehört.«
»Wer hat die beiden erkannt?«
»Pedro Ventura, der Mann der Ersten. Der war völlig aufgelöst, weil seine Frau am Sonntagabend nicht nach Hause gekommen ist. Er wollte sie schon als vermisst melden, da hat er die Bilder im Fernsehen gesehen und das T-Shirt erkannt. Die Beschreibung des Körpers könnte ebenfalls auf seine Frau passen. Er meinte auch Dolores Nieto Llosa zu erkennen. Heute Morgen hat sich außerdem die Tochter von Signora Arduini gemeldet, bei der Dolores arbeitet. Sie war verzweifelt, weil die Pflegerin verschwunden war und sie nicht wusste, wie sie deren Kind beruhigen sollte. Dolores hatte am Sonntag ein paar Stunden frei und hat den Jungen bei einer Kollegin gelassen, die nicht weit vom Haus der Arduinis arbeitet. Sie hat das Kind heute früh
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