Das boese Blut der Donna Luna
zurückgebracht.«
»O verdammt, wenn es tatsächlich diese beiden Frauen sind! Die armen Kinder ...«
»Kümmer du dich um die Identifizierungen. Die Tochter von der Arduini, sie heißt Giulia Bergonzi, und der Mann der Ventura werden um zehn Uhr im San Martino sein. Ein Wahnsinn, ein Wahnsinn, wirklich! Das waren alles andere als Prostituierte, das waren unbescholtene, redliche Frauen, die geschuftet haben, um ihre Familien zu ernähren. Dieses verfluchte Dreckschwein.«
»Wieso, wenn es Prostituierte gewesen wären, wäre es weniger schlimm, oder was?«
Tano kannte Nellys Blick und den Ton in ihrer Stimme, aber er stand zu sehr unter Druck, um sich zu beherrschen.
»Du kannst mich mal, Nelly, du und dein beschissener Piemonteser Moralismus, für was für ein Arschloch hältst du mich eigentlich? Du kennst mich doch nicht erst seit gestern, ich bin der Letzte, der ...«
»Genau, du bist das Letzte, ein echter Hurensohn, das hatte ich ganz vergessen.«
Wutschnaubend und mit roten Gesichtern standen sie einander gegenüber. Die Hitze und der Frust pumpten ihnen das Blut in doppelter Geschwindigkeit durch die Adern. Schließlich schlug Tano mit der Faust auf den Tisch, ließ sich auf einen Stuhl fallen und schüttelte entnervt und verbittert den Kopf. Nelly stand kampflustig und mit zusammengepressten Lippen vor ihm.
»Komm schon, Nelly, lassen wir das, entschuldige. Wir dürfen uns nicht auch noch gegenseitig zerfleischen. Aber du solltest wirklich wissen, dass ich beileibe nicht der Typ bin, der so über Prostituierte denkt ... Und lass bitte meine mamma aus dem Spiel!«
Die letzten Worte sollten witzig klingen. Nelly zögerte einen Moment, ob sie nach dem angebotenen Ölzweig greifen sollte. Dann setzte sie sich ebenfalls hin und beruhigte sich.
»Ich muss mich auch entschuldigen, das war von mir ein schäbiger Schlag unter die Gürtellinie. Aber ich kann’s einfach nicht verknusen, dass viele meinen, Prostituierte seien Menschen zweiter Klasse und ihr Tod eine Art ... Arbeitsunfall. Es sind Frauen wie alle anderen auch, die haben ohnehin schon ein Scheißleben, die Ärmsten, ich ...«
Sie machte eine müde Handbewegung und ließ den Satz unvollendet. Tano griff nach ihrer Hand. Einen Moment lang saßen sie so da und sahen sich an.
Kommissar Lojacono, der geklopft hatte und unaufgefordert eingetreten war, tat so, als wäre nichts und als sähe er nicht, wie sie hastig ihre Hand zurückzog und Tano auf seinem Stuhl wieder Haltung annahm. Doch in seinen flinken Augen blitzte ein Funke Interesse auf, der Nelly nicht entging.
Carmine Lojacono war ein ziemlich unausstehlicher Kollege, der sich immer die Hände rieb, wenn er Leute gegeneinander aufhetzen oder über andere herziehen konnte. Er hatte eine unbezähmbare Wut im Bauch, die sich je nach Gelegenheit in verbaler oder physischer Gewalt Luft machte, weshalb es schon mehrmals Probleme am Arbeitsplatz gegeben hatte. Er hatte nicht viele Freunde unter den Kollegen, man ging ihm aus dem Weg, um nicht in seine Schusslinie zu geraten.
»Dottore, soll ich wegen der Identifizierungen ins San Martino fahren?«
»Nein, Lojacono, das macht Rosso. Ich brauche dich wegen des Toten, der gestern in der Altstadt gefunden wurde, dieser Südamerikaner, um den kümmerst du dich. Wenn es irgendeine Verbindung mit den beiden aus dem Valbisagno gibt, dann will ich, dass du das rauskriegst, verstanden?«
»Aber Dottor Esposito, aller Wahrscheinlichkeit nach war das ein lausiger Kleinkrimineller, ein drittklassiger Dealer, wie soll der da mit drinhängen ...«
»Was weiß ich, wie der da drinhängen soll, aber sieh zu, dass du es herausbekommst. Die beiden waren Südamerikanerinnen wie er, und so wie es aussieht, ist sein Tod ein paar Stunden vor dem der Frauen eingetreten. Man hat ihn nur später gefunden, weil er in einem Müllcontainer lag. Versuch rauszukriegen, ob er sie kannte. Rosso«, er nickte zu Nelly herüber, »wird dich gleich über das Ergebnis der Identifizierung unterrichten.«
»Wird erledigt, Dottore.«
Lojacono machte auf dem Absatz kehrt und zog die Tür hinter sich zu. Nelly sah Tano verblüfft an.
»Gestern ist ein dritter Toter gefunden worden? Was, bitte, ist hier los? Und wenn du meinst, es gibt eine Verbindung, wieso kümmert sich Carmine Lojacono darum?«
»Nelly, bisher gibt es, abgesehen von der Nationalität der Opfer, keinerlei Hinweis darauf, dass die Verbrechen irgendetwas miteinander zu tun haben könnten. Wir wissen noch nicht
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