Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
des Babyfons war jetzt die flache Linie der Stille zu sehen. W ieder ächzte die Diele oben auf dem Absatz. Tara und Jake kamen die Treppe herunter, so schnell, dass ihre Füße die Stufen kaum berührten. W ieso war der Junge noch auf? Rowan hatte angenommen, er sei mit seinen Cousins zusammen ins Bett geschickt worden. Aber da war er, genau wie seine Mutter immer noch in Jacke und Stiefeln. In ihren geröteten Gesichtern spiegelte sich die Angst vor dem Unbekannten. Fast beneidete Rowan sie um ihre Ahnungslosigkeit.
» Wir sind bei ihnen geblieben, bis alles ruhig war«, sagte Tara. » Dad, was zum Teufel ist denn passiert? Hat es einen Unfall gegeben? Mit Charlie scheint alles in Ordnung zu sein.«
» Edie ist verschwunden«, sagte Rowan und zuckte gleichzeitig mit Sophie zusammen. » Kerry auch. Sie waren nicht hier, als Sophie nach Hause kam. W ill und Matt sind losgefahren, um die Polizei zu rufen.«
» O nein!«, stöhnte Jake. » Mum!« Er wandte sich an seine Mutter, aber Tara hatte ihre Schwester an sich gezogen, und die beiden fingen gleichzeitig an zu sprechen; die eine murmelte Erklärungen, die andere gab Plattitüden von sich. Das war es, was Sophie brauchte– nicht ihren ungeschickten V ater mit seinen hilflosen V ersuchen, das Telefon zu reparieren, und seiner Unfähigkeit, den Zusammenhang mit Kellaway aufzuklären. Taras Anwesenheit machte ihn überflüssig in diesem Zimmer, und er konnte sich auf die Suche machen.
» Mädels, ich gehe und helfe Felix«, sagte er.
» Ich komme mit«, sagte Jake, und Rowan geriet in Panik. Er wollte allein sein und seine Gedanken im Licht dessen, was Sophie da gefunden hatte, neu sortieren, aber vor allem wollte er mit Felix allein sprechen. Ob er etwas von ihm erfahren oder ihm etwas mitteilen wollte, wusste er selbst nicht genau. Jakes Anwesenheit, seine Existenz, hatte er vergessen. Der arme Junge pendelte schon das ganze W ochenende zwischen Kind- und Mannsein hin und her, und jetzt verwies Tara ihn auf den Status des Kindes.
» Nein, du bleibst hier bei uns, Jakey. Ich weiß nicht, was hier im Gange ist, und ich weiß nicht, ob du da draußen sicher bist.«
» Ich will aber mithelfen«, protestierte Jake. » Ich muss mithelfen. Grandpa, sag du es ihr!«
Rowan begriff, dass Jake selbst in seinem Alter den maskulinen Tatendrang verspürte, der ihn selbst mit den Hufen scharren ließ. Inmitten dieser Hölle fand er noch Platz für den aufwallenden Stolz auf seinen ältesten Enkel. Es war eine schändliche und schmerzhafte Erinnerung, dass Jakes ausländische Hautfarbe ihm bei seiner Geburt Anlass zu der heimlichen Frage gegeben hatte, ob er ihn jemals wirklich als einen MacBride werde betrachten können.
» Je mehr Leute suchen, desto schneller haben wir sie gefunden«, sagte Rowan.
» Herrgott im Himmel, also schön«, sagte Tara. » Aber du bleibst auf unserem Grundstück, okay?«
Jake schlug mit einer der kleineren Taschenlampen auf den Tisch. Sie glimmte auf, und er folgte dem schmalen Lichtstrahl hinaus in den Garten. Rowan ging hinterher. An der Küchentür zögerte er, und dann drehte er sich auf dem Absatz um. Er musste sie fragen.
» Tara, sagt dir der Name Kellaway etwas?«
Tara sah ihn neugierig, aber verständnislos an und schüttelte den Kopf. Er überließ es Sophie, ihrer Schwester die Sache zu erklären. Er hörte sie leise sprechen, und dann atmete Tara zischend durch die Zähne ein und fragte: » Verdammt , was hat das zu bedeuten?«
Rowan trug so viele Schichten übereinander, dass es eine volle Minute dauerte, bis er die Außentemperatur registrierte. Es war kalt genug, um ein Baby zu wecken und zum W einen zu bringen, aber wo blieb das Protestgeschrei? Er versuchte, sich eine provisorische Strategie einfallen zu lassen. Schön, W ill und Matt waren mit dem Auto unterwegs, aber die Hiergebliebenen mussten weiter davon ausgehen, dass die beiden V erschwundenen in der Nähe waren. W o konnten sie sein? W o würde ich mich verstecken? Felix hatte gesagt, er werde den Obstgarten absuchen, und Jake war schon unten in den Gräben. Der Strahl seiner Lampe irrte in dem kleinen Labyrinth umher.
Rowan marschierte auf die Nebengebäude zu. Mit jedem Schritt fiel das Atmen ein bisschen leichter, auch wenn die langersehnte Klarheit des Denkens noch weit entfernt war. Sogar Darcy Kellaways Gesicht vor seinem geistigen Auge war eine unscharfe Fotografie, auf der nur diese Zähne klar erkennbar waren. Die absichtliche Bedrohlichkeit war umso
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