Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
morgen gehen. Er sagt, du brauchst noch einen Stock, Johnny, aber ich und Captain Moreno – das ist der befehlshabende Offizier –, wir schätzen, es is besser, du humpelst herum und lernst, wie man mit den großen Kanonen schießt, als dass du da noch länger auf dei’m faulen Arsch rumliegst.«
Er erhob sich und blickte grinsend von einem zum anderen. »Ihr seid zu höflich, um zu fragen, also sag ich’s euch: Euer Sold ist 16 Dollar im Monat. Na, schlägt das nich die mickrigen sieben Dollar, die wir als frische Gefreite vom alten Taylor bekommen haben? Und das ist nicht alles. Ihr habt Anspruch auf 400 Ar Land, jeder von euch. Das stimmt, Jungs, ich hab vierhundert gesagt. Betet, dass der Krieg ein Jahr dauert, dann kriegt ihr noch mal 200. Das ist es, Kumpels,
die
Chance, für was zu kämpfen, für das es sich lohnt – für euch selber, euer eigenes Land. Ihr werdet reiche Männer sein, wenn die Schießerei vorbei ist.«
Er zog zwei Formulare aus seiner Jackentasche und breitete sie auf dem Bett neben John aus. »Müsst nur noch hier unterschreiben.«
John hob eines auf und sah, dass es auf Spanisch war.
»Arturo«, rief Riley, »bring Feder und Tinte vom Doc da vom Tisch.« Der Krankenwärter holte das Gewünschte, und Riley tunkte die Feder ein und reichte sie John.
John zögerte. Er blickte vom Formular auf und hielt Jack Rileys Blick stand. Handsome Jacks Lächeln wurde starr. Seine blauen Augen leuchteten hart. »Ja oder Nein, Johnny, mein Junge«, sagte er leise. »Ein einfaches Ja oder Nein.«
John glättete das Formular auf dem Bett, unterschrieb es und gab die Feder zurück. Riley tunkte sie wieder ein und reichte sie Lucas Malone, und auch Lucas unterschrieb.
Riley löschte die Unterschriften mit seinem Ärmel und steckte die gefalteten Papiere in die Tasche. Er grinste sie an, nahm eine Flasche aus seiner Jacke, entkorkte sie und hob sie zu einem Toast. »Auf jene von uns, die die wahre Bruderschaft kennen.« Er trank und gab die Flasche an Lucas Malone weiter, der sie ansetzte und dann an John weitergab, der sie den anderen nacheinander entgegenhob und trank.
Riley steckte die Flasche weg und sagte: »Wir sehn uns beim Wecksignal, Jungs – ich meine, Sergeants.«
Er war schon an der Zelttür, als Lucas ausrief: »Sag mal …
Lieutenant
. Ich hab noch ’ne Frage. Was, wenn wir nicht unterschrieben hätten?« Malone lächelte, doch sein Blick war gespannt. »Was wär dann aus uns geworden?«
Riley sah beide an und grinste. »Was schon, Mann? Ihr wärt morgen früh an die Wand gestellt und als Spione erschossen worden.« Lachend ging er hinaus.
9 Den Großteil ihrer Artillerieausbildung erhielten sie während des täglichen Beschusses von Fort Texas. Sie lernten, wie man ein Artilleriegeschütz von einer Stellung zur anderen bewegte, wie man das Rohr entkoppelte und lud und seine Elevation einstellte, wie man es mit einem Putzstab ausrieb und zwischen den Schüssen mit Wasser kühlte. John war beeindruckt, wie souverän Handsome Jack mit den großen Waffen umging. Riley nahm sie mit zur Barrikade, die den Fluss überblickte, gab ihnen ein Messingfernrohr und schulte sie in der Kunst des Artilleriebeobachters. Das Fort hielt sich gut unter dem ständigen Beschuss, und Lucas Malone sagte: »Verdammt, wir haben das Ding richtig gut gebaut, wie?«
Mehrmals am Tag unterbrachen die Mannschaften den Beschuss, um sich auszuruhen oder etwas zu essen. Während dieser Atempausen ging der stellvertretende Kommandeur des Forts, Major Jacob Brown, an den vorderen Mauern des Forts entlang, um den Schaden zu inspizieren. Während einer Pause an einem windigen Nachmittag, als sie bei der Stellung saßen und ihre Mittagsmahlzeit aus Tacos und Bohnen verzehrten und beobachteten, wie Brown seine Inspektion machte, sagte Riley plötzlich: »Unverschämter Hurensohn.«
Er setzte seinen Teller ab und befahl zwei Kanonieren, zwei der Geschütze mit explosiver Munition zu laden. Die mexikanische Artillerie verwendete immer noch hauptsächlich massive Munition, und Riley bat Captain Moreno täglich um Sprenggeschosse, mit dem Argument, dass ihre Artillerie sonst den Yankees nicht gewachsen sei. Moreno gab ihm recht, doch seine Anträge beim Oberbefehl in Mexiko-City wurden routinemäßig ohne Erklärung abgelehnt oder einfach ignoriert. Die wenige explosive Munition, die sie hatten, war kostbar, aber in diesem Moment war das Riley egal. Er wollte Brown unbedingt töten, und das ging nur mit explosiver
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