Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
zerteilte es in Streifen und befestigte die Streifen an Pfeilen, damit sie in der Sonne dörren konnten.
Die nächste Bergkette erhob sich in einer dünnen roten Silhouette im Nordosten, und er schlug die Richtung der Sierra Ponce ein, da er wusste, dass dort Quellen durch die Felsen rannen. Er marschierte los, die fleischbehängten Pfeile so in seinen Gürtel gesteckt, dass sie die volle Wucht der Sonne bekamen. Er ging den ganzen Tag lang, und sein Kopf loderte bei jedem Herzschlag auf. Mehrmals schrie er auf vor Schmerz, und zweimal schwanden ihm die Sinne, und er musste anhalten, um sich auszuruhen. Als die untergehende Sonne wieder den Bolsón in blutrotem Dunst badete, erschien die schmale Linie von Bergen am Horizont kaum größer als bei seinem Aufbruch. Er hatte keine Vorstellung, welche Entfernung er zurückgelegt hatte. Er hatte unterwegs auf seiner Wanderung Stöcke gesammelt und trug jetzt ein kleines Bündel Brennholz unterm Arm, als er in dieser riesigen Einöde sein Lager für die Nacht aufschlug. Die beiden weniger vollen Feldflaschen hatte er tagsüber ausgetrunken, und jetzt nahm er sich vor, nur fünf Schluck Wasser von der verbleibenden, beinahe halb vollen Feldflasche zu nehmen, doch er hatte schon zehn getrunken, bevor er aufhören konnte. Der Wind blies kalt, und sein kleines Feuer sprang hoch und duckte sich und wirbelte wie etwas, das verzweifelt seiner eigenen Essenz entkommen wollte. Er briet ein paar Streifen Pferdefleisch und aß sie, bevor sie ganz durch waren. Dann legte er sich hin, rollte sich fest zusammen und brüllte beinahe vor Schmerz wegen seiner Skalpwunde. Er wachte mitten in der Nacht auf und war sich nicht sicher, ob das Tier, das er in dem matten Schein des Mondes sah, ein Kojote war oder ein Wolf oder etwas ganz anderes, doch im Nu war es in der Dunkelheit mit seinem Pferdefleisch verschwunden.
Am nächsten Tag sah er ein Gewitter schwarz über den Bergen vor ihm wüten, sah das gezackte, grelle Blitzen und meinte das schwache Rumpeln des Donners zu hören, doch der Regen kam nicht in seine Richtung, und er wanderte den ganzen Tag unter einer erbarmungslosen Sonne. In jener Nacht träumte er von Feuerstürmen, zerrissen von Schreien, von Steinstraßen, in denen Blut strömte, und er wollte aufwachen, konnte aber nicht, erst als sich der erste graue Streifen Lichts entlang des östlichen Randes der Erde zeigte. Er erhob sich stöhnend und zog weiter. Am Mittag war ihm das Wasser ausgegangen. Bei Sonnenuntergang sahen die Berge so nahe aus, als könnte er sie berühren, doch er wusste, sie waren mindestens noch ein Dutzend Meilen entfernt, und wenn er sie nicht vor dem nächsten Sonnenaufgang erreichte, würde er es nie schaffen. Während er im Dunkeln weiter dahintrabte, meinte er am Fuß der Felswand Feuerschein flackern zu sehen, wusste aber nicht, ob er seinen Augen trauen konnte. Nach einer Weile brach er zusammen, stand auf, wankte weiter und brach wieder zusammen, verlor das Bewusstsein und kam erst wieder im ersten Licht zu sich. Er stemmte sich auf Händen und Knien hoch und schaffte es, auf die Beine zu kommen, und zog wieder weiter den vor ihm aufragenden Bergen entgegen. Als die Sonne in den Himmel stieg, schwoll seine Zunge an und würgte ihn, und er wusste, wenn er das nächste Mal fiel, wäre es das letzte Mal.
Und jetzt kamen Reiter von den Bergen auf ihn zu. Drei. Sie rückten langsam vor wie auf der Oberfläche eines unermesslichen, schimmernden Sees. Er hatte Angst, stehen zu bleiben, weil er fürchtete, umzufallen, doch als sie sich auf fünfzig Yards genähert hatten, blieb er stehen und wankte und war überrascht, das Gewicht des Colts in seiner Hand und den gespannten Hammer unter seinem Daumen zu spüren. Als sie sich auf zehn Yards genähert hatten, zügelten sie ihre Pferde und musterten ihn lange. Dann trieb einer von ihnen, ein Mexikaner mit flachem schwarzem Sombrero und einem langen hängenden Schnauzbart, sein Pferd einige Yards weiter heran und grinste ihn mit makellosen weißen Zähnen an. Seine Augen nahmen von ihm Maß und verharrten bei der Pistole in seiner Hand.
»Hallo, mein Freund«, sagte er. Er sprach mit starkem Akzent, aber nicht so schwer wie die meisten, die Edward aus mexikanischen Mündern gehört hatte. »Du musst sein sehr müde, no?«
Edward zuckte die Achseln. Seine Lippen waren geschwollen und aufgeplatzt, und er wollte nicht sprechen, wenn es nicht sein musste.
Der Mexikaner nahm eine Feldflasche von seinem
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