Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
sollten, doch die Männer beachteten sie nicht.
Keiner seiner Kameraden befragte ihn weder da noch später über das Mädchen. Dominguez gab ihm ein Hemd zum Anziehen, und Chucho brachte ihm sein gesatteltes Pferd. Er stieg auf und warf einen letzten Blick zurück auf den Steinhaufen, den er in dieser einsamen Einöde errichtet hatte. Dann trieb er sein Pferd voran und ritt mit seinen Compañeros davon.
In jener Nacht und in vielen, die folgten, träumte er von ihr. Sah sie auf der Veranda zu Hause lachen und ihre Beine auf das Geländer legen, sah sich und seinen Bruder unter ihr Kleid bis hinauf zu ihrer Baumwollunterwäsche gucken. Sie lächelte schelmisch, griff hinunter und zerzauste seinem Bruder das Haar, und sein Bruder errötete und fuhr schnell mit dem Rücken seiner Hand die Unterseite ihres Beines entlang, riss dann seine Hand zurück und errötete noch heftiger.
Und er träumte auch von Daddyjack, der auf Maggie zeigte, ihn angrinste und gackerte: »Hab’s dir doch gesagt, gleiches Blut findet sich immer! Hab’s dir doch gesagt!«
24 Sie ritten die Pässe hinauf in die Sierra de Tamaulipas und stiegen den östlichen Hang auf den Kiefernwaldserpentinen hinab und kamen auf die Tierra Caliente der Golfküstenebene hinaus. Die Luft wurde feucht und schwer und roch nach Salz und Sumpfland. In der Hafenstadt Tampico sahen sie überall amerikanische Soldaten und Matrosen, die sie und ihre halbwilden Ponys und ihre ganze stinkende Erscheinung mitsamt ihrem rasselnden Waffenarsenal argwöhnisch betrachteten, aber niemand stellte sich ihnen entgegen. Auf jeder Plaza erklang das Zupfen und Geklimper von Marimba-Musik. Sie betraten ein Restaurant, aus dem ihr Gebaren und ihr Gestank einen Großteil der Gäste vertrieben. Vier nervöse Polizisten kamen herein und setzten sich an einen Tisch neben der Tür und sahen zu, wie sie sich laut schmatzend an Krabbenscheren, Schellfisch und Schildkrötensteaks satt aßen. Als die Bande ihr Mahl beendet hatte, trabte sie mit rasselnden Waffen wieder hinaus, ohne die sitzenden Polizisten eines Blickes zu würdigen. Sie gingen zu einem Baño, das den Hafen überblickte, und badeten in großen Blechwannen. Danach wies jede Wanne einen dicken, schaumigen, rosagrauen Belag blutigen Drecks auf. Und dann zog sich jeder mit einem Mädchen in ein Zimmer zurück.
Edward wurde von einer jungen Mestizin bedient, der sein vernarbtes Gesicht nichts auszumachen schien, aber sie erbleichte, als er seinen entstellten Schädel entblößte, und so band er sich das Kopftuch wieder um. Ihre Haut war glatt und honigfarben, ihre Augen schwarz wie eine Regennacht. Sie roch nach feuchtem Gras und Erde.
Sie saß rittlings auf ihm und bewegte geschmeidig ihre Hüften, als ein Mann in der weißen Baumwollkleidung eines Peón durch die Tür krachte und »Puta!« kreischte und mit einer Machete nach ihr ausholte. Er hackte auf ihre erhobenen Arme und Schultern ein, und Blut spritzte gegen die Wände, und selbst durch die Schreie des Mädchens hindurch hörte Edward die Machete auf Knochen treffen, als er versuchte, sich unter ihr zu befreien und vom Bett zu entkommen. Die Klinge spaltete ihren Hals, und Blut sprühte gegen die Decke, und dann war Edward auf ihm und verdrehte ihm den Arm, und die Machete fiel klirrend zu Boden. Er schlug auf den Mann ein, bis dieser in die Knie ging, schnappte sich die Machete und wollte ihm gerade den Kopf abschlagen, als er von hinten von mehreren Männern überwältigt wurde, die ihm die Waffe entwanden und die Arme auf den Rücken rissen. Eine aufgeregt schnatternde Menge hatte sich an der Tür des winzigen Zimmers versammelt. Dominguez erschien, bellte einen Befehl, und Edward wurde sofort freigelassen.
Blut tropfte von der Decke, überzog die Wände, nässte den Boden und saugte das Bett voll, wo das Mädchen beinahe geköpft dalag, die toten Augen weit aufgerissen. Der Mörder schluchzte, als er von Polizisten abgeführt wurde. Jetzt erfuhr Edward, dass das Mädchen neu im Gewerbe war und erst seit ein paar Wochen in dem Haus gearbeitet hatte, und dass der Mann, der sie getötet hatte, ihr Bruder war. Er war drei Tage zuvor erschienen, um sie zum Dorf ihrer Familie in den Bergen zurückzuholen, aber sie hatte sich geweigert mitzugehen. Als er versuchte, sie hinauszuschleppen, hatte der Hauswächter ihn hinausgeworfen. Seitdem hatte er in den Cantinas des Viertels getrunken und murmelnde Selbstgespräche geführt, offenbar ratlos, was er tun solle. Heute
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