Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
hatte er einen Entschluss gefasst.
25 Sie stiegen die Sierra Madre hinauf und ritten in kalte blaue Wolken hinein, die die Bäume in Geistergestalten verwandelten. Der Pfad wurde schmaler, je höher er anstieg. Die steilen Felshänge waren dunkel und glatt. Sie ritten hintereinander, ihre Gewehre über die Sattelknäufe gelegt, und sprachen tagelang kaum ein Wort, während die Hufe ihrer Pferde gegen Steine klackten, Gebissstangen klirrten und Sättel ächzten. Vögel pfiffen und flogen aus den Bäumen, Hirsche sprangen über den Pfad, und kleine Tiere raschelten im Gebüsch. Der Sonnenuntergangshimmel sah aus wie marmoriertes, frisch geschlachtetes Fleisch. Wölfe heulten wie elendige Seelen.
Eines Vormittags trafen sie auf einen Lastenzug, der nach Pachuca an der Küste unterwegs war. Der Vorreiter hielt sein Pferd an und grinste ihnen zu. Er nahm seinen Sombrero ab und bedeckte damit seine Gürtelpistole. Dominguez wartete nicht ab, ob er nach seiner Waffe greifen würde, sondern zog einfach seinen Colt und schoss ihm ins Gesicht. Der Mann kippte aus dem Sattel, rollte vom Pfad hinab und stürzte in die neblige Leere. Die anderen Männer waren noch dabei, ihre Gewehre abzunehmen, als die Bande sie in einer donnernden Salve niederschoss, die die Canyonwände hinunterhallte. Sie töteten auch alle Maultiertreiber bis auf drei, die in den Wald entkamen. Die Compañeros erbeuteten Taschen mit frisch geprägten Silbermünzen und fünfzig Maultiere, die mit Kaffee beladen waren. Tiere und Fracht verkauften sie einem Händler in Tulancingo, der keine Fragen stellte.
Sie setzten ihren Weg durch die Sierra weiter fort und ritten ohne Hast Richtung Süden. Eine Woche später entdeckten sie eine mexikanische Armeepatrouille, die langsam den Berghang hinter ihnen heraufzog. Sie legten einen Hinterhalt zu beiden Seiten eines engen Passes und nahmen die Patrouille ins Kreuzfeuer, bei dem die Hälfte der Kavalleristen zu Boden ging, noch ehe der Rest sich zurückziehen konnte. Sie sammelten die Tiere und Waffen der gefallenen Soldaten ein und setzten ihren Weg weiter nach Jalapa fort. Ein paar Meilen nördlich dieser Stadt trafen sie auf einen Guerilla-Anführer, einem Ranchero namens Lucero Carbajal, den Dominguez seit seiner Kindheit kannte, und verkauften ihm die Maultiere und alle ihre zusätzlichen Pferde und Waffen und aßen dann mit ihm zusammen in seinem Lager.
Dominguez wollte Jalapa besuchen, ein wunderschöner Ort voller Gärten und Apfelsinenbäume und prachtvollem Klima. Aber Carbajal warnte ihn davor. Einen Monat zuvor hatte General Scotts Armee Santa Annas Truppen in einer erbitterten Schlacht bei Cerro Gordo, an die fünfzehn Meilen nordwestlich von Jalapa, aufgerieben, und die mexikanischen Verbände waren in heilloser Flucht um ihr Leben gerannt. Der Napoleon des Westens selbst war auf seinem Holzbein vom Schlachtfeld geflüchtet und soll schließlich in Orizaba eingetroffen sein, um dort seine Armee zur Verteidigung von Mexiko-Stadt umzubilden. Scotts Armee war jetzt sowohl in Jalapa als auch in Puebla verschanzt, und in den Cantinas war nur noch die Rede von den Vorbereitungen der Gringos für ihren Marsch auf die Hauptstadt. Der einzige wirkliche Widerstand, der sich den Gringos zwischen Puebla und Mexiko-Stadt stellte, sei laut Carbajal jener der Ranchero-Banden, die von solchen Männern wie ihm selbst angeführt wurden, von Padre Colombo Bermejillo, Anastasio Torrejón und José Miñon. Sie alle hatten den Yankees mit Überraschungsangriffen auf ihre Nachschubzüge und mit Heckenschützenbeschuss auf ihre Kolonnen zugesetzt. Sie hängten sich regelmäßig an die Gringo-Patrouillen, töteten die Nachzügler und verstümmelten ihre sterblichen Überreste, um deren Kameraden Angst zu machen. Doch trotz der anhaltenden Guerilla-Überfälle der Rancheros hatte der Sieg der Amerikaner bei Cerro Gordo ihren Weg nach Mexiko-Stadt freigemacht, und der Krieg würde mit Sicherheit bald die Hauptstadt erreichen.
Die Yankees waren nicht das einzige Problem, sagte Carbajal. Die Alcaldes von Jalapa und Puebla hatten den Gringo-Kommandeuren gesagt, dass die meisten der lokalen Ranchero-Banden nichts weiter als Bandidos seien, die versuchten, sich unter dem Banner des Patriotismus zu bereichern. Die Dreckskerle hatten den Gringos eine Liste von Namen gegeben. Sie alle standen auf dieser Liste, sagte Carbajal aufgebracht – er selbst, Dominguez, Bermejillo, Torrejón – alle. Er wusste, die Einheimischen hassten sie,
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