Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Titel: Das Böse im Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Carlos Blake
Vom Netzwerk:
keiner von ihnen hätte benennen können.
    »Hör zu, Johnny«, flüsterte Edward. »Ich wollte … ich meine … ich hätte nicht einfach so verschwinden sollen …«
    »Verschwinden?« fragte John. »Von wo?«
    »Von
wo
? Von
Dixie
, verflucht noch mal. Wenn ich geblieben wär, hätten sie dich vielleicht nich gekriegt.«
    »Wer? Meinst du die Konstabler?« John erinnerte sich jetzt, wie Maggie den Wirt vom Mermaid Hotel außer Gefecht gesetzt hatte, als sie durch die Tür geflohen war, und musste bei der Erinnerung daran lächeln. Und dann erinnerte er sich, was er in der Nacht getan hatte, bevor die Konstabler durch die Tür gekracht waren, und er hörte auf zu lächeln. »Verdammt, du hättest nix tun können. Du hast nicht gewusst, wo wir waren.«
    Edward sah ihn mit schmalen Augen an. »Wer
wir
?« sagte er. »
Was für
Konstabler?«
    Doch just in dem Moment kam eine Schar Besucher auf der Etage an, und seine Fragen gingen im Lärm unter, als die Neuankömmlinge sich zu beiden Seiten dicht neben ihm drängten und sich jetzt mehr Gefangene neben John schoben und ihnen das kleine bisschen Ungestörtheit, das sie hatten, genommen wurde. Er trat von den Stangen zurück und setzte seinen Hut auf. »Hör zu. Ich muss mich um ein paar Dinge kümmern. Ich seh dich, Johnny. Bald.«
    John nickte.
    Und in dem Moment sah jeder von beiden sich selbst in den Augen des anderen wie in der sich schließenden Faust eines seit Langem besiegelten Schicksals.
    18 Kurz nach zehn am folgenden Abend fuhr Señora del Castros Kutsche unerwartet am Acordada vor, wo sie im dunstigen bernsteinfarbenen Licht der Straßenlaternen in Begleitung dreier Männer ausstieg, die breitkrempige Hüte und schwarze Gewänder trugen und Aktentaschen in der Hand hielten. Zwei der Männer hatten einen schwarzen Bart. Bei der Tür neben dem Haupttor unterrichtete sie den Wachoffizier, einen jungen Lieutenant, der das Wachpersonal befehligte, dass die Männer Anwälte aus Veracruz seien, von einer Firma, die seit Langem mit ihrer Familie verbunden sei, und sie habe sie beauftragt, mehreren San Patricios beizustehen, die ihre Freilassung aus dem Gefängnis beantragt hatten. Weil die Herren die Hauptstadt gleich am nächsten Morgen wieder würden verlassen müssen, sei es unabdingbar, dass sie diesen Abend noch mit ihren Mandanten sprechen konnten. Die Angelegenheit sei wichtig, könne aber verhältnismäßig rasch erledigt werden.
    Der Lieutenant zögerte, den Besuchern Einlass zu gewähren, denn es war bereits spät und lange nach Ende der täglichen Besuchszeit. Einer der Anwälte seufzte vernehmlich und warf einen Blick auf seine Taschenuhr. Señora del Castro fragte sich laut, ob sie vielleicht General Scotts Nachtruhe stören sollten, um zu sehen, ob er die Wachleute überzeugen könnte, etwas entgegenkommender zu sein. Derart an General Scotts Freizügigkeit gegenüber der Señora del Castro bezüglich ihrer Besuche der San Patricios erinnert, sah sich der Lieutenant plötzlich zu irgendeinem entlegenen Außenposten in der Wüste versetzt.
    »Nun, Ma’am«, sagte er, »ich schätze, es besteht keine Notwendigkeit, den General in seiner Mußezeit zu stören.«
    Die Señora und ihr Trio wurden eingelassen und dann die Treppe hinaufeskortiert. Auf dem Absatz wurden die drei Männer durchsucht, um sicherzugehen, dass sie keine Waffen an ihrem Körper oder in ihren Aktentaschen trugen. Als der Sergeant vor der Señora stand, als überlege er, ob er auch sie durchsuchen solle, fixierte sie ihn mit festem, herausforderndem Blick. Er sah zum Lieutenant, der seine Lippen schürzte und wegblickte. Der Sergeant zuckte die Achseln und trat zur Seite, und die Señora und ihre Anwälte wurden in den trüben Vorraum der Zelle hineingelassen. Eine Wache wurde direkt vor den Stangen postiert, um die Vorgänge drinnen im Auge zu behalten.
    Die meisten Gefangenen hatten sich bereits zur Nachtruhe gelegt und schnarchten vernehmlich. Das schwache Licht des Raumes kam von den zwei kleinen Kerzen, in deren Licht zwei Männer an einem Tisch Domino spielten, und von den Straßenlaternen, die durch die Fenster hereinschienen und gestreifte Schatten an die Wand warfen. Im Raum roch es nach Kohle und Flatulenz und dem scharfen Geruch von Männern, die auf engem Raum zusammen hausen.
    Die beiden Männer am Tisch erhoben sich, als sie sich näherte. Einer war ein Patricio namens George Killian, der andere John Little. Sie lächelte John an und flüsterte George Killian zu, er

Weitere Kostenlose Bücher