Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
ein hübsches, einsames Mädchen, das spürte, dass seine Jugend und seine Schönheit in diesem entlegenen Winkel vergeudet waren und es vom Stadtleben, nach dem es sich sehnte, ebenso weit entfernt war wie vom Mond, unvorstellbar weit entfernt von den Sehenswürdigkeiten, der Musik, den Straßenlichtern und den Mengen erregender Fremder, die, wie es sich vorstellte, die Metropole bevölkerten. Er musste auf einmal an seine Schwester Maggie denken, wie sie sich in Florida auf dem Verandaschaukelstuhl lümmelte, die Augen geschlossen, die Hacken übers Geländer gelegt, und wie er und sein Bruder auf den unteren Stufen saßen und zu den entblößten Rückseiten ihrer Beine hinaufblickten bis zu ihrer weißen Baumwollunterhose. Er erschrak vor sich selbst, dass er bei dem Gedanken noch steifer wurde, und stieß noch härter in das keuchende Mädchen hinein.
Einen Moment später meinte er etwas zu hören und hielt abrupt in seinem Schaukeln inne. Er stützte sich auf eine Hand, schnappte sich die Pistole mit der anderen und lauschte angestrengt, selbst während er in dem Mädchen drinblieb. Sie lauschte mit ihm, schnalzte dann ungeduldig mit der Zunge und flüsterte: »Is niemand. Die schlafen alle wie die Steine.«
»Und wieso flüstern wir dann?« fragte er lächelnd und spürte, wie er in ihr pochte. Er hörte das Geräusch wieder und merkte, dass es ein Busch war, der leise im Wind scharrte.
Sie verschränkte ihre Hände hinter seinem Nacken, zog sich hoch, sodass ihr Mund an seinem Ohr war, und sagte: »Weil man nie ganz sicher sein kann, schätz ich.« Sie kicherte und steckte ihm ihre Zunge ins Ohr und drückte ihr Becken kräftig gegen ihn. Er fauchte glücklich und verfiel mit dem Gesicht zwischen ihren Brüsten wieder in seinen Rhythmus.
Etwas später, im Gegenschein der Morgendämmerung, stand sie auf und kleidete sich an, wobei sie sich Edwards liebkosender Hände erwehren musste. Edward grinste im Dunkeln und dachte, er müsse verrückt sein. Ihr Daddy könnte immer noch jeden Augenblick mit einem Gewehr in der Hand durch diese Tür da kommen. Könnte ihn noch totschießen. Es sei denn natürlich, dass es ihm gelang, Welch zuerst zu erschießen. Die Vorstellung, gezwungen zu sein, Welch zu erschießen, bremste für einen Moment seine Avancen. Tatsächlich verging er sich an der Tochter eines Mannes, der ihm Güte gezeigt hatte – und welcher Vater wäre nicht gezwungen, etwas dagegen zu tun, wenn er es wusste? Doch inzwischen hatte das Mädchen sein Kleid fertig zugeknöpft und war zur Tür gegangen, die es einen Spalt öffnete, um hindurchzulinsen, und er schüttelte seine Schuldgefühle ab und ging zu ihm.
Sie drehte sich um und nahm sein Gesicht in ihre Hände, küsste ihn leidenschaftlich, brach dann den Kuss ab und nahm seine Hände von ihrer Hüfte, hielt sie fest und lächelte ihn an. »Musst ja nicht gleich so schauen, als würd dich jemand erwürgen«, sagte sie. »Bist zu nix verpflichtet.«
Er öffnete den Mund ohne die geringste Ahnung, was er sagen würde, doch sie legte ihre Hand auf seine Lippen, damit er schweige, und küsste ihn dann schnell wieder. »Ich werd an dich denken, mein Lieber. Jetzt geh, verschwinde.« Und damit war sie zur Tür hinaus und verschwand in den dunklen Schatten.
Ein paar Minuten später führte er sein gesatteltes Pferd aus der Scheune und stieg auf. Er warf einen Blick zurück zum Haus und sah die dunklen Fenster und fragte sich, ob sie an einem von ihnen stand und ihn beobachtete. Er winkte zum Abschied, für den Fall, dass sie dort war. Ihr Geschmack blieb auf seiner Zunge und ihr Geruch auf seiner Haut bis weit in den nächsten Nachmittag hinein.
3 Die nächsten Tage waren kalt, doch meistens sonnig und windstill. Die Nächte waren frostig, und der Himmel explodierte vor lauter Sternen. Er ritt langsam, sowohl in seine eigene Decke als auch in die eingewickelt, die das Mädchen Sharon ihm in die Scheune gebracht hatte und die die Mutter sicherlich vermissen würde. Sie würde sich wohl ausrechnen, was aus ihr geworden war. Er hatte sich mehrmals gefragt, ob die Frau es Welch verraten würde, und wenn ja, ob der Farmer das Mädchen nackt an den Handgelenken von einem Baum hängen und sie als Hure blutig auspeitschen würde. Die Vorstellung erzürnte ihn so sehr, dass er Flüche murmelte und mehrmals erwog umzukehren. Doch jeder Drang, das Pferd zurückzulenken, wurde von der Frage verfolgt, was er dann tun würde. Sie bitten, mit ihm zu kommen? Die
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